0223 - Rückkehr des Pharao
Spitzen der Speere über, floß an ihnen entlang und hüllte wie grünlohendes Elmsfeuer die Körper der Neger ein.
Die Schwarzen warfen die Waffen fort und wanden sich wie in Krämpfen. Schreiende Leiber zuckten auf dem hellen Steinfußboden. Die Dämonen im Inneren der Menschen, getroffen von der Macht des Amuletts, brüllten ihre Schmerzen durch die Kehlen der Menschen hinaus. Und schneller als sie eingefahren waren, entwichen sie wieder, stöhnende und schweratmende Menschen zurücklassend.
Ein direkter Angriff auf die Opfer, die ihnen der Priester gewiesen hatte, war für sie unmöglich. Sie hatten die Macht der Silberscheibe gespürt und waren geflohen, noch ehe die Kraft des Amuletts sie richtig traf.
Und sie wußten, daß sie einen direkten Angriff auf den Herrn des Amuletts bei Gefahr ihrer Existenz nicht mehr wagen durften. Aber - was sie nicht selbst in den Körpern anderer Menschen vollbringen konnten, dazu konnten sie doch andere anstiften.
Am Erkalten der Silberscheibe merkte Professor Zamorra, daß sich das Böse zurückgezogen hatte. Die verfluchten Geister waren aus dem Tempel entwichen und schwebten durch die Straßen und Gassen von Theben, schwirrten über die große Allee der widderköpfigen Sphinxe und schwebten über den Plätzen.
Und Raubvögeln gleich fuhren sie in das Innere der Menschen.
Die Menschen, von denen die Dämonen Besitz ergriffen, zuckten zusammen wie mit einem Gluteisen berührt. Der Arzt vergaß seine Gedanken an die Patienten, der königliche Baumeister hob seinen Kopf von den Plänen des gigantischen Tempels, den Ramses in der Nähe des Tales der Könige zu errichten befohlen hatte. Der Töpfer vergaß das Drehen der Töpferscheibe, und der Jüngling hielt in seinen Liebkosungen inne, obwohl sich das Mädchen aus dem Hafen lockend in seinen Armen drehte.
Und in alle drangen die Rachegeister, ergriffen Besitz von den Menschen von Theben. Alles Sinnen und Trachten, was den Menschen noch gerade im Kopf herumgegangen war, wurde verdrängt.
Sie hörten nur noch die Flüsterstimmen der Dämonen.
»Frevel! Gottesfrevel!« setzte es sich in den Menschen fest. »Fremde erschlugen den lebendigen Sobek. Sie verschmähten die Ehre, die Gemeinschaft mit dem Gotte einzugehen! - Eilt! -Lauft! - Zum Tempel! - Ergreift die Frevler…!«
»… zum Tempel… zum Tempel des Sobek!« röhrte es durch die Straßen und Gassen von Theben. Wild gestikulierend und mit rollenden Augen kreischten die Besessenen ihre Botschaft hinaus. Passanten wurden aufmerksam.
Ein Gott ist tot - Fremde haben einen Gott des Nillandes getötet - den Vater des Stromes - die Gemeinschaft der Unsterblichen wird die Schale des Zorns über Ägypten leeren, wenn dieser Gottesfrevel nicht gesühnt wird.
Aufruhr brandete in den Straßen der alten Pharaonenstadt. Biedere Kaufleute wurden zu tobenden Anführern. Steinmetze, Lastenträger und Fischausweider aus dem Hafen - alle Arten von Menschen rotteten sich zusammen. Und über dem Gebrüll der Masse, die ihrer Empörung Luft machte, gellten die Schreie der Besessenen:
»Zum Tempel! - Zum Tempel des Sobek! Zerreißt die Frevler mit euren Händen! - Tötet sie…!«
Und geführt von den Menschen, in denen teuflische Dämonen rasten, wälzte sich der bunte Zug der wimmelnden Menge durch die engen Gassen zum Heiligtum des toten Götzen.
***
»Dein Gott, zu dem du rufst, muß sehr mächtig sein, Zamorra!«, sagte Thutmosis beeindruckt. »Nie hätte dich Osiris, Ptha oder auch Horus vor den Speeren bewahrt!«
»Teufel waren in ihnen!« versuchte der Parapsychologe zu erklären. »Dämonen. In meinem Amulett wohnt das Gute…!«
»Du wirst mir im Palast mehr von deinem Gott erzählen müssen!« sagte Thutmosis. »Ich will ihn kennenlernen… will ihn sehen… will seinen Namen wissen… halt… was ist das?«
Wie die Brandung des Meeres hörten sie aus den halb geöffneten Türen, durch die die Mehrzahl der Priester entwichen war, das Summen und Brummen der sich näher wälzenden Menschenlawine.
»Ein Aufruhr! Die Priester haben das Volk aufgewiegelt!« erkannte Professor Zamorra die Situation fast richtig. »Gleich ist hier der Teufel los. Wir müssen weg…«
Thutmosis nickte verstehend. Einige schneidende Befehle brachten die Nubier dazu, Aufstellung zu nehmen.
»Zum Palast!« befahl der Prinz. »Ihr schützt uns mit den Speeren vor der Wut des Volkes!« Knurrlaute ließen ahnen, daß die Neger verstanden hatten. Sie verschwendeten keinen Blick mehr auf den
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