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benutzen konnte.
„Wie hast du den Comte de Belesme zurückgelassen?" wandte der Herzog sich an Roger. „Wann können wir ihn in Rouen erwarten?"
„Es geht ihm gut, und ich erwarte ihn innerhalb der nächsten zwei, drei Tage. Die Dauer der Verzögerung hängt davon ab, wie schnell Fuld Nevers stirbt."
Der Herzog der Normandie bekreuzigte sich hastig. „Gott helfe seiner armen Seele", murmelte er.
„Fulds oder Roberts?" fragte sein Schwager, der Comte de Blois. „Falls du von Belesme redest, vergeudest du deinen Atem, denn ich bezweifele, dass er eine Seele hat."
„Du vergisst, warum wir hier sind." Robert Courteheuse furchte die Stirn und wies mit kurzem Nicken auf Eleanor. „Kein Zweifel, die Maid ist ohnehin schon allzu aufgeregt."
Stephen de Blois schüttelte den Kopf. „Das Mädchen ist eine Schönheit, und es tut mir Leid ob der Dinge, die du und ihr Vater ihr antun wollt."
„Wir machen sie zur Gräfin."
„Du meinst, zur Königin der Hölle." Sein Blick verweilte auf Eleanor, derweil sie sich vom Pferd herunter mit Prinz Henry unterhielt. „Sie wird die Männer in Erregung versetzen, so dass Belesme in seiner Eifersucht entweder sie oder die Männer töten wird."
„Meine Schwester beobachtet dich", sagte Courteheuse warnend.
„Lass sie." Stephen zuckte mit den Schultern. „Ich werde ihr kaltes Verhalten in meinem Bett langsam leid, und ich habe bereits meinen Erben."
„Nun, ich würde kein Auge auf Belesmes Verlobte werfen."
„Nein, ich bin kein Narr." Stephen beugte sich am Herzog vorbei und sagte zu Roger:
„Da wir gerade von der lieblichen Marie sprechen, FitzGilbert, welches Interesse hast du in dieser Hinsicht?" Er hatte so leise gesprochen, dass weder Eleanor noch Henry ihn hatten hören können.
„Überhaupt keins, Sieur."
Stephen schien erleichtert zu sein. „Das habe ich mir gedacht, war jedoch nicht sicher. Es wäre mir verhasst, dich durch Rannulfs Zorn zu verlieren. Er bewacht Marie gut."
„Dann pass selbst gut auf dich auf", erwiderte Roger.
„FitzGilbert erteilt kluge Ratschläge." Courteheuse nickte. „Und Adela wird nicht dulden, dass eine Dame ihres Hofstaates in eine Tändelei verwickelt wird." Er schaute sich um und bemerkte, dass sowohl FitzGilberts als auch seine eigene Eskorte aufgesessen waren, bereit, Eleanor de Nantes' offiziellen Einzug in Rouen zu begleiten. Er gab seinem Herold ein Zeichen, der daraufhin das Signal zum Aufbruch gab. Die Kolonnen formierten sich und zogen langsam und gemessenen Schritts auf die offenen Stadttore zu.
Rouen, eine große und alte Stadt, war von den Römern einige Jahrhunderte zuvor erbaut worden. Die Aufregung, in der Hauptstadt des Herzogtums zu sein, übertrug sich sogar auf Eleanor, während die Kavalkade sich durch die engen, von hohen Häusern gesäumten Straßen schlängelte. Zu Ehren ihrer Ankunft hatte Courteheuse befohlen, dass Flaggen aus den Fenstern gehängt wurden und große Banner, auf denen das Gold von Nantes und das Grün von Belesme kombiniert waren, von eigens errichteten Flaggenmasten flatterten.
Die neugierigen Stadtbewohner lehnten sich aus Fenstern, um das Mädchen zu sehen, das ausgewählt worden war, Robert de Belesmes Gemahlin zu sein.
Eleanor winkte, bis ihr von der Anstrengung die Schulter wehtat, und die Bewohner der Stadt schienen sie ins Herz geschlossen zu haben. Der Anblick der schönen Braut, die alsbald zu einem Leben an der Seite von Robert de Belesme verdammt sein sollte, rührte die Leute. Ungefähr auf halbem
Weg durch die Stadt bemerkte jemand den stattlichen blonden Ritter, der in seiner glänzenden Rüstung und dem Waffenrock aus blauem und grauem Stoff ihr zur Seite ritt. In die Schreie „Demoiselle! Demoiselle!" mischten sich die Rufe „FitzGilbert!
FitzGilbert!"
Henry, der an Eleanors anderer Seite ritt, brüllte ihr durch den Lärm der Menschenmenge zu: „Die Leute erinnern sich an deinen Bruder, weil er meinen Vater in Mantes verteidigt hat."
Vor Henry und Eleanor reitend, furchte Courteheuse die Stirn und hörte zu winken auf. Es war eine Sache, wenn die Stadtbewohner einem Mädchen, das Belesmes Gattin werden sollte, das Herz öffneten, doch eine ganz andere, diese Leute dem niedrig geborenen Roger FitzGilbert zujubeln zu hören. Er trieb sein Pferd an und ritt schneller zum Herzogspalast. Das gesamte Gefolge schloss sich seinem Tempo an, bis es schließlich die letzte Viertelmeile dahinpreschte.
Sobald man auf dem Palasthof war, ließ der Herzog die
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