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022

Titel: 022 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Flucht vor dem Teufel
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Zügel fallen und saß rasch ab. Er stieß Henry und Roger beiseite und streckte die Hände aus, um Eleanor beim Absitzen zu helfen. Derweil er sie auf die Füße stellte, lächelte er dünnlippig und sagte zu ihr: „Du kannst nicht behaupten, Demoiselle, dass die ganze Normandie dich nicht gern hat."
    „Ich wünschte, du würdest nicht wie ein Tier im Käfig umherrennen, Demoiselle", tadelte die Herzogin der Normandie Eleanor nachsichtig, „denn der Bräutigam wird herkommen, ob du das willst oder nicht." Sie stieß die Nadel in den Wandbehang, an dem sie arbeitete, zog den Seidenfaden durch, machte geschickt einen Knoten und riss den Faden ab. „Es ist das Los einer Frau, das zu nehmen, was ihr Vater ihr gibt."
    Eleanor kehrte vom Fenster zurück und seufzte. Kaum eine Stunde zuvor war ein Page der Herzogin eilig mit der Neuigkeit in das Solar gekommen, dass Robert de Belesme sich der Stadt nähere und vor Anbruch der Nacht eintreffen werde. Die Hofdamen der Herzogin betrachteten Eleanor mit einer Mischung aus Mitleid und Belustigung. Marie de Coutances ging an ihre Seite und legte ihr zaghaft die Hand auf den Arm.
    „Wir könnten Schach spielen, oder wir könnten im Garten spazieren gehen, wenn du das möchtest."
    „Mir ist es gleich, was wir machen", erwiderte Eleanor seufzend.
    Marie ging die Steine holen, die in einer Ecke des Frauengemachs der Herzogin auf einer niedrigen Truhe lagen. Sie kehrte zurück und stellte das Spiel auf einen kleinen Tisch, legte Seidenkissen auf den Fußboden und winkte die rastlose Eleanor zu sich.
    Die beiden Mädchen nahmen ihre Plätze ein und begannen zu spielen.
    Im Allgemeinen eine recht gute Spielerin, ließ Eleanor jedoch die Gedanken zu oft abschweifen und verlor. Schließlich schob Marie das Brett zur Seite. „Demoiselle Eleanor, es wäre nicht recht, weiterzuspielen. Komm., lass uns in den Garten gehen."
    Eleanor fand es unmöglich, so sehr sie sich auch bemühte, die liebliche Marie nicht zu mögen. Das Mädchen, das mindestens drei Jahre jünger war als sie, hatte einen wachen Verstand und ein nettes Wesen. Maries größte Torheit schien die offene Bewunderung Roger FitzGilberts zu sein, eine Leidenschaft, die sie zum Ziel spöttischer und scherzhafter Bemerkungen einiger anderer Damen machte. Es war offenkundig, dass sie nicht die Einzige war, die Roger Zuneigung entgegenbrachte, aber sie war weniger imstande, ihre Gefühle zu verbergen, als andere Damen. Und Eleanor vermutete, dass einige der boshaften Äußerungen auf Eifersucht auf die Schönheit des Mädchens zurückzuführen waren. Mit dem langen, seidigen hellblonden Haar, den großen blauen Augen, der zarten, durchscheinenden Haut und der beinahe königlichen Haltung war Marie de Coutances eine Frau, die von den Männern bei Hofe sehr bewundert wurde. Eleanor nickte ihr zu. „Ja, ich brauche frische Luft."

    „FitzGilbert wird nicht dort sein." Prinzessin Adela, die neben der Herzogin saß, hatte das gesagt. „Er ist heute Morgen mit meinem Bruder Henry irgendwo hingeritten."
    „Beachte sie nicht", flüsterte Eleanor, während sie Marie aus dem Frauengemach folgte. „Er wird vor dem Abendessen zurück sein."
    „Nein, es ist mir gleich, was sie sagt. Es gefällt ihr, Leuten Unbehagen einzuflößen, und selbst ihre Brüder mögen sie
    nicht. Ich kann es kaum erwarten, dass sie und ihr Gemahl nach Blois zurückkehren und ihre Brut mitnehmen."
    „Er sieht viel zu gut aus, um mit einer so herbgesichtigen Person verheiratet zu sein", bemerkte Eleanor.
    „Ja, aber er hält sich für anziehender, als er ist. Ich mag dunkelhaarige Männer nicht."
    „Ich gebe zu, dass auch ich ihn nicht sehr mag, aber ich kenne ihn kaum."
    Man ging einen langen Korridor mit Quaderwänden zu einer Tür entlang, die in den geräumigen Garten führte, wo Blumen und Büsche zwischen den Plattenwegen geometrische Muster bildeten und in der Mitte die für die herzogliche Küche bestimmten Kräuter in einem von Ziegelsteinen eingefassten Beet wuchsen. Die Luft jetzt im Sommer war heiß und schwer, durchsetzt von den sich mischenden Blumendüften.
    „Möchtest du laufen oder dich lieber hinsetzen?" fragte Marie.
    „Lass uns eine Weile sitzen." Eleanor fand eine Steinbank, setzte sich hin und breitete die Röcke aus, derweil sie Marie de Coutances Platz machte. „Du lieber Gott, ist das heiß."
    Eine Zeitlang redete keins der Mädchen über Belesme. Tapfer versuchte Marie, das Gespräch auf alles andere denn die Ankunft des

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