0229 - Der schwarze Druide
gespürt zu haben glaubte.
Er meinte, mit seinen Para-Sinnen irgendwo in der Nähe einen zeitlosen Sprung bemerkt zu haben. Aber er war sich nicht vollkommen sicher. Es konnte auch eine nervliche Überreizung gewesen sein, hervorgerufen durch Bier und gepfefferte Salzschnitzel. Denn der zeitlose Sprung war in dieser Form eine einzigartige Gabe der Druiden vom Silbermond. Von denen gab es aber nur noch herzlich wenige auf der Welt, und Gryf konnte sich nicht vorstellen, wer hier noch außer Teri und ihm in der Nähe sein sollte. In diesem Teil der Welt war ihm gerade noch Inspektor Kerr von Scotland Yard bekannt, aber der machte keine Vergnügungsreisen. Er hätte sich vorher kurz angemeldet.
»Hm«, machte Gryf. War da am Abend nicht noch etwas gewesen, das ihn ein wenig überraschte?
Richtig! Zamorras und Nicoles Ankunft! Drei Personen saßen im Wagen, aber ehe Gryf ihn sehen konnte, meinte er doch für einen Moment, vier Insassen gespürt zu haben!
Er schüttelte heftig den Kopf und erhob sich und schlenderte zum Wasser hinüber.
»Was ist?« fragte Teri.
»Ich will einen klaren Kopf behalten«, sagte er und sprang ins Wasser. Teri folgte ihm. Zamorra sah den beiden nach. »Sollen wir auch?« fragte er.
Nicole schüttelte den Kopf. »Im Moment freue ich mich, daß ich trocken bin«, sagte sie und lehnte sich an ihren Lebensgefährten. »Laß uns einfach nur ein wenig die Sterne anschauen. Sie scheinen so schön.«
Sternenlicht-Romantik… Selbst Zamorra konnte sich dem eigenartigen Zauber nicht entziehen, den diese Nacht auf die vier Menschen ausübte. Es war alles so ganz anders als sonst, so ungewöhnlich, und er genoß die Ruhe.
Gryf spürte das. Und deshalb schwieg er über seine Vermutungen. Er wollte Zamorra nicht aus seiner Stimmung reißen.
Aber irgendwo tief in Gryf flüsterte eine warnende Stimme, daß diese friedliche Nacht nur die Ruhe vor einem Sturm sein konnte.
Aber wo würde dieser sich austoben - und wann?
Oben im Château Montagne brannten immer noch die Lichter…
***
Im zeitlosen Sprung hatte der Schwarze Druide Château Montagne erreicht. Leicht vorgebeugt blieb er stehen und lauschte nach fremden Gedanken. Aber das Schloß war leer.
Nein, nicht ganz. Unterschwellig spürte er etwas Vertrautes. Raffael Bois, sein zweiter Diener, in dem das kauerte, das er ihm beim Verlassen des Herrenhauses nachschleuderte.
Raffael Bois schien bewußtlos zu sein.
Es störte den Druiden nicht. Langsam bewegte er sich durch das Schloß, zu Fuß. Er mußte Kräfte sparen. Wohl war er sehr stark und mächtig, aber auch er war an bestimmte Gesetzmäßigkeiten gebunden, sonst hätte Merlin ihn damals nicht bezwingen können.
Victor de Blaussec ging den Impulsen nach und fand Raffael in einem seiner Zimmer.
»Steh auf«, befahl der Druide.
Er streckte die Hand aus. Wie mit einem Magneten wurde Raffael von einer geheimnisvollen, dunklen Kraft angezogen und kam auf die Beine. Leicht wankend stand er da.
»Erwache«, befahl der Druide.
Raffael Bois Körper zuckte heftig. Dann öffnete der alte Diener langsam die Augen.
In den Augen wohnte das Schwarze, das der Druide ihm nachsandte. Das Schwarze beherrschte den alten Mann.
»Du bist mein Diener«, sagte der Druide. »Zeige mir das Schloß. Ich muß er kennenlernen. Zeige mir, wie ich Zamorra in eine Falle locken kann, sobald er auftaucht.«
Raffael nickte nur.
Nichts an ihm deutete darauf hin, daß er gerade noch bewußtlos gewesen war. Der lichte Augenblick von vorher war wieder verschwunden. Er erinnerte sich an nichts mehr. Das Böse hatte ihn im Griff.
Er begann mit der Führung. Aufmerksam nahm der Schwarze Druide alles in sich auf. Vor einigen Räumen schreckte er zurück; wohl bestand der weißmagische Schutzschirm um das Schloß nicht mehr, aber in manchen Räumen befanden sich weißmagische Gegenstände von großer Kraft, oder die Räumlichkeiten waren gesichert. Sorgfältig merkte der Druide sich, vor welchen Zimmern er sich in acht zu nehmen hatte.
»Nenne mir ein Versteck für den Dämonenschatz«, befahl der Druide schließlich. Raffael zeigte sich nicht darüber verwundert, daß dieser Schatz sich plötzlich hier befand. Druide und Schatz gehörten zusammen. Es bestand eine Verbindung zwischen ihnen.
Kurz darauf schwebte die Truhe in ihr neues Versteck. Und Victor de Blaussec betrat Zamorras großes Arbeitszimmer.
»Geh und versieh deinen Dienst, ohne mich zu verraten«, befahl er. »Hier werde ich auf meinen Gegner warten.
Weitere Kostenlose Bücher