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022

Titel: 022
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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dich fortschicken. Sie hat verlangt, dass Gilbert eine Geste der Buße macht, etwas tut, das ihrem Seelenheil dienlich ist, und diese Geste betrifft dich." Roger hielt inne und starrte das Mädchen an, das so schnell eine schöne Frau sein würde.
    „Du wirst der Heiligen Mutter Kirche geweiht."
    Eleanor war erschüttert. Das konnte nicht sein. Sie, die vielleicht sogar eine Zukunft als Braut eines Prinzen hatte - sie sollte Nonne werden. Sie, die nur zur Kirche ging, weil man es von ihr erwartete, und die bei der Messe ihre Aufmerksamkeit abschweifen ließ? Nein, das konnte nicht sein.

    „Sieh mich an." Roger drehte ihr Gesicht zu sich hin. „Du wirst bald gerufen werden, um von Gilbert das zu erfahren, was ich dir soeben mitgeteilt habe. Versuch, den Anschein zu erwecken, es zu akzeptieren."
    „Welche Wahl habe ich?" fragte Eleanor bitter. „Ich bin in dieser Familie ebenso wenig willkommen wie du. Oh, Roger, deinetwegen konnte ich als Kind das alles ertragen, aber jetzt werde ich nicht einmal dich haben."
    „Nein, Lea, du wirst mich immer haben. Ich werde immer dein Streiter sein." Er sah Kummer und Verwirrung sich in ihrer Miene spiegeln und versuchte eine Erklärung:
    „Jetzt habe ich noch nicht die Mittel und auch nicht die Kraft, um etwas für dich zu tun, doch die Zeit wird kommen, wenn ich dich von dort befreien werde, wohin Gilbert dich schicken wird. Es gibt Dinge, die ich dir nicht erzählen kann, Dinge, die ich nicht wage, dir jetzt zu sagen, die jedoch alles für dich und mich verändern können, Lea. Vertrau mir, und denke daran, dass ich zu dir kommen werde, sobald ich das kann."
    „Wann? In Tagen? In Monaten? In Jahren? Oh, Roger, ich kann es nicht ertragen. Ich werde da alt werden und sterben."
    „Hör zu, Lea, ich habe dir gesagt, dass ich dich dort herausholen werde, und das werde ich tun." Er suchte nach einer Möglichkeit, sie davon zu überzeugen, dass noch nicht alles hoffnungslos war. „Hier." Er zog sie mit sich hinter den Altar. Er griff in das Podest der Christusstatue und zog ein kleines goldenes Kästchen heraus. „In diesem Kasten liegt die Reliquie einer Heiligen, der heiligen Katharina, wie ich denke." Er kniete sich vor Eleanor auf die Fliesen und drückte ihr das Kästchen in die Hände. „Ich, Roger, FitzGilbert genannt, schwöre auf diese heilige Reliquie, dass ich Eleanor de Nantes' Streiter sein, ihre Anliegen zu den meinen machen und ihr Gerechtigkeit widerfahren lassen werde, ja, bis an das Ende meines Lebens."
    „Roger! Das kannst du nicht! Das darfst du nicht! Es ist Blasphemie, etwas zu schwören, das man nicht einhalten kann!"
    „Nein, Lea, ich habe es getan, und ich werde den dir geleisteten Eid halten."
    „Aber du bist durch einen solchen Eid an mich gebunden!"
    „Ja. Ich werde Lehnsherren haben und meinem Souverän einen Eid leisten, doch in erster Linie gilt meine Loyalität dir." Roger nahm das Kästchen und stellte es in die Nische unter der Statue zurück. „Es ist also wichtig, dass du keine Nonne wirst. Man wird dich bedrängen, dich plagen und beschwören, bis du dein Gelübde ablegst.
    Lege es nicht ab, selbst wenn man dich für deine Weigerung bestraft. Es wird hart sein, Lea, aber solange du Laie bleibst, hast du die Freiheit, eines Tages fortzugehen, wenn Gilbert oder dein Vormund dir das befiehlt."
    „Und wenn ich nicht fortgehen kann?"
    „Nein, Lea, du wirst fortgehen."
    Sie nickte bedächtig. Irgendwo in der dunklen Zukunft gab es einen Hoffnungsschimmer, der ihren Weg erhellte. „Roger", sagte sie ruhig, „ich werde dir einen Eid leisten."
    Er lächelte, während er aufstand und sich die Knie abstaubte. „Noch nicht. Du bist zu jung, um schon zu wissen, was du willst, und ich will nicht, dass du etwas versprichst, das du vielleicht nicht tun willst. Wenn du älter bist, werde ich dir mehr erzählen und dich entscheiden lassen." Er betrachtete Eleanors Gesicht und rieb ihr eine Träne von der Wange. „So. Wir gehen besser zurück, ehe Gilbert nach dir schickt."
    Gräfin Mary wurde unter dem Fußboden der Kapelle zur letzten Ruhe gebettet. In Anbetracht der befremdlichen Umstände ihres Todes wurde ihr Begräbnis zu einer hastigen Angelegenheit, die einem Kunsthandwerker kaum die Zeit ließ, ihr Ebenbild in Wachs zu formen. Die meisten Mitglieder des Adels, die sich zum Fest versammelt hatten, waren gleich nach dem Tod der Burgherrin abgereist. Einige ihrer Angehörigen hatten eine Untersuchung durch den Herzog verlangt, und er war
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