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022 - Die wandelnde Tote

022 - Die wandelnde Tote

Titel: 022 - Die wandelnde Tote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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wurden lauter, als sie sich der nächsten Abzweigung näherten.
    Kampfbereit sprang Aruula um die Ecke. Sie war darauf gefasst, einer Abteilung der Stadtwache gegenüber zu stehen. Stattdessen sah sie nur drei Männer, die am Boden lagen. Zwei hatten sich in ein Netz verstrickt, der Dritte wurde von einem bärtigen Hünen bear- beitet, der immer wieder seinen Holzknüppel in die Tiefe sausen ließ.
    »Komm weiter«, zischte Navok. »Das geht uns nichts an.«
    Aruula zögerte. Noch vor einem Jahr hätte sie ihrem Begleiter zugestimmt. Die Barbarin in ihr forderte, dass sie zuerst an ihre eigene Sicherheit dachte - doch die Partnerschaft mit Maddrax hatte ihren Sinn für Gerechtigkeit ge- schärft.
    »Lass den Mann in Frieden«, rief sie laut, ohne weiter nachzudenken.
    Der Hüne hielt überrascht inne und starrte zu Aruula herüber. Er zeigte kein Interesse an ihrer Nacktheit; er schien sie nicht einmal richtig wahrzunehmen, sondern durch sie hindurch zu sehen. In seinen Augen glitzerte ein fanatisches Feuer. Ohne ein Wort zu sagen, ließ er den Knüppel fallen und sank auf die Knie. Mit beiden Händen griff er nach dem Hals des Wehrlosen, der in ein seltsames silbernes Gewand gekleidet war.
    Aruula sprintete los. Sie konnte nicht zulassen, dass ein Mensch vor ihren Augen erwürgt wurde.
    Navok stieß einen leisen Fluch aus, folgte ihr aber auf dem Fuße.
    Aruulas Sohlen flogen über den moosbedeckten Teer. Mit großen Schritten kam sie näher. Sie holte bereits mit dem Schwert aus, als sie erkannte, dass der Hüne sein Opfer gar nicht würgte. Die Hände lagen nicht um den Hals, sondern zerrten an einer silbernen Kopfbedeckung. Der Helm reichte dem am Bo- den liegenden Mann nur bis zur Nase und musste sich eigentlich leicht abstreifen lassen. Doch obwohl die Arme des Hünen vor Anstrengung zitterten, konnte er ihn nicht lösen.
    Aruula verstand nicht, was dort vorging, führte aber ihren Angriff fort. Der Hüne war ihr körperlich zu weit überlegen, als dass sie sich auf ein Streitgespräch mit anschließendem Schlagabtausch einlassen konnte. In einer ge- schmeidigen Bewegung sprang sie neben den ungeschlachten Kerl und ließ ihr Schwert kreisen. Der Schläger blickte überrascht auf. Sonnenlicht reflektierte auf dem Stahl, der im Halbkreis niederfuhr.
    Mit einem lauten Klatschen prallte die Breitseite der Klinge gegen seine Schläfe. Einen verdutzten Laut von sich gebend, kippte der Hüne zurück und blieb reglos liegen. Offensichtlich konnte er nicht halb so viel einstecken wie er auszuteilen vermochte.
    Aruula legte das Schwert zufrieden zu Boden und sah nach dem Helmträger. Der seltsame Mann trug einen weit geschnittenen einteiligen Anzug aus silbrigen Fasern, unter dem sich deutlich ein schmächtiger Körper abzeichnete. Schon vorhin hatte Aruula unterschwellig die Ähnlichkeit registriert; nun kam sie ihr erst richtig zu Bewusstsein: Es war ein Kleidungsstück, wie es die Bunkermenschen in Landän trugen!
    Hatte sie einen Techno vor sich? Nein, das konnte nicht sein. Die sahen anders aus, bleich und haarlos; dieser hier war braungebrannt und hatte einen kurzen roten Bart. Außerdem trugen die Bunkermenschen zu dem Anzug stets einen kugelförmigen Helm. Der Mann schien ein ganz normaler Stadtbewohner zu sein.
    Über der Schulter trug der Mann eine helle Umhängetasche. Auf den ersten Blick schien sie aus Leder gefertigt zu sein, doch es musste sich um ein anderes Material handeln. Keine Tierhaut konnte so fein gegerbt werden.
    Am ungewöhnlichsten war aber sein schnittig geformter Helm, der nie einen Schmiedehammer gesehen hatte, sondern aus einem Stück gegossen sein musste. In den Augenlöchern steckten bläulich schimmernde Linsen.
    Aruulas Neugier war geweckt. Ihre Finger glitten unter den Helmrand. Sie versuchte ihn vorsichtig anzuheben, doch er bewegte sich keinen Fingerbreit. Eine unsichtbare Kraft schien ihn am Kopf festzuhalten.
    »Gute Idee«, lobte Navok neben ihr.
    »Was?«, fragte Aruula überrascht.
    »Dir etwas zum Anziehen zu besorgen«, versetzte er trocken. »Aber es reicht, wenn du deine Blößen mit seinem Anzug bedeckst. Den Helm kannst du dir sparen.«
    Die Barbarin schnaufte verächtlich. »Ich will diesem Mann helfen und ihn nicht bestehlen.«
    »Deine Menschenliebe in allen Ehren«, knurrte der Nosfera, »aber die Stadtwachen suchen nach uns. Und eine nackte Sklavin ist ziemlich auffällig.«
    Aruula schwieg. Sie wusste, dass Navok es nur gut meinte. Sie wollte gerade ihre Finger

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