0218 - Generalprobe für einen Mord
er aus der unmittelbaren Schusslinie. Wenn Monnier ihn jetzt noch treffen wollte, musste er sich weit aus dem Fenster lehnen.
Phil nickte mir zu. Die Smith & Wesson in der Hand, schob er sich an der Mauer entlang. Zwischen ihm und der Honey-Bonbons-Baracke lagen noch eine Wellblechgarage und ein Steinbau.
Wieder sah ich die Bewegung von etwas Weißem hinter dem Fenster, und ich zögerte nicht, eine weitere Kugel auf den Weg zu bringen.
Phil ging langsam weiter. Er erreichte den Steinbau.
In diesem Augenblick flog die Tür der Wellblechbude mit der grünen Reklameaufschrift auf. Eine Pistole spuckte drei, vier Schüsse heraus. Gleichzeitig stürzte die Gestalt eines Mannes in den Hof.
Ich nahm den Kopf nicht weg. Ich blieb ganz ruhig und zog zweimal durch. Meine Kugeln trafen den Mann in der Sekunde, in der er sich umwandte, um auf die Toreinfahrt zuzurennen. Auch Phil feuerte.
Der Mann stolperte. Er gab einen erstickten Schmerzenslaut von sich, fiel, drehte sich im Fallen und landete auf dem Rücken. Er hob den Arm, und es sah aus, als wolle er jetzt noch schießen, aber dann ließ er die Waffe fallen. - Ted Monniers Ausbruchsversuch war misslungen.
Ich kam hinter dem Lastwagen hervor. Phil löste sich von der Wand. Gemeinsam gingen wir auf Monnier zu.
Der Gangster war nicht tot. Er war nicht einmal wirklich schwer verletzt. Er hatte zwei Schüsse im Oberschenkel und eine Kugel im Knie. Wir hatten beide auf seine Beine gezielt.
Monnier sah verkommen aus. Ein dichter Stoppelbart bedeckte sein Kinn. Sein Anzug war schmutzig und verdrückt, als habe er viele Nächte darin geschlafen.
Er schien keine Schmerzen zu haben, wie das oft unmittelbar nach Verletzungen der Fall ist.
Er starrte uns aus dunklen Augen mit einem wilden Blick an. Sein Atem ging keuchend.
»Wer hat mich verpfiffen?«, fragte er mit überkippender Stimme. Ich kümmerte mich um seine Verletzungen. Der Fall war erledigt, und es ist sinnlos, einen Mann zu hassen, der verloren hat.
»Kümmere dich nicht darum, Ted«, sagte ich. »Wenn du es weißt, so kannst du doch nichts damit anfangen.«
Phil kam vom Telefonieren zurück.
»Der Krankenwagen kommt sofort«, meldete er. »Hoffentlich treffen die Cops ein, um uns diese Meute vom Hals zu halten.«
Die Neugierigen hatten gemerkt, dass die Gefahr vorüber war. In dichter Schar drängten sie auf den Hof.
»Scheren Sie sich zur Hölle!«, fauchte Phil sie an, aber sie kümmerten sich nicht darum. Eine Pistole in einer G-man-Hand schüchtert keinen Mann mit einem angeblich guten Gewissen ein. Ein Gummiknüppel in der Faust eines Cops wirkt viel besser.
Endlich heulte der erste Streifenwagen heran. Die Polizisten drängten die Leute zurück. Wenig später kamen noch zwei Wagen und unmittelbar darauf der Krankenwagen.
Monnier wurde ein sachgerechter Notverband verpasst. Dann wurde er verladen, und ich kletterte zu ihm in den Wagen, während Phil sich um den Jaguar kümmerte. Fence Goddart wurde von den Cops zum FBI-Hauptquartier gebracht.
Im Gefängnishospital stand ich dabei, als die Wärter Ted Monnier aus seinen verkommenen Klamotten schälten. Der Gangster wurde auf eine Bahre gepackt und in das Untersuchungszimmer gefahren.
Ich ließ mir die Jacke geben, stülpte die Taschen nach außen. Der Inhalt fiel auf den Tisch. Der Krankenwärter, der dabeistand, machte große Augen. Perlenketten, Ringe, Armbänder mit glitzernden Steinen, Diademe, Broschen purzelten durcheinander; alles Zeug, das normalerweise Stück für Stück in Samt gebettet wird.
»Ist das echt?«, fragte der Wärter.
Ich schob die Juwelen zusammen. »So echt, dass wir beide mit unseren zusammengelegten Jahresgehältern noch nicht ein Stück davon kaufen könnten«, antwortete ich. »Besorgen Sie mir irgendeinen Karton.«
Er brachte mir eine Pappschachtel, auf der stand: Sterile Verbandswatte.
Ich legte die Juwelen hinein, stülpte den Deckel darüber und verließ das Hospital mit Ted Monniers Beute unter dem Arm. - Die Versicherung würde sich freuen, und der Juwelier im fernen San Francisco würde vermutlich die Preise der Stücke erhöhen, denn jetzt hatte jedes Stück eine Geschichte. Es gibt verrückte Leute genug, die mehr für einen Diamanten bezahlen, wenn ein wenig Blut daran klebt.
***
Ich erhielt die Berichte der Mordkommission Middletown am späten Abend, ein säuberlich in einem Aktenhefter geordnetes Bündel Protokolle, Untersuchungsergebnisse, Befunde, die samt und sonders den Tod eines Menschen betrafen.
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