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022 - Schreie aus dem Sarg

022 - Schreie aus dem Sarg

Titel: 022 - Schreie aus dem Sarg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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an das glauben, was sie sah.
    »Char ...«, sagte sie nur. Sie kam nicht mehr dazu, den Namen zu Ende zu
sprechen. Der Schatten stürzte sich auf sie. Eine Bestie schien sich ihrer zu
bemächtigen. Gierig griffen die Hände nach ihr. Mit vor Entsetzen geweiteten
Augen starrte Madeleine Simonelle auf das, was ihre Tochter sein musste.
    Ein Ungeheuer, eine Bestie! Das einstmals hübsche, ebenmäßige Gesicht der
anziehenden Charlene war zur Fratze verzerrt. Es war das hässlichste,
widerlichste und abstoßendste Gesicht, das sie jemals in ihrem Leben gesehen
hatte.
    Zorn und Abscheu, Wahnsinn und Mordgier flackerten im irren Blick dieser
Augen. Die Mundwinkel waren verächtlich nach unten gezogen, die Haare hingen
ins Gesicht.
    Madeleine Simonelle war wie gelähmt, als die Schale mit dem brennenden Öl
ihr mitten ins Gesicht geschleudert wurde. Ihre Haare und ihre Kleidung fingen
Feuer.
    Mit einem gurgelnden Aufschrei warf sie sich herum und schlug heftig nach
den züngelnden Flammen, die über ihre Haut liefen.
    Wahnsinnige Schmerzen breiteten sich auf ihrem Körper aus. Plötzlich kam
der Sturz in die Tiefe: Charlene stieß Madeleine mit beiden Händen in das
Steingrab!
    In den gellenden Todesschrei der Verbrennenden, die dumpf und schwer unten
aufschlug, mischte sich der markerschütternde, schrille Aufschrei der jungen
Charlene Simonelle, deren Leichnam zum Leben erwacht war ...
     
    ●
     
    Es war der gleiche Schrei, den er schon einmal gehört hatte. Wie von einer
Tarantel gestochen stürzte Philipe Simonelle ans Fenster und riss es auf.
    Er lauschte in die Nacht. Da war er noch einmal, ein Schrei aus der
Kapelle, aus der Gruft ...
    Wie von Sinnen stürzte Simonelle die Treppenstufen hinab. Er hörte, dass
sein Sohn folgte.
    »Vater! Was ist denn?! Vater!«
    Es war eine Nacht, die beide nie mehr vergessen würden; es war jene Nacht,
in der Philipe Simonelle zum ersten Mal anfing, an seinem Verstand zu zweifeln.
     
    ●
     
    Er wusste nicht mehr, wann er nach Hause kam. War es Mitternacht, graute
der Morgen schon?
    Er warf keinen Blick auf die Uhr, und es interessierte ihn auch nicht. Er
war wie ausgehöhlt.
    Monsieur Gerard Luison bewohnte einen der modernen Bungalows an der
Peripherie von Conakry. Viele Europäer lebten hier: Franzosen, Engländer und
Deutsche. Auch Amerikaner. Die afrikanischen Bürger in dieser Straße waren zu
zählen. Die Grundstücke waren teuer, und nur höhere Staatsbeamte,
Rechtsanwälte, Ärzte und einige Fabrikanten konnten sich ein Haus hier in
diesem Viertel leisten.
    Luison machte sich nicht die Mühe, die Garage abzuschließen. Er musste an
Nanettes Schicksal denken und an seine Gattin, die im Krankenhaus lag.
    Als er vor der Eingangstür stand, wurde ihm bewusst, dass er mit den
Autoschlüsseln versuchte, die Haustür zu öffnen.
    Sofort nach seinem Eintritt rief er die Polizei an, die sich der
mysteriösen Angelegenheit angenommen hatte. Von Nanette hatte man schließlich
nur ein blutverschmiertes Kleid gefunden. Die Suche nach ihr war aufgenommen
worden.
    Von einem Beamten erfuhr er, dass man bisher noch nicht den geringsten
Hinweis gefunden hatte. Sobald man etwas Neues erfuhr, würde er Bescheid
erhalten. Schwer ließ Luison den Hörer auf die Gabel zurückfallen.
    Er warf einen Blick hinaus auf die Terrasse, der sich ein ausgedehnter,
gepflegter Garten anschloss.
    Ihm wurde bewusst, dass bis zu diesem Augenblick noch keiner der zehn
Diener und Dienerinnen, die es im Hause gab, aufgetaucht war. Einer hatte immer
Dienst, um selbst zu nachtschlafender Zeit den heimkehrenden Herrschaften noch
zur Hand zu gehen.
    Gerard Luison löste den oberen Kragenknopf. Ihm wurde mit einem Mal heiß.
    Er ging durch das ganze Haus und rief verschiedene Namen. Niemand meldete
sich. Da lief er zum Seiteneingang, durch den die Angestellten das Haus
betraten. Hinter der Tür folgte ein schmaler Durchlass, der zu dem flachen,
unmittelbar hinter der Garage liegenden Gebäude führte, in dem die
Hausangestellten wohnten.
    Die Zimmer lagen in völliger Dunkelheit.
    Zu seiner Überraschung fand Gerard Luison sämtliche Türen zu den
ebenerdigen Zimmern nur angelehnt.
    »Kono? Damany? Aly? Zambo?« Er rief die Namen, stürzte in die Zimmer und
knipste das Licht an. Die Schlafstellen waren unberührt. Die Zimmer waren leer . Kein Diener war im Haus.
    Luison fühlte, wie seine Hände zu zittern anfingen. Der Schweiß stand auf
seiner Stirn.
    »Es ist nicht wahr – es kann nicht wahr sein«, kam es über

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