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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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hätte noch mehr gesagt, doch Henry nickte. „Verlass uns, Demoiselle, und ich werde deinem Bruder alles erklären."
    Roger konnte akzeptieren, dass alles so gewesen war, wie Henry es ihm berichtet hatte. Gerda und der Page hatten bestätigt, wie krank Eleanor gewesen war.
    Dennoch war Roger nicht darauf vorbereitet gewesen, was er fühlen würde, wenn er Eleanor in Henrys Armen sähe. Er zweifelte nicht an ihrer Schuldlosigkeit, doch es ärgerte ihn im Nachhinein, ihre Reaktion auf einen anderen Mann gesehen zu haben. Einen kurzen Moment lang hatte er seinen Lehnsherrn töten wollen. Und er hatte sie von Henry wegreißen und sie zu seinem Bett zerren wollen. Wenn sie etwas von einem Mann über die Liebe lernen wollte, dann wollte er dieser Mann sein.
    „Ich wollte sie nicht entehren", sagte Henry. „Ich schätze deine Freundschaft und deine Dienste höher als mein Bedürfnis nach dem Mädchen. Und ich werde dir weiterhin helfen, deine Schwester aus Rouen zu schaffen. Sobald du sie in Sicherheit gebracht hast, wäre es weise, einen Ehemann für sie zu finden."
    „Das habe ich vor, auch ohne Gilberts Segen."
    „Du lieber Himmel! Ich wünschte, ich wäre der Mann, der sie haben könnte. Ich beneide denjenigen, der sie bekommt." Henry seufzte. „Ich denke, ich sollte morgen nach Rennes Weiterreisen, falls Gilbert von dieser Sache hört."
    „Ja, ich halte es für das Beste", stimmte Roger zu. „Und ich denke, ich werde mit dir ziehen. Je länger ich in Nantes bin, desto größer wird das Risiko, dass meine Pläne ans Licht kommen."
    „Aber ich dachte, du würdest deine Schwester nach Rouen eskortieren."
    „Lass Gilbert das tun. Je weniger ich in ihrer Gesellschaft bin, bevor wir fliehen, desto besser für alle Beteiligten." Roger ahnte, dass Henry diesen Standpunkt missbilligte. „Bestimmt kann herzlich wenig passieren, wenn die beiden sich auf den Straßen des Herzogs halten."
    „Ich weiß nicht", erwiderte der Prinz bedächtig, „denn zu viele Leute halten meinen Bruder für schwach. Ich würde meine Schwester eher in Begleitung einer alten Frau als in Gilberts reisen lassen. Der Graf ist eine Memme."
    „Heilige Jungfrau Maria!" fluchte Roger leise. „Wer würde wagen, Belesmes zukünftige Gattin zu belästigen?"
    „Die Sache ist, dass nicht sehr viele Leute über den Ehekontrakt Bescheid wissen", erinnerte Henry den Freund.
    „Dann soll Gilbert es allen mitteilen", erwiderte Roger gereizt. „Wenn dir nichts an meiner Gesellschaft liegt, werde ich zu meinen Ländereien reiten, aber hier kann ich nicht bleiben."
    „Tu, was du willst." Henry zuckte mit den Schultern. „Du magst mich für einen Schwarzseher halten, weil ich mir Sorgen mache, indes bist du mir mehr als willkommen, wenn du mit mir reiten willst."
    Nachdem Roger sich auf seinem Lager ausgestreckt hatte, starrte er lange in die Dunkelheit, dachte an Eleanor und versuchte, seine ihn quälenden Gedanken zu ordnen. Alle seine Hoffnungen ruhten auf seinem Plan, Eleanor aus Rouen zu schaffen, und er wagte nicht, sich ihr anzuvertrauen. Aber je öfter er sich in ihrer Gesellschaft befand, desto schwerer war es, sich nicht zu verraten. Der Plan war so, wie die Dinge lagen, schon verrückt genug, auch ohne das Risiko weiterer Komplikationen, und so viel hing von seinem Gelingen ab. Doch wenn alles gut verlief, würde Lea bald genug in Sicherheit sein, und dann würden sie ein Leben lang zusammen sein.
    „Ich lasse dich nicht im Stich, Lea. Das schwöre ich", flüsterte er in die Stille der Nacht.
    Angelockt von den lauten Stimmen der sich streitenden Männer, stieg Eleanor zum Gemach des Vaters hinauf. Ihr Herz klopfte heftig, als sie merkte, dass Gilbert und Roger sich darüber stritten, dass der Bruder sie nach Rouen begleiten sollte.
    „Ja, lass mich wieder im Stich, noch einmal!" schrie Gilbert. „Welchen Nutzen hast du für mich, wenn ich nicht wagen kann, mich auf dich zu verlassen?" Roten Gesichts wandte er sich ab und murmelte: „Ich habe dich anerkannt, aber du weigerst dich, mir zu Diensten zu sein."
    „Ja", antwortete Roger kalt. „Du vergisst, dass du es warst, der mich bei Ancennes im Stich gelassen und mich und meine Männer für dein Anliegen dem Tod preisgegeben hat. Dreißig meiner besten Männer sind umgekommen, nachdem du geflohen bist, Gilbert. Sprich mir nicht von Im-Stich-Lassen."
    Die beiden Männer wurden sich gleichzeitig des weißgesichtigen Mädchens bewusst. Gilbert wies auf Roger, während er zu Eleanor sagte:

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