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022

Titel: 022
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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lange genug geblieben, um diese durchzuführen. Nun war Mary de Nantes beerdigt, und William hatte ihren Tod einer Krankheit und nicht einer Vergiftung zugeschrieben.
    Unter vier Augen vertraute Roger Eleanor an, dass er glaubte, Williams Bereitschaft zum Bleiben sei mit seinem Wunsch verbunden, frische Truppen für den Krieg mit Frankreich von Gilbert zu fordern. Und genau das hatte der Herzog getan.
    Sobald die Arbeiter anfingen, die Fliesen in den Fußboden der Kapelle wieder einzufügen, waren Herzog William und sein Gefolge zum Aufbruch bereit. Aus einer Ecke des Hofes sah Eleanor traurig zu, wie Roger sich auf die Abreise vorbereitete.
    Der bitter enttäuschte Prinz Henry bahnte sich seinen Weg durch die versammelten Lehnsmannen, um sich von ihr zu verabschieden. Wie sein Vater trug er ein Kettenhemd, eine kurze Tunika aus feiner roter englischer Wolle und einen schlichten braunen Umhang. Anders als sein Vater war er barhäuptig, und sein braunes Haar wurde vom Wind zerzaust.
    „Demoiselle." Er blickte zu der Stelle, wo Roger auf seinem Pferd saß. „Ich möchte ungestört mit dir reden, ehe ich gehe."
    Sie nickte und folgte ihm ein Stück von den anderen Anwesenden foxt. Er zog sie um die Ecke der Waffenschmiede und ergriff ihre Hände. Aus seinen braunen Augen sprach ehrliches Mitgefühl und Bedauern.
    „Ich habe viel zu sagen, Demoiselle, und wenig Zeit, um es zu äußern. Es war meine Absicht, ehe deine Mutter starb, deinen Vater um deine Hand zu bitten. Jetzt sagt der Herzog, dass ich warten muss, und du seist dort, wohin du gehst, sicher genug.
    Ich müsse mir keine Sorgen machen. Du bist sehr jung, Demoiselle Eleanor, aber ich werde dich nicht vergessen. Ich hege immer noch die Hoffnung, dass dein Vater dazu
    gebracht werden kann, dich eines Tages wieder in seinem Haushalt aufzunehmen."
    Sie starrte Henry erstaunt an. Er hatte soeben bestätigt, dass sie seine Braut hätte sein können, die Braut des jüngsten - und besten - Sohnes des Herzogs der Normandie.
    Sein Gesicht war ernst, und sein Ton klang gemessen, als er sagte: „Wenn du dein Gelübde als Braut Christis nicht ablegst, kannst du vielleicht eines Tages doch noch heiraten."

    „Henry!" Der Eroberer hatte seinen Sohn gerufen.
    „Darf ich ein Andenken mitnehmen, Demoiselle? Etwas, das mich an deinen Liebreiz und deine Schönheit erinnert?"
    Sie löste einen hübschen Kamm aus ihrem Haar. „Ich habe nichts anderes bei mir, Prinz Henry. Es ist bestenfalls ein ärmliches Andenken, doch du sollst es haben."
    „Henry! Bei den Minnemalen Christi, Junge! Es wird spät."
    „Kannst du lesen?"
    „Ja."
    „Gut. Ich werde dir Briefe schreiben und sie mit Rogers Boten zusenden." Henry verstaute den Kamm in dem Beutel, der an seinem Gürtel hing. „Viel Glück, Eleanor."
    Roger ritt um die Ecke, als Henry sich verabschiedete. Er beugte sich so weit vor, wie er wagen konnte, und streckte die Hand nach Eleanor aus. Sie ergriff sie und stieg in den Steigbügel, um für einen letzten Kuss an Rogers Gesicht zu gelangen. Roger drehte sich genau in dem Moment um, als sie mit den Lippen seine Wange streifte, und deshalb berührten sich ihrer beider Lippen.
    „Viel Glück, Lea."
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3. KAPITEL
    Eleanor fröstelte, als sie mit den Füßen auf dem kalten Steinboden nach den Pantoffeln suchte. Es war noch dunkel, und die Glocken hatten noch nicht einmal geläutet. Dennoch war sie bereits in die Räume der Äbtissin gerufen worden mit der Anweisung, sich unterwegs nicht zu vertrödeln. Ablehnung und Widerstand im Herzen, ging sie über den leeren Hof. Ihr schweres Holzkreuz baumelte lose auf der Brust und schlug ihr beim Gehen gegen die schmerzenden Rippen.
    Derweil sie den schweren Eisenring anhob, um zu klopfen, überraschte es sie, die Stimme eines Mannes aus dem Inneren zu vernehmen. Die Vorahnung von etwas Schrecklichem erfasste sie. Ein Bote, der sie zu dieser Stunde sprechen wollte, konnte nur bedeuten, dass er eine Todesnachricht brachte. Ihr erster Gedanke galt Roger. Die Eichentür schwang auf, so dass sie in den dämmrigen Raum gehen konnte. Die Augen der Äbtissin waren rot gerändert, und sie schien nur mit Mühe die Tränen zurückhalten zu können.
    „Du hast lange genug gebraucht", begrüßte sie Eleanor säuerlich.
    Eleanor erwies ihr hastig die Ehre, ehe sie erwiderte: „Ich habe geschlafen, Hochwürdige Mutter. Wäre es dir lieber gewesen, ich wäre im Nachtgewand und unordentlich vor dir erschienen?"
    Die Hand der alten Frau traf mit
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