Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0216a - Fahrgast im Höllen-Express

0216a - Fahrgast im Höllen-Express

Titel: 0216a - Fahrgast im Höllen-Express Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fahrgast im Höllen-Express
Vom Netzwerk:
dringendes Gespräch, in dem ein größerer Versicherungsfall gemeldet wurde, aber die Leitungen waren nicht mehr so pausenlos belegt, wie in den vorhergegangenen Stunden.
    Mabel Holl kam ein wenig zur Ruhe. Aber kaum nahm der Betrieb sie nicht mehr so gefangen, da setzten die Gedanken ein und bestürmten sie.
    Georgies Anruf hatte sie verwirrt. Mein Gott, dachte sie, was hat der Junge wieder angerichtet! Wie konnte er sich nur Geld von einem Gangster leihen?
    Wenn sie auch in einer Familie aufgewachsen war, die bei den Nachbarn als weltfremd und ein wenig verrückt angesehen wurde, so wusste Mabel Holl doch, dass ihr Bruder weder gelogen noch übertrieben hatte, als er ihr ausmälte, was geschehen würde, wenn er das geliehene Geld nicht pünktlich mit Zins und Zinsenszinsen zurückbezahlte.
    Die Geschichte mit Dorothy Wyers sprach Bände. Vier Rippen gebrochen. Was mussten das für Menschen sein, die imstande waren, eine Frau so zu misshandeln?
    Und was würden die Männer erst mit einem Burschen wie ihren Bruder Georgie anfangen, wenn er den Termin nicht einhielt, zu dem er das Geld zurückzuzahlen versprochen hatte?
    Mabel Holl schloss die Augen und seufzte leise. Über fünfhundert Dollar!
    Es war nicht zu fassen: In den letzten Jahren hatte sie es mit Bescheidenheit und manchem Verzicht auf kleinere persönliche Wünsche erreicht, dass sich fast zwölfhundert Dollar auf ihrem Gehaltskonto angesammelt hatten. Wenn sie ihrem Bruder jetzt über fünfhundert Dollar geben sollte, verlor sie fast die Hälfte ihrer Ersparnisse.
    Denn es berechtigte nichts, aber auch gar nichts zu der Hoffnung, dass er es ihr je zurückzahlen würde.
    Es würde ihm nicht schaden, wenn er eine Strafe für seinen Leichtsinn bekäme, schoss es ihr durch den Kopf, während sie rein mechanisch einen Anruf entgegennahm und vermittelte.
    Aber eine Strafe kann schließlich nicht darin bestehen, dass man ihn halbtot schlägt. Vielleicht würden diese Gangster ihn sogar umbringen.
    Müsste sie sich nicht ewig Vorwürfe machen, wenn das Schlimmste passierte? Sie hatte sich doch geweigert, ihm zu helfen?
    Sie seufze noch einmal, dann zog sie ihre Handtasche hervor, nahm das Scheckheft und schrieb einen Barscheck über fünfhundertundzehn Dollar aus.
    Eine andere Möglichkeit gab es zu dieser Stunde ohnehin nicht mehr, denn die Banken hatten natürlich längst geschlossen.
    Sie war gerade mit der Unterschrift fertig, als die Abteilungsleiterin die Telefonzentrale betrat.
    Hastig schob Mabel Holl das Scheckheft mitsamt dem ausgeschriebenen Scheck in die kleine Schublade ihres Tischchens.
    Das Schicksal wollte es, dass sie in den nächsten zwei Stunden kaum zur Besinnung kam.
    In einem Stadtteil von Los Angeles war eine Feuersbrunst ausgebrochen, und die Telefonleitungen wurden fast heiß, so sehr hagelte es Anrufe aus dem betroffenen Gebiet. Mabel wurde so in Anspruch genommen, dass es in ihrem Kopf summte wie in einem Bienenschwarm, als sie um Mitternacht abgelöst wurde.
    Sie griff nach der Handtasche und verließ, bis zum Umfallen erschöpft das große Gebäude.
    Den ausgeschriebenen Scheck und das Scheckheft in der Schublade vergaß sie.
    Und im Grunde war es diese kleine Vergesslichkeit, die sie in große Gefahr bringen sollte.
    ***
    Tony Scaropolous zitterte vor Wut. Sein Gesicht war verzerrt, die Nasenflügel bebten, das Weiß der Augäpfel glänzte gespenstisch im Scheinwerferlicht, und sein Atem ging stoßweise.
    »Du Großmaul«, schrie er Georgie Holl an, den er mit beiden Fäusten am Jackett gepackt hatte und mit sich zog. Rückwärtsgehend, schleifte er den Komplicen bis vor den Wagen, drückte ihn gegen die Kühlerhaube und schüttelte ihn hin und her, halb irrsinnig vor Wut und Angst.
    »Du Wahnsinniger! Du hast ihn schwer verletzt! Verstehst du das? Du hast ihn fast umgebracht! Du -«
    Eine Sturzflut von Schimpfwörtern brach aus seinem Munde. Immer und immer wieder schüttelte er Georgie Holl, bis Tony die Luft ausging. Erschöpft ließ er ihn los und trat taumelnd zwei, drei Schritte zurück, sodass er nun im vollen Licht der Scheinwerfer stand.
    »Aus«, keuchte er tonlos, »aus! Jetzt ist es endgültig aus. Wenn sie uns schnappen, klagt man uns wegen Mordversuch an, nur weil dieser Kerl ohne Grund auf einen Mann einsticht!«
    »Brüll nicht so«, rief Tibby Eagle ängstlich. »Es braucht nicht die ganze Gegend zu hören!«
    »In ein paar Tagen wissen es noch viel mehr«, schrie Scaropolous mit einer Stimme, die sich überschlug.

Weitere Kostenlose Bücher