0227 - Gefangen in der Totenstadt
legendären Priesterkönige der Etrusker, gewesen. Als Numa Pompilius hatte er nach König Romulus über das aufstrebende Rom als großer Friedensherrscher regiert.
Und von den Lukumoiden, den Priesterkönigen, hieß es, daß sie nicht nur immer wieder dem Leben zurückgegeben werden, sondern daß sie auch irgendwann von den unerklärlichen Mächten zu großen Aufgaben berufen werden.
Irgendwann war Pater Aurelian vom Strahl der Erleuchtung getroffen worden. Die Mächte des Guten hatten ihn zum Kämpfer des Lichtes ernannt.
Und wie Professor Zamorra offiziell einen Lehrstuhl für Parapsychologie innehatte, so benutzte Aurelian die Zurückgezogenheit des Vatikans, um von hier aus segenspendend zu wirken.
Aurelian mußte viel nachdenken. Vielleicht war das Auftauchen dieses Amun-Re der Grund, weshalb die unerklärlichen Mächte den Geist des Numa Pompilius aus dem Schlaf des Vergessens zurückgerufen hatten, der jetzt in Pater Aurelian weiterlebte. Sicherlich sollte er mit Zamorra gemeinsam diesen gewaltigen Gegner bekämpfen. Wenn man nur eine geeignete Waffe gegen den Zauberer hätte. Denn nur ein purer Zufall konnte die Schwerter, die Amun-Res Tod herbeiführen konnten, wiederauftauchen lassen.
Sosehr sich auch Pater Aurelian mit diesem Gedanken beschäftigte, der Grund seiner Wanderung war das eigentlich nicht. Die im Dunkel der Nacht schattenhaft wirkende Gestalt verhielt plötzlich ihren Schritt.
Pater Aurelian spannte seine Sinne an. Er spähte, er lauschte - und er witterte die Kraft des Bösen. Schon in den Tagen seines Lebens als Numa Pompilius hatte er die Aufgabe gehabt, das Böse auszuspähen und zu vernichten. Daher seine nächtlichen Rundgänge um die Stadt. Denn die Unheimlichen scheuen das Licht des Tages.
Aber jetzt, in diesem Augenblick, Aurelian spürte es ganz deutlich, schlug das Böse zu. Dem Mönch war, als würde sein Körper mit einem Schauer Eiswasser übergossen. In seinen Ohren meinte er, das höhnische Gelächter von tausend Satanen zu vernehmen.
Pater Aurelians Gestalt straffte sich. Das war nicht Amun-Re! Hier war ein Höllengegner am Werk, dem sich der Mönch ebenbürtig fühlte. Der sollte nicht länger in dem von Aurelian gehüteten Bezirk sein Unwesen treiben können.
Es riß den Mönch förmlich dorthin, wo gerade die Kräfte der Hölle zuschlugen.
Denn Aurelian war nicht waffenlos gegen die Gefolgsleute des Kaisers Luzifer. Und die »Väter der Reinen Gewalt«, jener geheimen Gesellschaft, der Aurelian angehörte, waren im Reich der Flamme fast so gefürchtet wie Dämonenjäger vom Format eines John Sinclair oder Professor Zamorra…
***
Namenlose Angst peitschte Sandra Jamis vorwärts.
Die blakende Fackel warf ihren Schatten an die Wände des Ganges, durch den sie mehr stolperte als lief.
Ihre bloßen Füße schmerzten. Sie war nicht gewohnt, ohne Schuhe zu laufen. Es war, als würden ihre Fußsohlen in flüssigem Feuer gebadet.
Nur vorwärts! Ein Aufenthalt konnte das Verderben sein.
Mit keuchendem Atem kämpfte sich das Mädchen durch die Gänge der alten Nekropole vorwärts.
Nekropole! - Totenstadt!
Ihr nackter Körper fröstelte unter der Kälte, die hier unter der Erde herrschte. Aber mehr als der Gedanke, wie sie, ohne einen Faden am Leib zu tragen, in die Zivilisation zurückkehren sollte, beschäftigte sie die Überlegung, wie sie heil aus diesem düsteren Labyrinth herauskommen sollte.
Das Schicksal des Skelettes war ihr nur zu deutlich in Erinnerung. Und die Gänge sahen alle so gleich aus…
Sie wünschte sich weg. Ganz weit weg. Nach Hause - nach Deutschland, wo es keine Verrückten gibt, die alten Götterreligionen anhängen.
Nach Hause zu ihrer Mutter, bei der sie sich ausweinen konnte. Zu der Sammlung von Puppen und Stofftieren, die immer noch das Regal in ihrem Zimmer bevölkerten und die ihr seit den Tagen ihrer Kindheit stets das Gefühl der Geborgenheit gaben. Nach Hause - am besten direkt unter ihre Bettdecke, wo ihr niemand etwas tun konnte.
Träume! Ach, es waren nur Träume!
Denn die Wirklichkeit sah sie weiter durch die stockfinsteren Gänge der Katakombe irren. Dem Tod auf dem Altar war sie glücklich entgangen. Nun aber trat ihr der Sensenmann entgegen in der Form von Verhungern und Erfrieren. Bitter bemerkte sie, daß auch die Fackel langsam schwächer wurde.
Da stieß ihr Fuß gegen etwas Merkwürdiges. Es gab ein schepperndes Geräusch, als wenn Geschirr aus gebranntem Ton zerschlagen wird.
Sandra senkte die Fackel auf den
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