0218 - Grauen in der blauen Stadt
fragte Zamorra spöttisch.
»Ja!«
»Dann brauche ich mich nicht zu fürchten«, sagte Zamorra. »Aber du solltest dich in acht nehmen, denn ich glaube, daß du entartet bist.«
Das Skelett machte eine abwehrende Handbewegung. »Genug der Worte. Kämpfen wir.«
Plötzlich teilte sich das Spiegelschwert in zwei genau gleiche Exemplare. Damit erklärte sich der Name der Waffe; eine Klinge war das magische Spiegelbild der anderen.
»Wähle!«
Zamorra fühlte sich aus dem Griff der anderen Knöchernen befreit. Er warf einen Blick in die Runde, sah Nicole, den bewußtlosen Wissenschaftler und die Zwillinge.
»Wenn ich gesiegt habe, werdet ihr meinen Begleiter frei lassen. Auch Susan Prescott und Bill Fleming,« forderte er und griff nach einem der beiden Schwerter.
»Wer frei ist vom magischen Keim, wird von uns nicht länger behelligt, nachdem du getötet bist, Dämon.«
Zamorra schüttelte den Kopf über so viel Starrsinnigkeit. Er war sicher, daß er mit dem Skelett-Druiden fertig wurde. Er war ein leidlicher Schwertkämpfer, und wenn die Waffe wirklich dem Bösen Kraft entzog, um sie dem Guten zuzuführen - Gut und Böse hier als Verkörperung der Weißen und Schwarzen Magie - würde sie für ihn arbeiten.
»Ich bin bereit«, sagte er.
Da griff der Knochenmann an.
***
Die Schwerter klirrten gegeneinander und sprühten Funken. Mit ungestümer Wucht und schier unmenschlicher Kraft schlug der Druide auf Zamorra ein, der Mühe hatte, die Hiebe zu parieren. Er selbst schaffte es nicht ein einziges Mal, den wirbelnden Stahlvorhang zu durchbrechen, den der Druide vor sich aufbaute.
Und plötzlich fühlte Zamorra etwas Unglaubliches.
Er wurde schwächer!
Das Spiegelschwert entzog ihm seine Kraft und führte sie dem Druiden zu!
Das ist unmöglich! durchzuckte es ihn. Er muß mich angelogen haben! Eine weißmagische Waffe kann nicht gegen mich arbeiten!
Aber es war so. Er verlor ständig an Kraft, war jetzt schon erschöpft und ermattet, nur wenige Minuten nach dem Beginn des Kampfes. Und er entsann sich, daß das Amulett sich geweigert hatte, den Nicole bedrohenden Knochenmann mit Weißer Magie zu zerstören…
Steht denn in dieser verdammten Ruinenstadt die ganze Magie auf dem Kopf? dachte er. Ich bin kein Dämon! Ich bin kein Dämon!
Aber warum schwächte ihn dann das Spiegelschwert?
Er wollte es loslassen, fortwerfen Und den Kampf aufgeben. Aber es gelang ihm nicht, seine Hand von dem Griff zu lösen. Er taumelte nur noch, und der Skelett-Druide trieb ihn förmlich vor sich her, bis er mit dem Rücken gegen blaue Steine stieß. Hinter ihm war die Hauswand.
»Ich - bin - kein - Dämon!« keuchte er entsetzt. »Begreife es endlich, Skelett!«
Der Knochenmann hörte nicht darauf. Erneut schlug er kraftvoll zu. Zamorra fühlte seinen Arm lahm werden und herabsinken. Er war wehrlos.
Er war auch zu langsam, sich zur Seite zu werfen. Er konnte es nicht mehr. Das Spiegelschwert seines Gegners raste heran.
Zamorra sah es kommen wie in Zeitlupe. Er sah die blitzende Klinge im Mondlicht und wußte, daß jetzt alles sein Ende fand. Es war vorbei. Eine grenzenlose Mattigkeit breitete sich in ihm aus, und zugleich so etwas wie Erleichterung, daß jetzt alle Kämpfe und alle Ängste ein für allemal ein Ende fanden - so oder so.
Geräuschlos glitt das Zauberschwert in sein Herz.
***
»Nein!« schrie Nicole entsetzt auf und wand sich im Griff ihres Aufpassers. Mit wachsender Besorgnis hatte sie beobachtet, wie Zamorra zusehends an Kraft verlor, wie ihn der Knochenmann zur Wand trieb. Jetzt stieß er zu, und das Unglaubliche geschah.
Sein Schwert durchbohrte Zamorra.
Nicole glaubte sich in einem Alptraum zu befinden. Alles in ihr wehrte sich dagegen, das Gesehene als wahr zu empfinden. Ein gellender, lang anhaltender Schrei entrang sich ihrer Kehle, und jetzt gelang es ihr endlich, sich aus den steinharten Händen ihres Bezwingers zu befreien. Sie stürmte vorwärts.
Und noch jemand schrie.
Oder - etwas?
Der Druide zog sein Schwert zurück. Es war blank; kein Blutstropfen klebte daran. Und Zamorra stürzte nicht! Er stand da, ungläubig, fassungslos, während etwas wie unter furchtbaren Qualen schrie.
Zamorra schrie nicht, aber in ihm.
Nicole verharrte. Erschrocken sah sie von einem zum anderen. Was ging da vor?
Das Schreien wurde leiser und verging schließlich seufzend. Gleichzeitig gab es nur noch ein Spiegelschwert. Jetzt taumelte Zamorra vorwärts, aber nicht tot, sondern nur erschöpft. Der
Weitere Kostenlose Bücher