0223 - Sie würfelten um unser Leben
schön genug dazu. Eigentlich hätte ich wissen müssen, wann und wo die Fotografie, von der der Mörder sprach, aufgenommen worden war, aber ich konnte mich nicht erinnern. Ich schob diese Sache zunächst zurück.
»Okay, Gess«, sagte ich. »Die erste Hälfte hast du zugegeben. Ob du mich umlegen wolltest, oder ob du absichtlich vorbeigeschossen hast, das mögen die Richter entscheiden, obwohl ich fürchte, dass du es verdammt schwer haben wirst, ihnen deine menschenfreundlichen Absichten glaubhaft zu machen. - Sprechen wir jetzt über dieses unglückliche Mädchen, Lil Reeswen. - Warum solltest du sie töten? Hat dein Auftraggeber irgendeine Andeutung gemacht, aus welchen Gründen er sie beseitigt haben wollte?«
Der Berufsmörder wollte eine heftige Bewegung mit der Hand machen, aber seine Gelenke waren mit Handschellen an die Lehnen des Sessels festgeschnallt.
»Ich habe sie nicht umgebracht«, knirschte er wütend. »Du hast mir versprochen, dass du von dieser Sache nicht mehr sprichst.«
Ich schüttelte den Kopf. »Wir haben dir nichts versprochen, und du solltest wissen, dass mit dem FBI keine Geschäfte gemacht werden können. Der Mann gab dir also nicht nur mein Bild, sondern auch die Fotografie Lil Reeswens. Er nannte dir die Adresse und…«
***
Wieder ging das Verhör Stunden um Stunden weiter. Gess Sunder leugnete verzweifelt. Er wusste, dass ihn ein Geständnis des Mordes auf den elektrischen Stuhl bringen würde, und er wehrte sich mit allen Kräften.
Am späten Nachmittag, als wir alle, der Mörder so gut wie Phil und ich, am Rande unserer Kräfte waren, flog die Tür zu meinem Büro auf und im weißen Kittel stürmte James Wellington, der Leiter unserer Labors herein.
Er musterte Sunder mit einem raschen Blick.
»Ist das der Mann, den ihr des Mordes an Lil Reeswen beschuldigt?«, fragte er.
Ich antwortete mit einem Kopfnicken.
»Phil, bring den Burschen für einen Augenblick raus!«, bat Wellington.
Phil löste die Handschellen, nahm Sunder am Arm und brachte ihn auf den Flur. Sobald sich die Tür hinter beiden geschlossen hatte, sagte der Laborleiter: »Der Mann ist geliefert. Er hat das Mädchen getötet. Wir untersuchten den Totschläger in seinem Gepäck, und wir fanden winzige Spüren von Puder daran. Es ist der gleiche Puder, den das Girl benutzte.«
»Ist das sicher?«
»Absolut sicher. Ich nehme es auf meinen Eid.«
»Okay! Sage Phil bitte, er soll Sunder wieder hereinbringen.«
Wellington ging zur Tür, öffnete sie und machte eine sparsame Geste mit der Hand.
Phil brachte den Mörder herein. Sunder ließ sich auf den Stuhl fallen. Die Schellen schlossen sich um seine Handgelenke.
Ein oder zwei Minuten lang herrschte Stille im Raum. Gess Sunder drehte den Kopf und blickte von einem zum anderen. Er sah Wellington an, der mit den Knöpfen seines weißen Kittels spielte, dann Phil, der den Blick ruhig erwiderte, und schließlich mich.
Immer noch besaßen seine Augen diesen kalten Blick, der nichts erraten ließ. Obwohl seine Lippen zitterten, obwohl Schweißtröpfchen auf seiner Stirn standen, Sunders Augen waren immer noch eisig und ausdruckslos.
»Es ist zu Ende, Gess«, sagte ich langsam. »Auf dem Totschläger aus deinem Werkzeugkoffer wurden Spuren des gleichen Puders festgestellt, den Lil Reeswen benutzte. Dieses Ding war es, mit dem sie niedergeschlagen wurde, und du hast es getan, und du hast sie dann erdrosselt. Wenn irgendwas dich am elektrischen Stuhl vorbeibringen kann, dann ist es die Milde der Richter und dein Geständnis.«
Unsere Blicke hielten sich fest. Dann geschah es. Es war, als zerbräche eine Eisschicht. Plötzlich schrie die blanke Angst aus den Augen des Mörders.
»Ich… ich wollte es nicht tun, G-man«, stammelte er, »aber… du musst verstehen… der Mann, der mich zwang… ja, ich habe es getan.«
***
Ich wusste, dass es in Sunders Geständnis, als es unterschrieben vor mir lag, keine Lüge mehr gab. Wenn der Bann erst einmal gebrochen ist, dann verfügt kein Mann mehr über die Nerven, um in sein Geständnis kleinere oder größere Lügen hineinzumogeln.
Der Unbekannte, der Sunder für die Mordtaten anheuerte, hatte sich in jenem Telefongespräch damit empfohlen, dass er über Sunders frühere Aufträge genau Bescheid wusste. Die Begegnung in dem Blockhaus war genauso verlaufen, wie Sunder sie uns geschildert hatte. Den Namen und das Gesicht des Mannes kannte er wirklich nicht.
Wir vermochten die Frage nicht zu klären, ob jener
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