0226 - Jagd auf Staatsfeind Nr. 1
wieder. Blut lief mir warm über die Lippen.
»Mit euch werde ich noch fertig«, sagte er. »Ich bin noch mit jedem G-man fertig geworden. 1935 mit diesem Kerl namens Tinbrook. Ich habe den Burschen damals selber umgelegt, genau wie Neville es immer ahnte. Und vor ein paar Wochen habe ich es Neville so gründlich besorgen lassen, dass er wohl auf dem elektrischen Stuhl wimmern wird. Und jetzt bist du an der Reihe, Cotton. Ich mach dich fertig für immer und alle Zeiten.«
Er kam auf mich zu. Aber auf einmal war noch viel mehr Licht in dem dunklen Keller. Ich erkannte zum ersten Mal die niedrige Tür, durch die Clifford gekommen war. Und dort standen jetzt zwei Männer. Einer von ihnen, ich konnte ihn nur undeutlich im Rücken der beiden Taschenlampen sehen, war der Hüne Howkins von der State Police. Den anderen konnte ich nicht erkennen. Bis er sprach. Bis er den Mund aufmachte.
»Mit jedem G-man fertig geworden?«, sagte dieser Mann. »Versuch’s doch mal bei mir Clifford! Es ist sechsundzwanzig Jahre her, dass ich dich hinter Gitter brachte. Als du vor ein paar Wochen entlassen wurdest sagte ich dir, dass ich dich auf den elektrischen Stuhl bringen würde. Jetzt ist es soweit, Clifford! Lass diesen armen Kerl in Ruhe. Wenn er gesund wäre, hätte er dich windelweich geprügelt. Versuch’s bei mir! Du bist siebenundvierzig. Ich bin viel älter. Also was?«
Neville stand da! Neville stand breitbeinig im Keller. Seine Stimme war ruhig, aber unheimlich ruhig. Auf einmal war es, als ob fast drei Jahrzehnte ausgelöscht seien. Neville und Clifford standen sich gegenüber, wie sie sich schon einmal gegenübergestanden hatten. Vor vielen, vielen Jahren. An einem Abend in der Fletcher Street. In einer Toreinfahrt. Und am nächsten Morgen war die Leiche von Nevilles Kameraden gefunden worden. Die Leiche von G-man Buck Tinbrook.
Clifford stieß einen rauen Laut aus, der an das Grollen eines Löwen erinnerte. Er sprang vor. Ein paar Sekunden lang hörten wir Keuchen und den Austausch von Schlägen. Als Howkins vorspringen wollte, sackte eine der beiden Gestalten in sich zusammen. Die andere keuchte noch ein paar Augenblicke, dann sagte sie: »Los, lasst uns sehen, dass wir hier rauskommen! Ich muss mir verdammt schnell die Hände waschen…«
***
Die Kinder wurden ins nächste Krankenhaus gebracht. Über eine Woche lang hatten sie Clifford mit schwachen Schlafmitteln betäubt. Als Isabell Clifford hörte, dass auch ihr Bruder verhaftet worden sei, gab sie endgültig auf. Mit hämischer Schadenfreude diktierte sie uns die Adressen, wo sich die anderen Gangster versteckt hielten, die an der Entführung des Dowling-Kindes teilgenommen hatten. Das FBI sammelte sie ein, unter ihnen auch den Burschen mit der Bisswunde des Hundes.
Die Vernehmungen zogen sich wochenlang hin. An den letzten nahm ich wieder mit teil, nachdem sie mich im Krankenhaus endlich laufen gelassen hatten. Neville aber schleppte die Aktenberge von einem Vernehmungszimmer zum anderen. Manchmal grinste er sogar dabei. Auf einmal schien es ihm Spaß zu machen. Kenne sich einer mit den alten Leuten aus.
ENDE des Dreiteilers
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