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0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

Titel: 0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kugeln pfeifen Todeslieder
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dauern können, kann er’s in so einer Situation lernen. Mir kam es vor, als hätte eine Rakete Zeit gehabt, zum Mond und zurück zu fliegen, als Phil endlich leise rief: »Fertig! Ab geht die Post!«
    Ich setzte den linken Fuß nach hinten.
    »Falls es einer nicht wissen sollte«, sagte ich vorsichtshalber noch zu ihnen, »ich habe im vorigen Jahr ’nen Preis beim Pistolenschießen gewonnen. Auf fünfzig Schritte. Stellt euch das vor!«
    Der rechte Fuß. Hinter meinem Rücken hörte ich schon das Getrappel von Phil und dem Mann. Meine Augen fingen wieder an zu tränen von der Anstrengung, mit der ich durch die flimmernde Luft zu ihnen hinüberstarrte. No, dachte etwas in mir, jetzt weißt du’s ganz genau, daß das keine richtigen Soldaten sind. Mit denen könntest du so was nicht machen.
    »Okay, Jerry!« rief Phils Stimme weit hinter mir.
    »Von jetzt ab solltet ihr mehr auf die Mündung meines Freundes achten!« riet ich ihnen noch.
    Dann drehte ich mich um und nahm die Beine unter den Arm. Wenn meine Absätze gequalmt haben sollten, wäre es kein Wunder gewesen. Phil stand fünfzehn Schritte weiter neben einem Felsbrocken und hielt seine Pistole in der leicht vorgestreckten Hand.
    Als ich ihn erreicht hatte, sagte er ruhig: »Wir müssen ungefähr zwanzig Schritte geradeaus rennen. Dann haben wir wieder Deckung. Bis dahin muß es eben gehen.«
    »Okay«, keuchte ich. »Come on, old Boy!«
    Phil warf sich auf dem Absatz herum und folgte mir. Ich bedauerte lebhaft, daß ich es auf der Hundert-Yard-Strecke nie zu einem Rekord gebracht hatte. Schon nach den ersten zehn Schritten sirrten ihre Geschosse heiß und bösartig durch die Luft. Ich machte einen Satz vorwärts und kugelte mich hinter einen Felsblock, der kaum für die Deckung eines Kindes ausgereicht hätte. Aber etwas ist besser als nichts.
    Phil mußte unserem Mann einen Vorsprung gegeben haben. In meinem Gehirn hämmerte das Blut. Mein Atem ging pfeifend. Von zielen konnte überhaupt keine Rede sein. Immerhin hielt ich in die Richtung, aus der ich gekommen war, und drückte dreimal ab.
    Das schaffte uns Luft. Sie gingen in Deckung und zogen erst einmal die Köpfe ein. Vier oder fünf Sekunden hatten wir Ruhe, und wir nutzten sie — zum Laufen. Dann krachten sie wieder los. Eine Gewehrkugel kostet mindestens drei Cent, rechneten sich die Brüder das nicht aus?
    Aufatmend — bildlich gesprochen, denn wir keuchten sowieso — schossen wir um die Ecke der Felswand, die hier einen natürlichen Zugang zu der Schlucht bildete. Da wir keine Zeit hatten, sahen wir uns die Gegend nicht sehr genau an. Wir liefen, liefen, liefen.
    Auf einmal waren Bäume da. Richtige große Bäume. Wir stolperten an den ersten vorbei, liefen aus und blieben stehen. Ganz oben in der Schlucht tauchte der erste Kopf auf. Ich drückte ab, Staub zischte dicht neben dem Kopf in die Höhe, und der Kopf verschwand.
    »Wenn wir ungefähr sechshundert Yard laufen, haben wir den Steinbruch erreicht«, sagte jemand rechts von mir.
    Ich sah hinüber. Unser Mann lehnte an einem Baum. Er deutete mit einer umgedrehten Pfeife in eine Richtung.
    »Steinbruch ist immer gut«, keuchte ich. »Also, vorwärts!«
    Wir tigerten von neuem los. Der Wald war gnädig und dämpfte mit seinem weichen, dicken Nadelteppich unsere Schritte. Trotzdem lief sich’s keineswegs schön. Dürre Äste zerkratzten uns die Gesichter. Einmal stolperte Phil über irgendwas, einmal ich. Wir fielen hin und rutschten durch den Nadelsegen der vergangenen Jahre. Aber wir sprangen wieder hoch und liefen weiter. Wenn man das laufen nennen konnte.
    Den Steinbruch erreichten wir am linken Ende seiner Steilwand Wir umrundeten sie. Leider krachten schon wieder Schüsse hinter uns, als wir in das Hufeisen des Steinbruchgrundes hineinrannten.
    »Hierhin!« schrie der Mann, der vor uns lief. »Die Feldbahn!«
    In einiger Entfernung standen sechs leere Feldbahnloren auf einem Gleis. Der Henker mochte wissen, was sich der Mann von einem Feldbahnzug ohne Lokomotive versprach. Aber ich lief erst einmal hin, weil wir alle in diese Richtung rannten.
    Unser Mann mußte olympiadeverdächtig sein. Er hielt einen Vorsprung von zwanzig Yard, als ob wir Schnecken wären. Dabei zuckten vor meinen Augen schon rote Reflexe auf, als ob in meinem Gehirn kleine Äderchen platzten.
    Der Bursche spurtete an den Loren entlang. Ich sah, wie er sich vor der ersten bückte und etwas zur Seite riß. Ganz langsam setzten sich die Loren in Bewegung. Hui, das war

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