022 - Der Sarg der tausend Tode
hätte. Doch nun hatte ich wieder mit ihnen zu tun.
Jawohl, mit ihnen, denn ich konnte mit Sicherheit davon ausgehen, daß Arma nicht allein nach London gekommen war.
Bestimmt hielt sich Metal irgendwo im Hintergrund verborgen!
Ich hatte das ungute Gefühl, daß ich auch ihn bald zu Gesicht kriegen würde.
Arma hatte diese bedauernswerten Menschen also erblinden lassen und in ihren Bann geschlagen.
Würden diese unschuldigen Opfer je wieder von ihr loskommen?
Wenn ja, würden sie dann ohne ihr Augenlicht weiterleben müssen? Für mich stand fest, daß Armas starke Zauberkraft die Monsterratten erschaffen hatte.
So etwas war für sie eine Kleinigkeit. Sie konnte noch viel mehr.
Leider. Und ich befand mich – verdammt noch mal – in ihrer Gewalt. Kein Wunder, daß ich das Gefühl hatte, jemand würde mir mit einem Eiszapfen über den Rücken streichen, als sie eintrat.
Triumph strahlte auf ihrem schönen Gesicht. »Tony Ballard, der Dämonenhasser«, sagte sie voller Verachtung. »Ich freue mich, dich wiederzusehen.«
»Ich mich nicht«, erwiderte ich hart.
Sie nickte. »Das kann ich verstehen. Du befindest dich in einer äußerst unangenehmen Lage.« Sie kam näher.
Ich hatte den Eindruck, Kälte würde von ihr zu mir herüberwehen.
Spöttisch schüttelte sie den Kopf. »Diesmal hast du dich nicht besonders geschickt angestellt. Es fiel meinen Dienern sehr leicht, dich in ihre Gewalt zu bringen.«
»Mußtest du ihnen unbedingt das Augenlicht rauben?« fragte ich wütend.
Arma lachte. »Ich kann mir vorstellen, daß dir das nicht gefällt, aber dadurch machte ich diese Menschen noch mehr von mir abhängig. Sie sehen durch mich. Sollte die Verbindung aus irgendeinem Grund abreißen, sehen sie nichts mehr.«
»Wo ist Metal?« fragte ich.
»Er wird sich ebenso wie ich freuen, dich wiederzusehen«, sagte Arma.
»Ihr habt vom ›Weißen Kreis‹ erfahren und Wind bekommen, daß Fystanat sich ihm anschließen möchte, ist das richtig?«
»Ja, und natürlich hatten wir nichts eiligeres zu tun, als dafür zu sorgen, daß Fystanat sein Ziel nicht erreicht, das ist doch klar«, gab Arma unumwunden zu.
»Was habt ihr mit ihm vor?« wollte ich wissen.
»Er wird sterben. Die Ratten haben ihn zu unserem Versteck gebracht.«
»Wo befindet sich das?«
»Hier in der Nähe«, sagte Arma. »Wir rechneten nicht damit, daß du uns in die Quere kommen würdest, Dämonenhasser. Aber nun paßt es sehr gut in unsere Pläne. Du wirst Fystanats Tod miterleben und dann selbst sterben. Wie gefällt dir das?«
»Wenn meine Hände nicht gefesselt wären, würde ich dir Applaus spenden«, entgegnete ich sarkastisch. In der ganzen verfahrenen Sache gab es einen einzigen Lichtblick: Fystanat war noch nicht tot. Er lebte noch.
Und da ich ein unverbesserlicher Optimist bin, dachte ich daran, daß uns vielleicht das Glück hold sein würde… Ich gebe zu, es war ein dünner Strohhalm, an den ich mich klammerte, aber das tun Ertrinkende nun mal.
***
Ethel McGuire gähnte. Sie saß neben ihrem Mann Roy im Wagen und war müde.
»Das war der langweiligste Abend, den ich je erlebt habe«, brummte Roy McGuire.
»Mir ging es genauso. Direkt peinlich war’s«, sagte Ethel, eine magere Frau über vierzig. Sie trug ihr schönstes Kostüm, mit einem kunstvollen Herbstgesteck am Aufschlag.
»Und das soll nun eine Verlobungsfeier gewesen sein«, sagte Roy McGuire. »Ich sage dir, unser Junge ist im Begriff, einen schweren Fehler zu machen. Er heiratet in eine Familie von Langweilern. Das schafft den Jungen, darauf kannst du wetten. In ein paar Jahren ist er auch so ein Traumtänzer, mit dem man nichts mehr anfangen kann. Komm mir bloß nicht damit, er heiratet Ginger und nicht die Familie. Die heiratet er automatisch mit. Der entgeht er nicht, und sie wird ihn mit ihrem langweiligen Bazillus anstecken und vergiften. In fünf Jahren kennen wir unseren Sohn nicht mehr, du wirst es erleben.«
»Ich wollte, man könnte ihm von diesem Schritt abraten«, sagte Ethel. »Aber wenn man dieses Thema bloß anschneidet, verschließt er schon die Ohren, oder er redet ganz schnell von etwas anderem.«
»Ginger ist sein erstes Mädchen. Er ist auf sie hereingefallen. Die Mädchen sind in diesen Dingen doch viel raffinierter als die Jungs. Jungs sind in dem Alter noch dumme Hammel. Wenn sie endlich zu verstehen beginnen, sind sie bereits verheiratet, zwei, drei Kinder plärren um die Wette, und sie haben keine Chance mehr, ihre Freiheit
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