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0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder

Titel: 0215 - Kugeln pfeifen Todeslieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kugeln pfeifen Todeslieder
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die Malaria manchmal fast um den Verstand brachte… Irgendwo da unten wurde ich mal von meinen Leuten abgeschnitten. Diese bronzehäutigen Banditen liefen mit Buschmessern durch den Dschungel, um mich zu finden. Ich weiß nicht, was sie mit mir gemacht hätten, aber bestimmt ein paar Dinge, die das Hirn eines Europäers nie zu fassen vermag. Ich lag auf einem Termitenhaufen. Diese dreimal verfluchten Biester stürzten über mich her, daß mir innerhalb einer Minute das Blut aus allen Poren lief. Aber zwei Armlängen von mir entfernt stand einer dieser gelben Kerle und lauschte. Er wartete nur darauf, von mir ein Geräusch zu hören. Ich lag im Termitenhaufen und ließ mich lebendigen Leibes auffressen, ohne einen Mucks von mir zu geben. Bis der Halunke endlich verschwand. Da war ich der Bewußtlosigkeit näher als dem Leben. Aber ich schaffte es… Ich habe es immer geschafft. Ich werde es immer schaffen. Von fünftausend Nächten habe ich viertausend im Dreck gelegen und dreitausend unter feindlichem Beschuß. Es gibt nicht viele Männer, die das mitgemacht haben.«
    »Und es gibt nur einen einzigen, der deshalb zum Verbrecher wurde«, sagte Phil hart. »Nämlich Sie!«
    »Verbrecher!« schnarrte er.
    Rennier riß den Kopf hoch.
    »Ja, Verbrecher. Bandit. Gangster. Suchen Sie sich das Wort heraus, das Ihnen am besten gefällt. Und hören Sie endlich auf, sich etwas vorzumachen. Tausende anständiger Soldaten und Offiziere in allen Ländern der Erde haben die Hölle eines Krieges durchgemacht, sind nach Hause gekommen und mußten sich wieder an ein ziviles, sinnvolles Dasein gewöhnen. Es ist jedem schwergefallen. Sie aber machen sich etwas vor! Sie spielen den Oberst noch, während Sie doch inzwischen nichts anderes geworden sind als der skrupellose Boß einer Diebes- und Mörderbande, einer Gangsterbande übelsten Charakters. Dieses ganze Theater, das Sie hier aufgezogen haben, weil Disziplin sein müßte und wie die schönen Sprüche alle heißen, das dient doch im Grunde genommen nur einem einzigen Zweck: Es soll Sie in der Illusion erhalten, Sie wären noch immer der Kommandeur einer kämpfenden Truppe. Dieses ,Ja, Sir!‘ und ,Zu Befehl, Sir!‘ soll Ihnen nur die Täuschung aufrechterhalten helfen, die Sie vor sich selber aufbauen mußten. Sie haben doch Angst, Rennier, Angst davor, der Wahrheit ins Gesicht zu blicken. Weil die Wahrheit ist, daß Sie ein Gangster sind! Ein gemeiner, dreckiger, erbärmlicher Gangster!«
    Bevor Phil es sich versah, schnellte die Peitsche durch die Luft. Es gab ein heftiges, klatschendes Geräusch. Aber das war auch alles. Rennier hatte bereits zum zweitenmal ausgeholt, aber er ließ plötzlich den Arm sinken und starrte Phil verwundert an.
    »Sie sind der erste, der das überstanden hat, ohne zu schreien«, brummte er erstaunt.
    Phil stand auf und stellte sich breitbeinig vör Rennier hin.
    »Sie sind nicht nur ein Gangster, Rennier«, sagte er kalt. »Sie sind auch ein Kranker. Ein sehr kranker Mann. Ich frage mich, ob man Sie verachten oder bedauern soll…?«
    Rennier war kreidebleich.
    »Sander!« schrie er mit einer Stimme, die sich überschlug. »Sander! Lassen Sie das Feldgericht zusammentreten!«
    Phil sagte nichts mehr. Er setzte sich wieder auf den Stuhl. Mit der Zungenspitze leckte er sich das Blut weg, das von seiner Wange herab auf seinen Mundwinkel lief.
    Wieder einmal ging die Farce los, die mit einem blutigen Ende schließen würde. Gangster setzten sich zusammen und spielten Richter. Sie gaben sich alle Mühe, würdevoll und wie Offiziere zu wirken. Vielleicht glaubten sie selbst die Rolle, in die sie sich hineingesteigert hatten. Die Bewußtseinsspaltung schien zu einer Epidemie geworden zu sein. Massenpsychose und Selbsttäuschung en gros. Der Anfang jeder Tyrannei.
    Phil verzog höhnisch den Mund, als sie das Urteil fällten. Man fragte ihn, ob er einen letzten Wunsch hätte.
    »Ja«, sagte er. »Ich möchte Renniers Verstand mit meinen Fäusten zurechthämmern. Vielleicht könnte ihm das helfen.«
    Es fehlte nicht viel, und sie hätten sich auf ihn gestürzt. Eigenartigerweise war es Rennier, der sie zurückhielt. Er ließ Sprüche von Stapel, Spruchbänder und Phrasen, auf denen sein Leben basierte. Mord wurde mit Notwendigkeiten erklärt, deren Voraussetzungen nicht stimmten, aber von keinem angezweifelt werden durften. Hohles Pathos sollte über innere Leere hinwegtäuschen.
    Als Zeitpunkt der Exekution bestimmte man — auch hier wieder einer

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