0216 - Wir und der Club der 17 Mörder
Dieses Angebot machte Mr. Giberson gestern Abend, nachdem Mr. Dillinger einige Aufklärungen von ihm verlangt hatte.«
Die Lage ist die, dass seit dem verschwinden des Mr. Hynd fast täglich größere Beträge vom Bankkonto abgehoben und Schecks präsentiert wurden, für die keine Gegenbuchung vorhanden war. Es handelt sich insgesamt um einen Betrag von mehr als hunderttausend Dollar innerhalb der letzen vierzehn Tage. Eine genaue Prüfung der weiter zurückliegenden Monate muss Mr. Dillinger sich Vorbehalten. Sein jetziger Auftrag lautet ja nur dahingehend, festzustellen, wie hoch die Aktiva und Passiva der Firma seien.
Das aber ist noch nicht alles.
Eine der Stenotypistinnen behauptet, sie habe am Tag vor dem Verschwinden des Mr. Hynd gehört, wie dieser zu seinem Assistent Manager sagte:
Ich gebe ihnen vierzehn Tage Zeit, um die Angelegenheit in Ordnung zu bringen. Andernfalls müssen Sie die Konsequenzen tragen.
Sie glaubte damals, es handele sich um einen Fehler, den Giberson gemacht habe. Erst jetzt, als sie gelegentlich von der Revision von Fehlbeträgen vernahm, wurde sie stutzig.
»Sie hätten das Mr. Myers sofort mitteilen müssen«, meinte ich vorwurfsvoll zu Dillinger.
»Das wollte ich, aber ich konnte ihn gestern nicht mehr erreichen. Darum suchte ich ihn heute Morgen gleich auf.«
Jetzt wurde mir einiges klar. Giberson hatte Unterschlagungen gemacht und Hynd musste ihn dabei ertappt haben. Er stellte ihm eine Frist von vierzehn Tagen, um die Angelegenheit zu ordnen, das heißt die unterschlagenen Gelder zurückzuerstatten.
Am folgenden Tag verschwand Hynd, und Giberson setzte seine Unterschlagungen, und zwar im großen Stil, fort. Dann erklärte er plötzlich, der finanzielle Stand der Firma sei so schlecht, dass er die Verantwortung nicht übernehmen könne und riet zu einem Verkauf. Er tat das alles zu einem Zeitpunkt, zu dem noch niemand ahnte, dass Hynd tot sei. Er allein musste also der Überzeugung gewesen sein, dass sein Chef nicht wieder auftauchen werde.
Nur Madge Posselt hatte ihn durchschaut und gewisse Unterlagen gesammelt, die sie dem Anwalt Cronsington vorlegen wollte. Dazu passten auch die Worte, die sie zu mir am Telefon geäußert hatte. Aber auch Giberson war nicht ganz so dumm, wie es den Anschein hatte. Um die Posselt zu hindern, in seiner Abwesenheit zu schnüffeln und länger im Büro zu bleiben, als er, nahm er ihr die Schlüssel weg. Und das war für die Sekretärin der Beweis, dass ihr Verdacht berechtigt sei.
Ich dachte wieder an das Gespräch mit ihr, bei dem sie so plötzlich aufgelegt hatte, und war der Überzeugung, Giberson habe dieses ganz oder teilweise mit angehört, ebenso wie ich davon überzeugt war, er habe auch das Gespräch und die Verabredung mit dem Anwalt belauscht. Alles das ergab ein Mordmotiv, für den Mord an Hynd und an Madge Posselt. Den Mord an Hynd würde ich auf keinen Fall beweisen können. Für den an der Posselt hatte ich schwere Indizien, denen gegenüber jedoch das Alibi stand, das Cleo Wright und der Hausmeister bestätigt hatten.
Die Posselt war um sechs Uhr fünfundvierzig ermordet worden, und genau um diese Zeit war Giberson zu Hause angekommen.
Ich entschuldigte mich für ein paar Minuten und hängte mich an die Strippe. Als Doc Price sich meldete, fragte ich ihn:
»Sie haben seinerzeit die Tote im Hausflur in der 66. Straße untersucht und festgestellt, sie sei um sechs Uhr fünfundvierzig, eine halbe Stunde vor Ihrer Ankunft, ermordet worden. Ist diese Zeitangabe unter allen Umständen richtig?«
»Wie meinen sie das, Jerry? Sie haben doch einen Hintergedanken?«
»Kann es nicht zehn Minuten später gewesen sein?«
»Dafür kann ich meine Hände nicht ins Feuer legen. Angaben, die Zeit des Todes betreffen, können niemals haargenau gemacht werden. Es kommen da zu viele Umstände zusammen, die Lufttemperatur, die Kleidung des Toten und so weiter.«
»Was würden Sie sagen, wenn Sie unter Eid im Kreuzverhör stünden und angeben müssten, wie groß die Spanne war?«
»In diesem Fall, in dem es sich um eineverhältnismäßig kurze Zeit zwischen dem Mord und der Auffindung handelte, würde ich eine Differenz von zehn Minuten mehr oder weniger für möglich halten.«
»Danke schön, Doc.« Dann hängte ich ein, und dann nahm ich mir die Stadtkarte vor.
Giberson hatte zusammen mit Cleo Wright bis halb sieben im Turf & Field Club in der Park Avenue Nummer 300 gesessen. Von diesem Club, an der Ecke der 50. Straße bis zur 60.
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