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0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

Titel: 0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kugeln pfeifen Todeslieder
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liegen konnten. Wenn man einmal besonders tief Luft holen wollte, hätte man die Felsen auseinanderdrücken müssen. Trotzdem war die Pause nötig, denn uns lief der Schweiß schon in die Augen, und wir konnten kaum noch etwas sehen, so flimmerte alles vor uns.
    »Wir hätten ein paar Handtücher mitnehmen sollen statt der Taschentücher«, murmelte Phil erschöpft. »Aber hattest du damit gerechnet, daß wir in eine Sahara kommen würden?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte ich. »Ich hatte eigentlich mehr an ein Kleinstadtidyll mit Springbrunnen auf dem Marktplatz und Glockenspiel im Rathausturm gedacht. Und mit deutschem Exportbier im Ratskeller.«
    »Du könntest von was anderem reden, wenn dir meine Freundschaft etwas wert ist«, sagte Phil bissig.
    »Okay«, seufzte ich. »Mir ist was Schöneres eingefallen.«
    »Was denn?«
    »Wir müssen weiter.«
    Phil verzichtete auf eine Antwort. Ich schob den Kopf vor, peilte die Lage und drückte mich geduckt aus dem Spalt hinaus. Dreiviertel der Schlucht hatten wir glücklich geschafft. Es hatte zwar allerlei Deckungsmöglichkeit gegeben, aber trotzdem hätte uns zufällig jemand entdecken können. Immerhin schafften wir auch noch das letzte Stück.
    Ein Felsblock, der wie der vergrößerte Kopf eines Kamels aussah, gewährte uns die letzte Deckung. Wir lagen nebeneinander, zogen unsere Pistolen aus der Schulterhalfter und sahen die Magazine nach. Reine Routinesache. Im Grunde taten wir es auch nur, um noch eine kleine Atempause zu haben.
    Ich peilte unter dem Kinn des Felsenkamels hindurch.
    Sie standen fünfundzwanzig Schritte vor uns. Sechs Mann in einer Reihe mit Gewehren in der Hand. Am Rande der Reihe stand jemand, der sich wie ein Offizier gebärdete und wie ein Kaktus aussah.
    Nur fünf Schritte von uns entfernt war ein Pfahl in die Erde gerammt. An den Pfahl hatten sie einen Mann gebunden. Wir hörten, wie er leise vor sich hin wimmerte. Er mußte restlos mit den Nerven fertig sein.
    Sie hatten die Gewehre noch bei Fuß. Folglich hatten wir noch Zeit. Ich stieß Phil mit dem Ellenbogen an.
    »Was wird, wenn das alles stimmt?« fragte ich.
    »Was?«
    »Na, das da! Das ganze Theater!«
    »Ganz unmöglich, daß da etwas stimmt«, erwiderte Phil halblaut. »Soldaten tragen Uniformen. Außerdem haben wir Frieden, und es gilt kein Standrecht. Drittens sind wir in den Vereinigten Staaten und nicht in so ’nem verdammten Räuberstaat, wo ein paar Strolche jeden an die Wand stellen können, dessen Nase ihnen nicht gefällt.«
    »Okay«, erwiderte ich. »Aber vielleicht ist das irgendeine geheime Organisation? Vielleicht Agenten oder was weiß ich.«
    »Du gehst zu oft ins Kino.«
    Ich schwieg. Er hatte ja recht. Das ganze Schauspiel wirkte so gespenstisch, so unglaublich, so absolut unwahrscheinlich, daß ich es nicht geglaubt hätte, wenn es mir zehn angesehene Bürger unter Eid erzählt hätten. Aber schließlich sah ich es mit eigenen Augen.
    »Wollen Wir?« fragte Phil.
    »Nein«, sagte ich. »Wir müssen.«
    »Also, los!«
    »Si, Signore«, sagte ich und stand auf.
    Wir kamen von zwei Seiten hinter dem Felskamelkopf hervor. Sie sahen uns entgegen und wußten nicht, ob sie uns für eine Fata Morgana, für Marsmenschen oder für was sonst halten sollten. Wir brauchten allerdings auch nur zwei Schrecksekunden. Dann hatten wir den Pfahl erreicht.
    Ich stellte mich vor dem Pfahl auf. Breitbeinig wie Gary Cooper, wenn er den Marshalstern trägt. Phil betätigte sich mit seinem Taschenmesser.
    »Dies ist eine Smith and Wesson 38 Special«, erklärte ich ihnen und ließ sie in die Mündung blicken. »Und jede einzelne Kugel ist bestimmt schneller als ein Griff zum Gewehr. Seid schön vernünftig, Jungs!«
    Ich hatte die Augen leicht zusammengekniffen. Irgendwas in mir wunderte sich. Darüber nämlich, daß es auf meinem Rücken so kalt war. Wo doch eine lausige Hitze herrschte. Aber sechs Gewehre sind nun einmal sechs Gewehre.
    »Wer — wer sind Sie denn?« stotterte der nachgemachte Offizier.
    »Der Vizepräsident«, sagte ich. »Vom Vegetarierklub. Ich kann kein Blut sehen. Deswegen.«
    Zum Teufel, was tat Phil eigentlich? Machte er mit dem Kerl am Pfahl Konversation, oder suchte er schon die Blümchen für meine Beerdigung? Ich ließ meinen Blick pausenlos die Reihe der Männer entlanggleiten, von links nach rechts, von rechts nach links. Dabei gab ich mir auch noch Mühe, wenigstens alle im Blickfeld zu erhaschen. Aber wenn einer nicht weiß, wie lange fünf Sekunden

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