0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
geschäftstüchtig genug waren, es uns nicht abhandeln zu lassen. Meine Eltern hockten auf einem Stück Land, das so wertlos war wie der Inhalt einer Mülltonne, Aber ich glaube, sie haben nie viel auf Reichtum und Luxus gegeben. Sie lebten im Moor, gingen fischen und jagen und waren zufrieden.«
Der Rauch unserer Zigaretten stieg empor und kräuselte sich in dünnen Fäden gegen die Decke. Wir schwiegen und lauschten der Erzählung, die Springs uns lieferte.
»Bis zu meinem zwanzigsten Lebensjahr war ich bei meinen Eltern«, fuhr er fort. »Dann kam der Krieg. Ich hatte wohl ein bißchen romantische Vorstellungen vom Soldatspielen, auch ein bißchen Abenteuerlust — kurz, ich meldete mich damals bei der Annahmestelle der Marine-Infanterie in Tampa. Sie nahmen mich, und ich machte den ganzen Rummel im Pazifik mit. Der romantische Spleen wurde mir bald ausgetrieben, aber wenn man sich erst einmal verpflichtet hat, ist es zu spät. Wir sprangen unter McArthur von einer Insel zur anderen, und jedesmal war’s das alte, verdammte, blutige Lied. Die feuerspeiende Küste, die Landungsboote, eben der ganze Segen…«
Er räusperte sich und schüttelte unwirsch den Kopf.
»Darüber wollte ich ja gar nicht reden«, sagte er. »Was ich sagen wollte, ist dies: Als der Krieg vorbei war, war ich für das einfache Leben in den Sümpfen nicht mehr zu gebrauchen. Ich nutzte die Möglichkeiten, die uns Frontsoldaten von der Regierung geboten wurden. Ich besuchte Kurse und Schulen und Werkstätten, die uns die Regierung bezahlte, damit wir etwas Ordentliches lernen sollten. Anfangs probierte ich dies und jenes, bis ich dahinterkam, daß ich als Graveur vielleicht etwas werden könnte. Zuerst kamen die Hungerjahre, wie das anfangs üblich ist. Ich arbeitete in Detroit, in Denver, in Chicago, in New York. In Denver lernte ich meine jetzige Frau kennen. Allmählich kam ich voran. Und seit vier Jahre lebe ich jetzt in New York. Ich habe mich selbständig gemacht. Ich verdiene nicht schlecht, denn, ohne Übertreibung, ich gehöre zu den besten Graveuren der Staaten. Ich habe die Platten für eine Reihe von Briefmarkensätzen gestochen und anderen Kram gemacht, der gut bezahlt wurde.«
Springs drückte seine Zigarette aus. Er beugte sich vor.
»Und dann passierte eines Tages die Sache, die mich völlig aus meinem gewohnten Leben riß. Das war in New York. Ich wohne in Brooklyn, aber ich habe meine kleine Werkstatt mit vier Mitarbeitern in Manhattan. Das ist jetzt ungefähr neun Wochen her, da kam ich abends gegen halb acht als letzter aus meiner Werkstatt heraus. Die Bude liegt in einem Hinterhof. Zwei Autos standen auf dem Hof. Ich kümmerte mich nicht darum. Übrigens war eines der Autos ein blauer Ford.«
»Wollen Sie sagen, daß es derselbe Wagen war, der jetzt bei uns vor dem Hause liegt?« warf Marshall ein.
Springs nickte.
»Genau. Und es waren auch die Trucson-Brüder, die drin saßen. Oder vielmehr, die drin gesessen hatten. Als ich meine Werkstatt verließ, lehnten sie an ihrer Karre und warteten, bis ich dicht vor ihnen stand. Ich mußte nämlich dicht an ihnen vorbei, wenn ich vor auf die Straße wollte.«
»Die Trucson-Brüder hatten also auf Sie gewartet?« fragte ich.
»Ja«, erwiderte Springs. »Ich hatte sie nie vorher gesehen, aber ich wußte sofort, daß es keine angenehmen Zeitgenossen sein konnten. Die ganze Art, wie sie dastanden, wie sie mich ansahen — es war alles so, daß man auf dem ersten Blick wußte, hier hast du richtiggehende Gangster vor dir.«
»Das hat Ihnen natürlich einen schönen Schrecken eingejagt, wie?« erkundigte sich Marshall.
»Na ja, ein bißchen schon. Aber wenn Sie sechsmal eine Inselinvasion im Pazifik gegen die Japse mitgemacht haben, dann kippen Sie nicht gleich aus den Schuhen, bloß weil Sie sich mal zwei Gangstern gegenübersehen.«
Ich mußte unwillkürlich grinsen. Dieser Springs schien ein Mann von der Art zu sein, die ich schon immer schätzte. Gespannt hörte ich zu, wie er weitersprach:
»Also — ich wollte an ihnen vorbei. Einer stellte mir sein Bein in den Weg. Ich wollte drübersteigen. Der andere gab mir einen Stoß, daß ich das Gleichgewicht verlor. Ich stürzte und blieb erst einmal ein paar Sekunden liegen. Das habe ich da unten im Pazifik gelernt Solange man regungslos auf dem Bauch liegt, halten einen die anderen nicht für gefährlich und man kann nachdenken. Genau das tat ich. Daß die Burschen irgend etwas von mir wollten, war ja klar. Hätten sie
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