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0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

Titel: 0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kugeln pfeifen Todeslieder
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eine Idee! Wenn die Gleise abwärts liefen, brauchte der Zug keine Lokomotive. Ich stieß ein Stoßgebet aus, daß die Achsen gut geölt sein möchten.
    Fast im letzten Augenblick erwischte ich die hinterste Lore, stieß mich ab und warf mich kopfüber hinein. Mein Rücken krachte gegen eine harte Kante, meine Lungen wurden von zwanzigtausend glühenden Nadeln bearbeitet, und mein Herz dröhnte wie eine Achtzig-Tonnen-Presse.
    Ich weiß nicht mehr, wie lange ich keuchend in dem dreieckigen Lorenausschnitt lag und um Luft rang. Irgendwann spürte ich, daß meine Beine nach draußen hingen und meine Hüfte auf der harten Kante lag. Mühsam sammelte ich meine Glieder ein und rutschte bequem zurecht, soweit man eben in einer Lore bequem liegen kann.
    Ein vorsichtiges Heben des Kopfes bewirkte nicht mehr, als daß mir der Hut vom Kopf geblasen wurde. Wieder sechsundzwanzig Dollar zum Teufel.
    Der Zug mußte ein ganz schönes Tempo drauf haben. Und er schien immer schneller zu werden. Ein paar Minuten lang machte es mir Spaß. Jaguarfahrer lieben Geschwindigkeiten.
    Aber auf einmal mußte ich an etwas denken. Jede Fahrt muß einmal ein Ende nehmen. Von einem Fahrrad steigt man ab. Ein Auto wird gebremst, Gang ’raus, Handbremse, erledigt. Bei Zügen weiß ich die Einzelheiten nicht, aber gebremst wird bestimmt auch.
    Wie aber kommt ein Zug von sechs Loren zum Stehen, der keine Lokomotive hat? Und der mit einer immer verrückteren Geschwindigkeit zu Tal braust?
    Mir wurde merklich kühler im Gesicht. Ich blickte hoch und mußte den Kopf drehen, weil ich nicht gegen den Fahrtwind anblicken konnte. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und sah mehr rückwärts.
    Ein paar Büsche huschten verdammt schnell vorbei. Wie sollte das nur enden? Es war nicht anzunehmen, daß die Loren selber Bremsen hatten. Oder?
    Ich reckte den Kopf noch ein bißchen höher, während ich mich an der Sperrvorrichtung festhielt. Von einer Bremse war rundum nichts zu entdecken. Nur, der Zug wurde schneller, das war alles, was ich entdeckte.
    Der Wald hatte längst aufgehört. Wir rasten über eine sacht abfallende Wiese, die überhaupt kein Ende nahm. Weit in der Ferne waren wie zahllose Pünktchen die Tiere einer großen Herde leuchtend weiß und braun in das Grün des Grases getupft. Ich malte mir gerade hoffnungsvoll aus, daß der Zug vielleicht allmählich auslaufen könnte, weil es doch vielleicht langsam wieder bergan ging, als ich links ein zweites Gleis entdeckte, das schräg auf unseres zulief. Die Weiche! schoß es mir durch den Kopf. Die Wei…
    Stimmt. Die Weiche war auf das andere Gleis gestellt. Es krachte fürchterlich. Die Wagen hoben sich wie von Geisterfäusten emporgeworfen in die Luft. Ich wirbelte durch die Luft, daß es keine Freude mehr war. Ganz zu schweigen von der Landung. In meinem Kopf explodierte etwas, während sich ein alles überschreiender Schmerz schlagartig in meinem ganzen Körper ausbreitete.
    Es dauerte wer weiß wie lange, bis mir klar wurde, daß etwas meine Nase kitzelte. Ich blinzelte, wollte mich bewegen und bekam wieder einen Schmerzschlag, der durch den ganzen Körper lief.
    Ich blieb liegen, öffnete aber die Augen. Etwas Schwarzes, Schillerndes betastete mit dünnen Stengeln meine Nasenspitze. Von berechtigtem Mißtrauen erfüllt, zog ich unwillkürlich den Kopf ein wenig zurück. Es war ein Käfer, der meine Nase befühlt hatte. Ich wälzte mich herum. Alles tat weh. Die Hüfte, die Beine, die Arme, der Brustkorb, die Schulterblätter, das Genick, der Kopf — was hatte ich überhaupt noch?
    Ächzend versuchte ich, aufzustehen. Nach zwei bangen Minuten war ich überzeugt, daß ich nichts gebrochen hatte. Aber an Quetschungen konnte es nicht fehlen. Stöhnend sah ich mich um.
    »In einer Rakete kann es auch nicht schlimmer sein«, krächzte jemand neben mir. Es war der Mann, dem wir eine Erschießung erspart hatten. Er tupfte sich Blut von einem Hautriß am Kinn. Ich drehte mich weiter. Der Zug lag im Gelände verteilt. Die drei vordersten Loren waren so ineinandergeschoben, daß nicht einmal ihr Konstrukteur noch ehrlich hätte behaupten können, welche Stange zu welchem Wagen gehörte.
    Wo war aber Phil. Ich stolperte auf schmerzenden Beinen um die Loren herum und suchte. Allmählich traten meine Schmerzen zurück vor einer ganz anderen Sorge. Je länger ich mich umsah, desto schlimmer überfiel sie mich. Nach einer Minute sah ich klar. Schrecklich klar.
    Phil mußte den Zug verpaßt haben. In des

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