0224 - Nur der Satan kennt Manhattan
habe: Ich gäbe was drum, wenn ich dich auf den elektrischen Stuhl bringen könnte.«
Clifford hob sein ausdrucksloses Gesicht.
»Es scheint ja fast«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme, ebenso ausdruckslos, wie seine Miene blieb, »es scheint ja fast, als ob Sie mich hassten, Mister Neville.«
»Hassen dürfte gelinde ausgedrückt sein«, erwiderte Neville. »Du hast damals meinen Kameraden Buck umgelegt oder umlegen lassen. Buck stand vier Tage vor seiner Hochzeit, Clifford. Ich kannte seine Braut. Und ich war der Mann, der ihr die Nachricht überbringen musste, dass du oder deine Kreaturen Buck mit einer Maschinenpistole buchstäblich zum Sieb gemacht hatten. Clifford, und wenn ich tausend Jahre alt werden könnte: Ich werde nie vergessen, wie das Mädchen mich ansah, als ich ihr die Hiobsbotschaft gebracht hatte.«
»Der Mord an dem G-man, von dem Sie sprechen«, entgegnete Clifford kühl, »konnte mir niemals nachgewiesen werden.«
»Nein«, sagte Neville. »Ich weiß. Obgleich wir Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt haben. Aber damals waren die Wissenschaftler noch nicht so weit. Da gab es noch keine Haaruntersuchungen und Speichelanalysen. Selbst die Sache mit den Fingerabdrücken steckte, verglichen mit heute, damals noch in den Kinderschuhen. Deshalb gelang uns ja der Beweis auch nicht. Und dass Bucks Braut, die Witwe geworden war, bevor sie geheiratet hatte, am nächsten Tag aus dem sechsundzwanzigsten Stockwerk eines Wolkenkratzers sprang, Clifford, das konnte man dir ja auch nicht anhängen. Das war ja ein eindeutiger Selbstmord. Aber hier drin, Clifford…,« Neville tippte sich mit dem Zeigefinger auf die Brust, »hier drin, Clifford, war die Schuldfrage geklärt, längst bevor der Richter damals das Urteil sprach.«
John Clifford blickte auf seine Schuhspitzen. Es waren altmodische Schuhe, und sie schienen ihm nicht recht zu passen.
»Was wollen Sie eigentlich von mir, Mister Neville?«, fragte er halblaut. »Ich habe sechsundzwanzig Jahre hinter diesen Mauern gesessen. Ich glaube, es ist nun genug.«
»Darüber werden wir noch sprechen«, sagte Neville und seine Stimme verriet nicht das leiseste Mitleid. »Ich habe einen Wagen hier. Steig ein, Clifford! Ich fahre dich in die Stadt. Wohin du willst. Denn ich möchte etwas mit dir besprechen. Okay?«
Der Zuchthäusler zögerte. Aber schließlich nickte er und sagte: »Gut. Wie Sie wünschen.«
Sie stiegen in den Wagen. Neville setzet sich ans Steuer. Eine ganze Weile fuhr er schweigend, bis Clifford fragte: »Sie wollten etwas mit mir besprechen?«
»Ja«, sagte Neville. »Bei uns im Distriktgebäude scheint man mich für närrisch zu halten. Jedenfalls glaubt mir kein Mensch. Aber mir kannst du nichts vormachen, Clifford. Gestern fand in der Downtown ein Banküberfall statt. Und ich wette meinen Kopf gegen die Mahlzeit eines auf halbe Ration gesetzten Zuchthäuslers, dass du die Finger im Spiel hattest!«
Ein leises, kaum hörbares Schnaufen kam über Cliffords Lippen.
»Das ist richtig lächerlich«, sagte er. »Sie haben mit eigenen Augen gesehen, dass ich vor zehn Minuten erst entlassen worden bin. Und jetzt wollen Sie mir schon die Beteiligung an einem Banküberfall in die Schuhe schieben, der bereits gestern stattgefunden hat, also zu einer Zeit, in der ich nachweisbar noch in meiner Zelle saß!«
»Mach mir nichts weis!«, brummte Neville in seiner geradezu stählernen Dickfelligkeit. »Dass du in einer Zelle warst, glaube ich dir. Aber dass du nichts mit der Sache zu tun hattest, das glaube ich dir nicht. Mitmachen und Mitwissen, das können durchaus zwei verschiedene Hüte sein.«
»Ich glaube, es ist sinnlos, mit Ihnen darüber zu sprechen«, sagte Clifford und sah regungslos nach vorn.
»Willst du mir vielleicht einreden, dass der Trick mit dem Gitter damals nicht von dir kam?«
»Mit dem Gitter? Mit was für einem Gitter?«
»Mit einem Gitter, das man von innen so in einen Hauseingang stellt, dass es bei offener Tür so aussehen muss, als sei es mit den Wänden rechts und links verankert. Dieser Trick stammte damals von dir. Er ist seither nicht wieder angewendet worden. Außer gestern! Einen Tag, bevor du entlassen wurdest, Clifford! Komischer Zufall, was?«
Der entlassene Zuchthäusler runzelte wieder die Stirn. Er rieb sich über das hagere, spitze Kinn.
»Das ist allerdings wirklich merkwürdig«, murmelte er. »Das sieht ja danach aus, als wollte mich jemand reinlegen. Vielleicht hat jemand Wind davon bekommen,
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