0216 - Der Ripper kehrt zurück
Monster erschien, wenn die Besucher auf einem Schienenstrang und in kleinen Wagen sitzend an dem Gewässer vorbeifuhren. Jetzt erschien keine Seeschlange. Das Gewässer lag dunkel vor den beiden Girls. Nur hin und wieder kräuselte Wind die glatte Fläche zu kleinen Wellen.
Der Weg stieg leicht an und wurde für Jill beschwerlich. In einer weiten Kurve lief er direkt auf die Horrorburg zu, in der sich auch das Versteck für das Rauschgift befand. Den nachgebauten Stadtteil Soho brauchten sie erst nicht zu durchqueren. Sie passierten ihn an der Rückseite.
An der linken Seite wurde der Weg von normalen, modernen Peitschenleuchten gesäumt, die jetzt allerdings ausgeschaltet waren, so dass kein Licht die Dunkelheit erhellte.
Und es war eine finstere Nacht. Der Himmel zeigte sich bedeckt. Keine einzelnen Wolkenberge, sondern eine zusammenhängende düstere Front verdeckte die Sterne. Der Mond war ebenfalls nicht zu sehen, nur die Feuchtigkeit legte sich wie ein nasser Film auf alles, was sich innerhalb des umzäunten Geländes befand.
Jill hielt sich tapfer. Die Zähne hatte sie zusammengebissen. Ihr Gesicht zeigte dabei eine Grimasse.
Die Zigarette war längst erloschen, und Jill hatte mit der Kondition zu kämpfen, denn sie keuchte, als sie, gestützt von Muriel, den Weg hoch schritt. Auf den Lippen der beiden Mädchen wölkte der Atem.
Dunstschleier wehten vor ihnen. Direkt am See hatten sie sich zu menschenhohen Nebelstreifen verdichtet, die wie schmale Bänder über dem Boden lagen.
Irgendwo knackte und knarrte es immer. Den einfallenden Wind bewegte die nicht ganz so festsitzenden Teile an den Bauten.
Im Gruselschloss gab es alles. Die alten Monster wie Dracula und Frankenstein waren ebenso vertreten wie schrecklich angemalte Dämonen aus Pappe. Hinzu kamen Fledermäuse, Leichen, Särge. Alles gut hingestellt und hervorragend nachgebildet.
Der Eingang zum Schloss war auch nachts offen. Die beiden nächtlichen Besucherinnen wussten zwar, wo sich der Hinterausgang befand, aber der wurde am Abend abgeschlossen, aus welchen Gründen auch immer. So mussten sie den normalen benutzen, und es dauerte nicht lange, bis sie ihn erreicht hatten.
Ein wenig fürchteten sie sich dennoch, als sie in dem Schlund verschwanden.
»Lass mich mal eine Pause einlegen«, bat Jill und lehnte sich an die nachgemachte Felswand des Eingangs.
So dicht vor dem Ziel wollte Muriel eigentlich nicht mehr pausieren, doch sie dachte an Jill und ihre Verletzung, deshalb stimmte sie zu. Sie bückte sich sogar, schob das Hosenbein hoch und schaute sich den Knöchel an.
Das geschah im Licht der kleinen Taschenlampe, die Muriel trug. Im hellen Strahl erkannte sie einen Knöchel, der mindestens die doppelte Größe angenommen hatte. Ja, da war nichts zu machen. Den Fuß konnte man als verstaucht bezeichnen. Als Muriel mit dem Finger über die Stelle strich, schrie Jill auf. »Bist du verrückt?«
»Entschuldige.« Sie erhob sich wieder. »Kannst du noch laufen?«
»Weiß nicht.«
»Versuche es trotzdem!« drängte Muriel. »Und zwar jetzt. Wenn wir den Stoff gefunden haben, nimmst du einen kräftigen Schuss, und danach spürst du die Schmerzen kaum noch.«
»Meinst du?«
»Sicher.«
Muriel stützte die Freundin, die gar nicht mehr auftrat, sondern einfach nur hinkte. Muriel ließ die Lampe eingeschaltet, denn in dem Gang war es stockfinster.
Der Werwolf blieb in seiner Ecke, und auch die Gehängten rührten sich nicht hinter der Scheibe. Nur die Ratten huschten unter ihren Füßen her, ein Zeichen, dass sie echt waren.
Das kannten die Mädchen, es kümmerte sie auch nicht weiter und sie gingen dorthin, wo das Rauschgift normalerweise versteckt wurde. Es lag in einer Grotte. Dort endete auch der Gang, denn von der Grotte zweigten weitere sternförmig ab.
Einer führte zu Dracula, der andere zu Frankenstein. Dann konnte man die Weiße Frau besichtigen und auch den Reiter ohne Kopf. Alles bekannte Horrorfiguren aus der Literatur.
Die Grotte aber nannte sich Sinfonie der Särge. Etwa die Hälfte wurde von ihnen ausgefüllt. Zu den Zuschauern hin gab es eine Barriere. Man hatte kurzerhand ein Seil von einer Wand zur anderen gezogen, vor dem die Besucher stehen blieben und auf die Totenkisten starren konnten.
Die Särge, es waren sechs an der Zahl, standen zum Teil auf dem normalen Boden. Drei von ihnen liefen jedoch auf blanken Schienen, die zu einzelnen Öffnungen in den Wänden führten. Auf Kontakt hin konnten die Särge darin
Weitere Kostenlose Bücher