0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
Sam Wocester, einem etwa fünfzigjährigen Beamten mit Neigung zum Fettansatz. Wocester war ein Pedant, wie man sich ihn schlimmer nicht vorstellen konnte, aber gerade diese Leidenschaft befähigte ihn wie kaum einen anderen für den Posten des Leiters einer Mordkommission.
Der Polizeipräsident von New York war in Begleitung einiger hoher Polizeioffizieren am Tatort eingetroffen. Der erste Mann, mit dem sie sprachen, nachdem sie das kurze Gespräch mit Captain Turner hinter sich gebracht hatten, war der Buchklub-Vertreter Forrest.
James Forrest, 27 Jahre alt, in einem winzigen Nest in Connecticut geboren, war nicht der Typ, den man sich unter einem Vertreter vorstellt. Er wirkte nicht aufdringlich, sondern eher scheu. Als er sich im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit hoher Polizeioffiziere sah, wurde er rot und fing an zu stottern.
»Am besten wird es sein, wir unterhalten uns in meinem Wagen«, schlug der Polizeipräsident vor. Er wandte sich an den ranghöchsten kommandierenden Offizier, den Chief-Inspector: »Rufen Sie doch bitte Wocester dazu! Schließlich bearbeitet er den Fall.«
Die Herren begaben sich zu dem schwarzen Cadillac des Commissioner. Man ließ Forrest zuerst einsteigen und auf der hinteren Sitzbank Platz nehmen. Der Commissioner und ein anderer Herr setzten sich zu ihm. Wocester kletterte auf die vordere Sitzbank, zusammen mit dem Chief-Inspektor.
Forrest lieferte seinen Bericht. Als er fertig war, wandte sich der Commissioner an Detective-Lieutenant Wocester: »Wocester, ich sehe Ihnen an, dass Sie sich für Details interessieren. Sie haben das Wort. Stellen Sie Ihre Fragen.«
Wocester schob sein kantiges Kinn vor, rieb sich mit Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand darüber und brummte: »Also, Sie kamen in diese Straße, nachdem die Schüsse verstummt waren. Schön und gut. Aber wie viele Sekunden oder Minuten sind Ihrer Meinung nach zwischen dem letzten Schuss und Ihrem Auftauchen hier verstrichen?«
Der junge Vertreter runzelte die Stirn.
»Das, das ist schwer zu sagen, Sir«, erwiderte er unbeholfen. »Aber ich möchte meinen, dass es nicht mehr als höchstens zwei Minuten waren.«
»Sie kamen von der Dyckman Street her, stimmt das?«, forschte Wocester.
»Ja, Sir.«
»Von Ihnen aus gesehen, wer lag da näher zu Ihnen hin: die Frau oder der Sergeant?«
»Die Frau, Sir. Sie lag auf der Seite, auf der rechten, wenn ich mich recht erinnere, und mit dem Kopf in meine Richtung. Es kamen auch schon ein paar Leute gelaufen, allen voran zwei Frauen. Wir drei zusammen knieten neben der Frau nieder. Ich war sehr froh, dass die beiden Nachbarinnen gekommen waren. Was soll ein Mann tun, wenn eine Frau bewusstlos ist? Ich bin sehr unerfahren in solchen Dingen.«
»Woher wussten Sie denn, dass die Frau bewusstlos war? Hätte sie nicht auch tot sein können?«
Forrest machte eine vage Handbewegung.
»Sicher, schon möglich, aber es war doch keine Verletzung zu sehen und kein Blut. Ich dachte eben, sie wäre bewusstlos, aber warum ich es dachte, weiß ich auch nicht.«
»Sind Sie auch zu dem Polizisten gegangen? Er lag doch nur ein paar Schritte weiter.«
»Das stimmt. Aber ich bin nicht hingegangen. Dort knieten schon ein paar Männer, und einer rief immer wieder: Holt doch einen Arzt, schnell holt einen Arzt! Da fiel mir ein, dass ich gerade im vorherigen Block bei einem Arzt gewesen war. Und da bin ich schnell um den Block gelaufen und habe dem Arzt Bescheid gesagt und von seinem Telefon aus die Polizei angerufen.«
»Wussten Sie die Nummer der Polizei auswendig?«, fragte Wocester und betrachtete angelegentlich sein Ziertuch, das er aus der Brusttasche herausgezogen hatte.
»Nein, natürlich nicht. Aber auf dem Telefonbuch bei dem Arzt lag ein Stück weißer Karton. Darauf waren die Telefonnummern der Feuerwehr, eines Krankenhauses und des nächsten Polizeireviers aufgeschrieben. Ich brauchte also nicht nachzusehen.«
»Ach so…«, murmelte Wocester. »Ich wunderte mich schon wieder, woher Sie die Nummer des nächsten Reviers hatten.«
Er ist wirklich ein raffinierter Fuchs, dachte der Commissioner. Ich wäre nie darauf gekommen, dass es schwierig ist, die Telefonnummer eines bestimmten Reviers zu finden.
»Noch ein paar Fragen zu dem Wagen, der aus der Staff Street herauskam. Sie sagten, es wäre ein schwarzer Chrysler gewesen. Bleiben Sie dabei?«
»Ja, natürlich! Ich hab’s doch gesehen.«
»Also ein Wagen wie der da drüben?«
Wocester zeigte mit ausgestrecktem Zeigefinger
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