0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
meinem Zimmer.«
***
Wenn sie genug Leute zur Verfügung haben, dachte Phil unterwegs, werden sie vielleicht das Haus beobachten lassen. Es kommt darauf an, dass wir in größter Heimlichkeit arbeiten.
Dass die Frau von einem Arzt aufgesucht wird, kann die Kidnapper nicht wundern. Welche Mutter hätte keinen Arzt nötig nach einem solchen Schock. Aber es ist verdammt unwahrscheinlich, dass ein Arzt vom Medical Centre kommt. Sicher haben die Leute ihren Hausarzt. Warum sollen sie sich also an eine öffentliche Institution wenden?
Er hielt seinen Wagen bereits vor dem Hauptportal des Medical Centre, als ihm der rettende Einfall kam. Er ging schnell zum Anmeldeschalter und sah sich um. Im Flur liefen zwei Männer auf und ab. Es sah aus, als ob sie einen Patienten dieses Riesenkrankenhauses besuchen wollten, denn sie trugen jeder einen Blumenstrauß bei sich. Trotzdem wartete Phil, bis sie so weit vom Schalter entfernt waren, dass sie ihn unmöglich hören konnten. Da beugte er sich schnell vor und schob den Kopf durch das Schalterfenster.
»Ich heiße Phil Decker«, sagte er knapp, während er sein Etui mit dem Ausweis aufklappte. »FBI. Ich muss sofort einen der leitenden Herren sprechen. Es ist wichtig und sehr dringend.«
Hinter dem Stahlrohrschreibtisch in der Anmeldung saß eine Frau von etwa fünfundzwanzig Jahren. Sie war ein südländischer Typ mit blauschwarzen Haaren und dunklem Teint. Ihre braunen Augen richteten sich groß auf Phil.
Einen Augenblick war sie überrascht. Dann prüfte sie Phils Dienstausweis auf eine kurze, aber aufmerksame Art. Während sie ihn mit der rechten Hand wieder vor Phil hinlegte, nahm sie mit der linken den Telefonhörer und wählte mit spitzen Zeigefingern zwei Ziffern.
»Sir, hier ist ein Herr vom FBI«, sagte sie. »Er möchte in einer wichtigen Angelegenheit dringend einen unserer leitenden Herren sprechen… Ja, Sir, ich habe verstanden.«
Sie legte den Hörer zurück und wandte sich Phil zu. Ihr Gesicht war nichts als sachliche Aufmerksamkeit.
»Fahren Sie bitte zu Block vier«, erklärte sie. »Das ist rechts vor dem Haupteingang. Gehen Sie die Treppe zur ersten Etage hinauf. Im Flur wenden Sie sich nach links. Es ist Zimmer 214. Mister Snuffer wird Sie empfangen. Er ist der Chef der Verwaltung.«
»Danke«, sagte Phil.
Er stieg draußen wieder in seinen Wagen, fuhr zum Block vier und legte den beschriebenen Weg zurück. Zimmer 214 war nur das Vorzimmer zu Mister Snuffer, aber die dort sitzende Sekretärin, ein ältliches, farbloses Wesen mit einer dicken Hornbrille, wusste bereits Bescheid.
»Mister Snuffer erwartet Sie«, sagte sie, nachdem Phil sich vorgestellt hatte.
»Hier bitte.«
Sie zog ihm eine ledergepolsterte Doppeltür auf. Phil ging hindurch und sah mit einem raschen Blick über seine Schulter hinweg, dass die Tür geschlossen wurde. Er ging auf den Schreibtisch zu, der in der Mitte des großen Zimmers auf einem dicken Teppich stand.
Hinter dem Schreibtisch saß ein dicker Mann mit einem roten Gesicht und einem glänzenden Doppelkinn. Seine Augen waren ein wässriges Blau, das den irrigen Eindruck erweckte, als ob ihr Besitzer an ständiger Schläfrigkeit leide.
»Guten-Tag, Sir«, sagte Phil. »Ich bin Phil Decker vom hiesigen FBI-Distrikt. Wir bitten um Ihre Unterstützung in einer heiklen Angelegenheit. Hier ist meine Legitimation.«
Er legte den Dienstausweis vor Mister Snuffer hin. Der dicke Mann senkte den Kopf ein wenig und verglich mit einem raschen, scharfen Blick Passbild und Wirklichkeit. Mit einem kurzen Nicken gab er Phil den Ausweis zurück.
»Bitte, nehmen Sie Platz, Mister Decker«, sagte er mit überraschen heller Stimme. »Präzisieren Sie Ihre Wünsche. Ich werde sehen, was wir für Sie tun können.«
Phil setzte sich in einen modernen Sessel.
»In der Staff Street ist heute Morgen ein Kind entführt worden«, begann er.
Der Dicke bewegte sich zum ersten Mal mit seinem ganzen Körper. Der Sessel knarrte unter dem Gewicht seines Körpers. Die fleischigen Hände tappten gierig nach vorn und umklammerten die schwere marmorne Schreibgarnitur.
»Kindesentführung?«, schnappte der Dicke. »Schöne Schweinerei. Kann mir vorstellen, dass Sie in einer üblen Lage stecken. Die Öffentlichkeit wird vom FBI erwarten, dass es das Kind heil zu den Eltern zurückbringt, und die Entführer werden drohen, das Kind sofort umzubringen, wenn sich das FBI um die Geschichte kümmert. Sehr üble Sache.«
»Genau«, nickte Phil ernst. »Es
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