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0223 - Sie würfelten um unser Leben

0223 - Sie würfelten um unser Leben

Titel: 0223 - Sie würfelten um unser Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sie würfelten um unser Leben
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ich rief ihn an und wollte ihm sagen, dass er seinen Besuch verschieben sollte, weil Sie gekommen waren, Jerry, aber ich erreichte ihn nicht mehr. Er war schon abgefahren, und es meldete sich niemand.«
    Ich spürte ihre Unruhe.
    »Kannten Sie Ralligan schon länger?«
    »Was meinen Sie?«
    »Ich meine, ob Sie ihn schon getroffen haben, bevor er Sie aus dem Wasser fischte.«
    Sie biss sich auf die Lippen, und es dauerte Sekunden, bis sie antwortete: »Ja. Harry muss ihn irgendwann beim Angeln kennengelernt haben. Er kam an einem Tag mit ihm ins Hotel. Aber wir waren höchstens zwei- oder dreimal mit ihm zusammen.«
    »Waren Sie je in seinem Haus?«
    Wieder zögerte sie mit der Antwort.
    »Einmal, aber mehr aus Zufall als auf Verabredung. Harry und ich gondelten die Küste entlang und sahen ihn in seiner Bucht. Da haben wir angelegt.«
    Ich schwieg, ein oder zwei Minuten lang.
    Grace schien das Schweigen auf die Nerven zu gehen.
    »Fragen Sie doch weiter, Jerry!«, drängte sie.
    »Wollen Sie einen Drink?«
    Sie starrte mich verblüfft an.
    »Haben Sie keine Fragen mehr in Bezug auf Harry zu stellen?«
    »Nein«, sagte ich schlicht. »Wollen Sie also einen Drink?«
    »Ja, bitte, bestellen Sie mir einen Martini!«
    Ich winkte dem Hotelboy, bestellte einen Martini und einen Whisky für mich.
    Die Getränke wurden gebracht. Wir nahmen jeder einen Schluck. Ich stellte das Glas zurück, beugte die Ellenbogen auf die Knie, beugte mich vor und blickte nachdenklich auf den Boden.
    »Jerry«, hörte ich Graces Stimme, »ich glaube, ich sollte nicht länger in Miami bleiben. Das alles zerrt an meinen Nerven, dass ich einmal fürchte,.ich könnte verrückt werden. Immer und immer rede ich mir ein, dass Harry noch lebt, aber in Wahrheit glaube ich doch nicht mehr daran. Ich bin einfach am Ende. Ich glaube, ich werde abreisen und nach New York zurückfahren.«
    Ich nahm den Kopf hoch. Mein Blick glitt vom Boden über ihre Füße, blieb eine Sekunde lang daran hängen. Dann sah ich der Frau ins Gesicht.
    »Ich möchte, dass Sie in Miami bleiben, Grace«, erklärte ich ruhig.
    »Ich soll nicht abreisen?«
    »Sie dürfen nicht abreisen.«
    Sie starrte mich fassungslos an.
    »Ich verstehe nicht, Jerry«, stammelte sie. »Was soll das heißen?«
    »Das FBI wünscht Ihre Anwesenheit in Miami bis zur restlosen Klärung der Ursachen, die zu Harry Laforts Tod geführt haben.«
    Die blanke Wut loderte aus ihrem Blick. Sie sprang auf.
    »Sie sind verrückt geworden!«, zischte sie mich an.
    Ich sah ihr nach, wie sie hastigen Schrittes die Hotelhalle verließ.
    ***
    Der Beamte, der im Hauptquartier unsere Spesenabrechnung zu prüfen bat, würde wieder einmal beim Anblick einer von mir eingereichten Aufstellung die Augenbrauen hochziehen, und sicherlich würde er der Meinung sein, dass ich auf Staatskosten einen Haufen unnützes Zeug zu meinem Privatvergnügen gekauft hätte.
    Ich war anderer Meinung. Ich hatte mir ein Tauchgerät mit Sauerstoffflaschen, die zugehörige Brille und Flossen gekauft. Außerdem hatte ich einen Tiefenmesser erstanden, der am Handgelenk getragen werden konnte, und eine starke, wasserdichte Handlampe. Das war fast die Ausrüstung eines Mannes, der auf dem Meeresgrund nach Schätzen zu tauchen gedenkt. Aber der Unterwassersport stand in Miami in hoher Blüte, und der Verkäufer wunderte sich höchstens darüber, dass ich darauf verzichtete, ein Unterwassergewehr zu kaufen. Er versuchte es mir anzudrehen, indem er mich auf die Haifischgefahr hinwies, aber ich sagte ihm, dass ich mit soviel zweibeinigen Haien zu tun hätte, dass mir echte Haie vergleichsweise harmlos erschienen.
    Ich mietete bei einem Bootsverleih ein Boot, keine großartige Sache, sondern einen einfachen Außenbordmotorkahn, verstaute meine Ausrüstung und tuckerte los.
    Ich verzichtete darauf, mein Unternehmen irgendwie zu tarnen, sondern startete gegen zehn Uhr, als am Strand bereits Hochbetrieb herrschte. Allerdings war von diesem Betrieb nicht mehr viel zu spüren, als ich die Repoint-Landzunge umschippert hatte. Einzelne Motor- und Segelschiffe lagen noch in meinem Blickfeld, aber die Küste, in deren Nähe ich mich hielt, war unbebaut und auch zu steil, als dass sie sich zu Badezwecken geeignet hätte. In diese Küste hinein hatte das Meer kleinere oder größere Buchten geschnitten.
    Ich war am Morgen noch einmal im Büro des Küstenschutzes gewesen, hatte mir die große Karte genau angesehen und wusste, wo ich mein Unternehmen beginnen

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