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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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ausgesprochen hatte. In den Jahren des Dienstes bei Roger hatte er Demoiselle Eleanor nie anschauen können, ohne sich wie ein Narr vorzukommen. Sie hatte wirklich etwas an sich, das alle Männer zu Narren zu machen schien, selbst ihren Bruder.
    Ihr Lachen klang angenehm. „Heute bin ich mehr ein Albtraum als eine Vision, Auberv. Sieh dich an. Du bist derjenige, der so wohlgestaltet ist wie ein Engel. Ich wette, jede Maid in diesem Kastell beneidet mich, weil ich mit dir rede."
    Erleichtert richtete Aubery sich auf und schaute Eleanor an. „Wie kann ich dir dienlich sein, Demoiselle?" fragte er respektvoll.
    „Ich möchte wissen, wo Roger ist." Impulsiv legte sie Aubery die Hand auf den Arm. „Sag mir, stimmt etwas nicht mit ihm? Wirkt er anders auf dich?"
    „Ja." Aubery blickte zu Boden, unsicher, ob er mit ihr über seinen Herrn reden solle.
    „Ja. Er ist wie ein Besessener, und dos ist er, seit er dich in Fontainebleau aufsuchte.
    Er will dich in Sicherheit wissen, Demoiselle. Ich befürchte, er denkt kaum an etwas anderes."
    „Wo ist er jetzt?"
    „In der Kapelle."
    „Danke, Aubery." Eleanor raffte die Röcke und schlug den Weg über die unebenmäßigen Kopfsteine des Hofes zur Kapelle ein. Der Knappe sah ihr hinterher und schüttelte den Kopf. Die beiden waren ein eigenartiges Paar - sein Herr und Demoiselle Eleanor.
    Sie traf Roger allein an. Offenbar hatte er seine Gebete beendet, denn sie konnte ihn nur noch flüstern hören: „Und schlage es diesem hungrigen Herzen nicht ab, o Herr", ehe sie neben ihm auf die Knie sank. Überrascht schaute er sie an und wandte dann die Augen ab.
    „Wie lange bist du schon hier?" fragte er ruhig.
    „Ich bin soeben eingetroffen."
    Er schien erleichtert zu sein. „Lea, es ziemt sich nicht, einen Mann bei seinen Gebeten zu stören", tadelte er sie. Aber er lächelte sie mit seinen strahlend blauen Augen an. Ihre Stimmung hob sich. „Hat jemand dich hier hergehen gesehen?"

    wollte er wissen.
    „Nein, das glaube ich nicht. Warum?"
    Er schaute sich um und vergewisserte sich, dass er mit ihr allein war, ehe er antwortete: „Wir müssen uns unauffällig verhalten, Lea, bis diese Sache erledigt ist.
    Wir können nicht unsere Gesellschaft genießen, wie wir das gern möchten, denn wie soll ich sonst Gilbert und Courteheuse davon überzeugen, dass ich dich zu Belesme ziehen lassen will? Niemand, der dich so liebt wie ich, könnte zulassen, Lea, dass Belesme dich bekommt."
    „Aber du hast kaum mit mir geredet", wandte sie ein.
    „Ja. Du musst daran denken, dass die meisten Geschwister einander recht gleichgültig sind. Denk nach. Die Zuneigung, die wir füreinander empfinden, ist so offenkundig, dass selbst der Herzog mich vom Hof entfernt wissen wollte, während er
    über diese Heirat verhandelte. Lea, wenn ich zu deiner Verlobung in Rouen sein soll, muss ich den Anschein erwecken, dass ich sie akzeptiere."
    „Oh."
    Roger ergriff und drückte ihre Hände, lächelte und bat gleichzeitig: „Vertrau mir, Lea."
    „Roger, so lange ich weiß, dass du mich liebst, werde ich tun, was du von mir verlangst."
    Ihre Finger waren warm und schlank. Es kostete ihn Mühe, sie nicht an sich zu ziehen und ihr an Ort und Stelle die Wahrheit zu sagen. Stattdessen wandte er den Blick ab, um die ungeheure Sehnsucht zu verbergen, die er empfand. „Ich liebe dich zu sehr, Lea."
    In bester Laune kehrte Eleanor in das Solar zurück, überzeugt, sicher und geborgen zu sein. Impulsiv ließ sie sich das Kleid bringen, das die Näherinnen soeben fertig gestellt hatten, denn die strahlende Farbe entsprach ihrer Stimmung. Frühzeitig begab sie sich in ihrem neuen Kleid zur Großen Halle. Als sie den Gang zwischen dem Wohntrakt und der Halle betrat, fand sie, er sähe noch so aus wie vor all den Jahren, als Gilbert ihn für diesen fatalen Maitag hatte frisch anstreichen lassen. Sie erreichte die Stelle, wo Belesme sie belästigt hatte, und blieb stehen. Hier hatte er ihr angekündigt, dass er ihr Geschick und das ihrer Familie in seinen Händen halten würde. Wer hätte damals seine Gabe der Voraussicht ahnen können?
    „Bei den Minnemalen Christi, Lea! Wohin willst du so aufgeputzt?"
    Sie wirbelte herum und sah Roger vor sich. Seine Augen leuchteten auf, als er sie betrachtete, und dann furchte er die Stirn. Unerklärlicherweise verletzte und verärgerte sie sein verändertes Mienenspiel. „Ich gehe zum Essen, Bruder", antwortete sie.
    „Nein, das denke ich nicht." Seine Hand berührte den

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