0223 - Sie würfelten um unser Leben
es mir. Vergessen Sie nicht, dass wir Mann und Frau waren.«
»Ich erfuhr erst durch den Polizeibericht, dass Sie und Harry hier in Miami geheiratet haben.«
Sie nickte. »Er fragte mich eines Abends, ob ich seine Frau werden wollte, und ich sagte ja. Am anderen Tag standen wir vor dem Friedensrichter. Wir bekamen sofort die Heiratslizenz, denn weder Harry noch ich waren je verheiratet. Finden Sie es überraschend.«
»Oh, nein, ich wundere mich nur, dass Harry mir nichts darüber schrieb.«
Immer noch lächelte sie. »Wahrscheinlich waren wir einfach zu glücklich, um an Schreiben auch nur zu denken.«
»Grace, ich möchte die Umstände von Harrys Verschwinden gern restlos klären. Darf ich einige Fragen an Sie richten?«
»Ja, natürlich, aber ich fürchte, ich habe alles, was ich weiß, schon der Polizei gesagt.«
Das Telefon schrillte. Grace Lafort nahm den Hörer ab.
»Ja«, antwortete sie auf eine Frage des Portiers. »Bitte, lassen Sie ihn heraufkommen.«
Sie legte auf und wandte sich an mich.
»Mr. Ralligan ist da. Ich war mit ihm verabredet. Wissen Sie, dass es der Mann ist, der mich rettete. Sie haben nichts dagegen, dass ich ihn empfange?«
»Selbstverständlich nicht. Ich kann dann vielleicht auch an ihn ein paar Fragen stellen.«
***
Mr. Charles Ralligan war ein großer, kräftiger Mann, mit den ersten grauen Fäden im schwarzen Haar. Sein Gesicht war gebräunt. Er hatte ein massives Kinn, das Energie und Willensstärke ausdrückte. Seine grauen Augen musterten mich scharf.
Grace Lafort machte uns miteinander bekannt und verschwieg auch meinen Beruf nicht.
»Jerry will ein paar Fragen an Sie und mich' stellen wegen dieses Unglücks«, sagte sie.
Ralligan zog die Augenbrauen hoch.
»Kümmert sich das FBI um solche Dinge? Ich dachte, die Ortsbehörden hätten die Umstände in allen Einzelheiten geklärt.«
»Setzt euch doch!«, rief Grace und fuhr sich nervös durch ihr kurz geschnittenes, schwarzes Haar.
Wir setzten uns, und Ralligan bat um die Erlaubnis, rauchen zu dürfen.
»Schießen Sie mit Ihren Fragen los, Agent Cotton.«
»Sie wohnen das ganze Jahr über in Miami, Mr. Ralligan?«
»Oh, nein, nur für ein paar Wochen, aber ich hasse es, in Hotels zu wohnen. Ich habe außerhalb ein kleines Haus mit allem, was dazugehört, gemietet. Auch das Boot, die Windrose gehört dazu.«
»Ist es ein großes Boot?«
»Nein, der übliche Motorkahn, nicht größer als das Schiff, das Mr. Lafort benutzte, aber vielleicht verstehe ich mehr davon als er.«
»Haben Sie gesehen, dass eine Borera auszubröchen drohte?«
»Ja, aber ich hatte einen mächtigen Fisch am Haken, wenn Sie wissen, was das ist, und ich dachte, ich könnte ihn an Bord bekommen, bevor das Gewitter richtig ausbrach. Leider leistete das Biest soviel Widerstand, dass ich nicht damit zurechtkam, und als die Borera ausbrach, gingen natürlich Fisch und das gesamte Angelzeug zum Teufel.«
»Auf welche Weise haben Sie Mrs. Lafort aus dem Wasser gezogen?«
»Nun, ich brachte den Kahn längsseits, und ich benutzte einen Enterhaken. Ich hatte Glück, dass es überhaupt klappte.«
»Ja, es ist schon bei ruhiger See kein einfaches Manöver, einen bewusstlosen Menschen an Bord zu hieven. Wie viel schwerer also bei Windstärken bis zu 10.«
»Sie sehen, ich habe es geschafft«, antwortete er mit einer Handbewegung zu Grace.
Ich wandte mich an die Frau.
»Grace, trug Harry nicht auch einen Rettungsring, als er über Bord ging?«
Sie machte ein Gesicht, das Verzweiflung ausdrückte.
»Ich bin nicht sicher, Jerry. Ich sah nur, wie die Welle ihn wegwischte, und schrie auf.«
»Sicherlich waren mehr als ein Rettungsring an Bord, nicht wahr?«
»Ja, ich glaube schon, aber ich weiß nicht, ob Harry ebenfalls einen Ring anlegte.«
»Bitte, überlegen Sie, Grace. Bis zu dem Augenblick, da das Schiff umschlug, haben Sie dem Sheriff Ihre Eindrücke sehr genau geschildert. Sie müssten gesehen haben, ob Harry einen Ring trug oder nicht.«
Sie starrte mich an. Ihr Gesicht zuckte und plötzlich schlug sie die Hände vor das Gesicht. Sie schluchzte und schrie: »Ich kann das alles nicht noch einmal erzählen. Bitte, zwingt mich doch nicht, immer wieder und wieder daran denken zu müssen!«
Es sah aus, als würde sie so etwas wie einen hysterischen Anfall bekommen. Charles Ralligan blickte mich vorwurfsvoll an.
»Ich glaube, Sie sollten das Verhör abbrechen, Agent Cotton«, sagte er. »Mrs. Lafort ist dem allem nicht gewachsen.«
Ich
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