0225 - Blüten mit dem Todeszeichen
Sie wollte eigentlich mit Mister Cotton oder mit Mister Decker sprechen. Da beide nicht anwesend sind, ist sie ratlos, an wen sie sich wenden soll?«
Mr. High runzelte die Stirn.
»Miß Clifford«, wiederholte er in einem nachdenklichen Tonfall. »So ..«
»Es handelt sich um die Privatdetektivin, die —«
Der Chef unbrach seine Sekretärin: »Ich weiß. — — Lassen Sie Miß Clifford herein. Ich werde selbst sehen, was wir für sie tun können.«
»Ja, Sir«
Der Chef ging seinem Besuch ein paar Schritte entgegen. Er gab Miß Clifford die Hand »Guten Abend, Miß Clifford. Mein Name ist High, falls Sie mich noch nicht kennen sollten. Mister Cotton und Mister Decker haben das Distriktsgebäude schon verlassen. Da jeder G-man ein Anrecht auf Privatleben hat, bin ich leider im Augenblick nicht unterrichtet, wo man sie erreichen kann. Kann ich an ihrer Stelle etwas für Sie tun?«
Isabell Clifford schüttelte mit einer leichten, graziös wirkenden Bewegung eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie war ('ine schöne Frau, und sie wußte es. Mr. High bot ihr einen Sessel an.
»Ach«, sagte Isabell Clifford, »ich hätte Sie vielleicht gar nicht aufsuchen sollen. Wissen Sie, ich war zufällig in der Bank, als jener Überfall verübt wurde. Ich hatte dort ein Konto und wollte Geld abheben. Dann kamen die Gangster und hinterher das FBI. So lernte ich Mister Cotton und Mister Decker kennen. Ich finde die Herren sehr sympathisch — ganz anders, als ich mir G-men bisher immer vorgestellt hatte.«
Mr. High lächelte verständnisvoll.
»Die Leute machen sich meistens eine falsche Vorstellung von den Beamten des FBI Unsere G-men sind ganz gewöhnliche Männer. Sie haben eine sehr gründliche und teils auch sehr harte Spezialausbildung hinter sich und werden in einem anstrengenden Training fit gehalten, aber im übrigen sind sie Männer wie alle anderen auch.«
»Ich möchte sagen, sie sind höflicher als der Durchschnitt der amerikanischen Männer«, widersprach Isabell Clifford »Sie sollten es jedenfalls sein. Das erste, was ein G-man lernt, ist die Achtung vor der Verfassung und den darin für alle Bürger verbrieften Rechten. Das -bringt beinahe automatisch Höflichkeit mit sich. Aber ich nehme nicht an, daß Sie Mister Cotton oder Mister Decker aufsuchen wollten, um mit ihnen über die Höflichkeit zu diskutieren?«
»Nein, natürlich nicht. Ich kam, weil ich zu den Herren Vertrauen habe. Ich wollte sie in einer beruflichen Angelegenheit um einen kleinen Tip bitten — wenn ich ehrlich sein darf.«
»Sie haben dem FBI seinerzeit den Tip geliefert, wo der Rest der Bankräuber-Bande gestellt werden konnte. Das hat uns in Ihre Schuld gebracht, Miß Clifford. Sprechen Sie! Ich werde sehen, was wir für Sie tun können.«
Isabell Clifford senkte den Kopf und schien nachzudenken. Nach einigem Zögern klappte sie ihre Handtasche auf und holte einen Hundert-Dollar-Schein heraus. Sie reichte ihn Mr. High.
»Fällt Ihnen etwas an dem Schein auf?« fragte sie.
Der Chef nahm den Schein. Sein Blick streifte gleichmütig darüber hin. Er hätte ihr sofort etwas Bestimmtes sagen können, aber er tat es nicht.
»Die Note scheint verhältnismäßig neu zu sein«, sagte er. »Aber das hat nichts zu bedeuten. Das Schatzamt muß ständig neue Noten auf den Markt bringen und sehr abgenutzte dafür einziehen. Auch ein Geldschein ist nicht für die Ewigkeit gemacht.«
»Sicher«, gab Isabell Clifford zu. »Aber dieser Schein hier ist gefälscht.«
»Gefälscht?« wiederholte der Chef und spielte den Ungläubigen.
»Ja. Sehen Sie hier die linke untere Ecke. Es gibt hier vier Zierschleifen. Die echten Scheine haben aber nur drei.«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich war heute nachmittag in einer Bank und ließ es mir genau erklären. Es kann keinen Zweifel darüber geben, daß dieser Schein falsch ist. Jetzt wollte ich Mister Cotton oder Mister Decker fragen, ob qs Zweck hat, daß ich in dieser Geschichte Nachforschungen anstelle. Sie wissen, daß ich Privatdetektivin bin. Ich muß von meinem Beruf leben. Wenn wegen dieser Falschgeldgeschichte irgendwo eine Belohnung ausgesetzt ist, werde ich mich darum kümmern. Wenn es eine solche Belohnung nicht gibt, muß ich mich um andere Arbeiten kümmern.«
»Eine Belohnung existiert nicht«, sagte Mr. High. »Ich weiß genau, daß in den letzten Monaten im Zusammenhang von keiner zuständigen Stelle eine Belohnung ausgeschrieben wurde. Wo haben Sie den Schein her?«
Isabell Clifford
Weitere Kostenlose Bücher