0229 - Der schwarze Druide
einer Grimasse namenlosen Entsetzens.
Er schoß.
Die erste Kugel fegte eine der Ratten von de Balussecs linker Hand. Die andere richtete sich auf, quietschte schrill. Die zweite Kugel traf sie in den geöffneten Rachen. Etwas flog explosionsartig auseinander, aber Clement wußte nicht, was es war. Er wußte nur, daß der Graf ihn jetzt angriff, und zwar mit Magie. Er wollte ihn töten!
Noch einmal feuerte Clement. Er jagte den Rest der Munition aus der Waffenmündung hinaus und sah, wie die Kugeln in de Blaussecs Brust einschlugen. Aber der Graf zuckte unter den Treffern nicht einmal zusammen. Ungerührt saß er da, und die Wunden schlossen sich sofort wieder.
Clement schleuderte die nutzlos gewordene Waffe weg, wirbelte herum und begann zu laufen. Er taumelte, prallte gegen eine Wand, stürzte die Treppe mehr hinunter als er ging.
Ein höhnisches Gelächter brauste hinter ihm her, überlaut und schmerzend. Es verfolgte ihn noch in unveränderter Heftigkeit, als er in die Nacht hinausrannte, dem nächsten Dorf entgegen…
Es war das Lachen eines grausamen Teufels…
***
In der Zwischenzeit machte Raffael Bois gute Fortschritte!
Er entwickelte bereits Routine daran, die wetterfesten Kreidezeichen von der Mauer zu entfernen, die in regelmäßigen Abständen von je zwei Metern angebracht waren. Weil er die feststehenden Abstände kannte, brauchte er auch nicht lange zu suchen. Nur die Höhe war immer etwas unterschiedlich. Manchmal gab es auch zwei Zeichen auf einer Linie, aber eines unten und eines oben an der Mauer, so daß Raffael ein wenig klettern mußte.
Aber er kam in seinem Bemühen rasch weiter.
Ein Zeichen nach dem anderen verschwand. Größer wurde die Lücke, die in dem magischen Netz klaffte. Bereits jetzt war die Schutzwirkung nicht mehr gegeben. Aber Raffael hatte sich vorgenommen, ganze Arbeit zu leisten. Die magische Abschirmung mußte überall entfernt werden, nicht nur an einer Stelle. Jene weißmagische Sicherheitszone, die ihn fast getötet hätte, als er sich dem Château näherte. Nur im Zustand der Bewußtlosigkeit hatte er die Barriere durchdringen können. Hätten Zamorra und Nicole ihn nicht selbst durchgeschleust, wäre es ihm nicht gelungen, durch das Tor zu kommen.
Aber die Nähe des Amuletts hatte Raffael dann noch ein wenig abgeschirmt - gerade so weit, daß die weiße Magie der Abschirmung nicht mehr eingreifen und den Eindringling töten konnte.
Und jetzt rollte er den Sicherheitskreis von innen auf.
Er vernichtete die tagelange Arbeit Zamorras, vernichtete den einzigen Schutz, über den das Schloß verfügte. Und es störte ihn nicht im geringsten, daß Schloß Montagne jetzt den dämonischen Kräften -wehrlos ausgeliefert war.
Es wußte ja kein Dämon davon.
Nur einer wußte, was hier gespielt wurde. Jener, der Raffael den Auftrag erteilt hatte.
Und für ihn bereitete der alte Diener das Schloß vor. Er ebnete Zamorras Feind den Weg…
***
Clement Ferrac keuchte. Er war am Ende seiner Kräfte, und das Grauen saß ihm im Nacken. Das Lachen ließ ihn nicht mehr los, dieses Lachen des Teufels, und manchmal, wenn er sich für einen Augenblick umsah, glaubte er in der Ferne glühende Lichtpünktchen zu sehen - die Augen von Riesenratten, die ihn verfolgten.
Wie dunkle Ungeheuer tauchten die Silhouetten vereinzelter Häuser vor Clement auf. Sie waren dunkel. Nirgendwo brannte Licht. In dieser Gegend gingen die Menschen früh zu Bett und standen noch früher wieder auf. Clement wußte nicht, wie spät es war. Aber es schien bereits zu spät zu sein.
War denn nirgends mehr jemand auf?
Da sah er das Licht der Telefonzelle.
Er eilte darauf zu, riß die Tür auf. Fieberhaft suchte er in seinen Taschen nach Münzen, wurde fündig. Draußen glaubte er wieder die glühenden Augen der kleinen Ungeheuer zu sehen, die ihm auf der Spur waren.
Erwählte die Nummer vom Château Montagne. Es war reiner Zufall, daß er sie kannte. Raffael hatte sie ihm gesagt, bevor er ging, und Clement hatte sie sich eingeprägt. Er pflegte solche Telefonnummern oder Namen und Adressen in seinem Kurzzeit-Gedächtnis zu speichern, bis sich eine Gelegenheit bot, sie an entsprechender Stelle zu notieren. Im Umgang mit den Geschäftsfreunden des Grafen hatte sich diese Angewohnheit oft als recht nützlich erwiesen.
Aber Clement hatte an diesem Tag noch keine Gelegenheit gefunden, die Nummer niederzuschreiben, also hatte er sie noch im Gedächtnis.
Niemand hob ab.
Raffael, dachte Clement. Alter
Weitere Kostenlose Bücher