0223 - Sie würfelten um unser Leben
hatte, aber als ich den Meilenstein Nummer 12 erreichte, fuhr ich ein Stück darüber hinaus, parkte den Wagen auf dem rechten Straßenrand und ging zu Fuß zurück.
Ich fand den Feldweg, der gerade groß genug war, dass ein Wagen ihn befahren konnte. Links und rechts wucherte dichtes, fast undurchdringliches Gebüsch, aus dem einzelne, windschiefe Bäume ragten.
Ungefähr zwei Meilen musste ich laufen. Dann senkte sich das Gelände plötzlich, das Gebüsch hörte auf, und ich erhielt freien Ausblick auf das Meer. Etwa zweihundert Yards vor mir lag eine schmale Bucht, die links und rechts von vorspringenden Felsklippen geschützt wurde. In einem Abstand von zwanzig oder dreißig Yards von der Küste stand ein lang gestrecktes, einstöckiges weißes Haus, dessen Front dem Meer zugewandt war. In der Bucht an einer Anlegetonne schaukelte ein großes Motorboot, dessen Hilfssegelmast zersplittert und dessen Kajüte beschädigt war.
Ich ging auf das Haus zu. Der Garten, in dem es lag, war verwildert. Dem niedrigen Zaun fehlten eine ganze Anzahl Latten, und der Bau machte aus der Nähe einen ziemlich verkommenen Eindruck.
Ich klopfte an die Tür, da ich einen Klingelknopf nicht entdecken konnte. Niemand öffnete, und, offengestanden, spielte ich mit dem Gedanken an einen kleinen Einbruch, aber es schien mir nicht der richtige Zeitpunkt zu sein.
Ich ging zum Wasser. Es war hier nicht so klar, wie es an der Küste von Florida sonst ist. Wahrscheinlich war der Untergrund verschlammt.
Am Bug des Motorbootes stand der Name Windrose. Das also war der Kahn, mit dessen Hilfe Charles Ralligan Grace Lafort gerettet hatte. Ein halb zerbrochener Steg führte zur Anlegetonne. Ich balancierte hinüber und ging an Bord des Bootes.
Die Tür zu der Kajüte, unmittelbar neben dem Steuerstand war verschlossen, aber da die Fenster ja herausgebrochen waren, hätte ein Einstieg keine Schwierigkeiten gemacht. Ich war im Begriff, hineinzuklettern, als ich das Geräusch eines Automotors hörte.
Ich drehte mich um und sah den Kühler eines Wagens auf dem Feldweg aus dem Gebüsch auftauchen. Undeutlich sah ich die Umrisse des Fahrers hinter der Windschutzscheibe. Der Wagen stoppte, setzte sich aber wieder in Bewegung und verschwand hinter dem Gebüsch, als habe ihn eine große Hand zurückgezogen.
Ich turnte an Land zurück und lief an dem Haus vorbei auf den Feldweg zu. Als ich ihn erreichte, kam mir eine hohe Gestalt entgegen. Ich erkannte Charles Ralligan. Der Wagen stand in einem Dutzend Schritt Entfernung hinter ihm.
»Sie sind das, Agent Cotton!«, rief Ralligan. »Ich sah einen Burschen auf meinem Boot herumturnen und hielt ihn für einen Dieb.« Er lachte. »Ulkig, einen G-man für einen Dieb zu halten, nicht wahr?«
»Es kommt nicht so selten vor, wie Sie vielleicht glauben«, antwortete ich. »Warum sind Sie zurückgefahren?«
»Ich dachte Sie, bzw. der Dieb hätte mich noch nicht bemerkt, und ich wollte ihn überraschen. - Aber ich wundere mich, Sie hier zu treffen, Agent Cotton.«
»Es war nicht schwer, zu erfahren, wo Sie wohnen. Ich wollte Ihr Boot sehen.«
»Sie hätten mich fragen können«, sagte er nicht gerade freundlich.
Ich sah ihm gerade in die Augen.
»Das FBI nimmt auf gesellschaftliche Umgangsformen nicht immer die notwendige Rücksicht.«
Er stieß ein kurzes, hartes Lachen aus.
»Hören Sie, Mr. G-man«, sagte ?r. »Sie scheinen es als ein Verbrechen zu betrachten, dass ich Mrs. Lafort aus dem Wasser gezogen habe!«
»Nein«, antwortete ich knapp. »Das ist sicherlich kein Verbrechen. Das nicht. Auf bald, Mr. Ralligan.«
Ich schob mich an ihm vorbei, winkte mit der Hand und ging den Feldweg hinauf zur Straße zurück. An seinem Wagen musste ich mich wegen der Enge vorbeidrücken. Einige Äste des Gebüsches waren abgerissen. Es sah aus, als hätte sich hier jemand einen Weg in das dichte Gestrüpp gebahnt, aber es konnte auch sein, dass Ralligan das Zeug abgerissen und niedergetreten hatte, als er aus seinem Wagen stieg.
Ich ging zu meinem gemieteten Ford, wendete ihn und fuhr nach Miami zurück.
***
Ich saß in der Bar des Barracuda Hotels. Um mich herum wimmelten Touristen und Touristinnen. Während ich meinen Drink langsam schluckte, dachte ich über alles nach, was ich in den ersten zwölf Stunden in Miami festgestellt hatte.
Auf den ersten Blick schien es nicht viel zu sein. Harry Lafort war auf einer Bootsfahrt ertrunken. Der Sheriff und der Küstenschutz hatten die Angelegenheit untersucht.
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