023 - Der grüne Bogenschütze
wohl nicht ganz bei Verstand! Na ja, eigentlich hätten Sie nicht einmal Anspruch auf Ihren Lohn, nachdem Sie lange genug hier herumgeschnüffelt und hinter meinem Rücken spioniert haben. Aber hier - nehmen Sie Ihr Geld!« Er klaubte einige Banknoten hervor und warf sie auf den Tisch. Ein wenig versöhnlicher, beinahe vertraulich, fuhr er fort:
»Ich bin in einer schwierigen Lage. Dieser verdammte Spürhund Featherstone hat offenbar einiges über die Frau herausgebracht, die ich gefangenhalte. Wahrscheinlich wissen Sie das auch und wollen deshalb weglaufen?«
Bellamy bückte sich, legte ohne weitere Erklärungen die Falltür frei und stieg die Treppe hinunter. Fay und Julius schauten ihm verblüfft zu.
»Kommen Sie ruhig mit!« rief er hinauf. »Sehen Sie sich die Geschichte einmal an ...«
Fay nickte Julius energisch zu. Ihre Neugier ließ sie jede Vorsicht vergessen. Zögernd stieg Julius in die Öffnung im Boden ein, und Fay folgte ihm. Unten erwartete sie Bellamy. Er ging auf die Tür am Ende des sich verengenden Ganges zu.
»Es kommt jetzt ohnehin nicht mehr darauf an - von mir aus können Sie ...« Er stieß die Tür auf. »Hier wohnt die Dame!«
Neugierig traten Julius und Fay näher und blieben auf der Schwelle zu der unterirdischen Behausung stehen.
In diesem Augenblick gab Bellamy beiden einen Stoß in den Rücken, daß sie in den Gang hineintaumelten, schlug krachend die Tür ins Schloß und schob den Riegel vor. Dann schaute er höhnisch durch die kleine, vergitterte Öffnung, die in der Tür angebracht war.
»So, was sagt ihr jetzt? Hätte euch so gepaßt, einfach nach Hause zu laufen! Ihr meint wohl, ich würde zusehen, wie ihr jedem, der sich dafür interessiert, nette kleine Geschichten erzählt, was? Hier bleibt ihr - und zwar, bis ihr krepiert!«
Starr vor Schrecken, riß sich Julius zusammen - er hatte nur eine Chance. Langsam drehte er sich so, daß der Alte seine rechte Seite nicht sehen konnte, schob vorsichtig die Hand in die Hüfttasche, riß mit einem Ruck die Pistole, die er jetzt ständig bei sich trug, heraus und knallte eine Reihe von Schüssen gegen die Öffnung.
Er hatte Pech. Ein Geschoß sauste dicht an Bellamys Schädel vorbei, ein anderes prallte am Eisengestänge ab - und da hatte sich Bellamy schon blitzschnell geduckt und war zurückgesprungen. Er schob den eisernen Schieber vor das Gitter und stieg, ohne sich um das Poltern und Schreien zu kümmern, hinauf in die Bibliothek.
Im Lauf des Vormittags machte er einen Gang durch den Park. Als er zum Pförtnerhaus kam, sah er auf der Straße Spike Holland vorbeispazieren.
»He, Holland! Immer noch auf Gespensterurlaub?«
»Guten Morgen, Mr. Bellamy - gibt's was Neues?«
»Ich habe einen guten Sekretär verloren.«
»Savini?«
»Ja, er hat mich samt seiner sauberen Frau verlassen, nachdem ich die beiden heute nacht beim Aufbrechen meines Geldschranks überraschte. Ich dachte, das wäre endlich mal eine Geschichte für Ihre Zeitung - von Gespenstern allein können Sie ja nicht leben.«
»Interessante Neuigkeit -«, sagte Spike ohne Begeisterung.
»Ach, ich habe die ganze Burg satt. Ich werde alle Angestellten hinauswerfen und nur den Pförtner und Verwalter behalten.«
»Und was wird aus dem grünen Bogenschützen?« fragte Spike.
»Der? Das ist doch mein neuer Verwalter. Wußten Sie wohl nicht, wie? Nächstens einmal will ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen. Er hat es verstanden, alle Leute an der Nase herumzuführen. Haben Sie ihn noch nie zu Gesicht bekommen?«
»Nein«, erwiderte Spike. »Sein Rücken würde mich viel mehr interessieren.«
Bellamy sah ihn erstaunt an.
»Was soll das heißen?«
»Ich möchte die Narbe sehen, die von Creagers Peitsche stammt.«
Spikes Bemerkung machte einen unerwarteten Eindruck auf Bellamy. Sein Gesicht wurde totenblaß, seine Hand krampfte sich um einen Torpfosten. Dann drehte er sich rasch um, ließ Spike einfach stehen und lief zur Burg hinauf. Krachend warf er die Tür der Bibliothek hinter sich zu und ließ sich in einen Sessel fallen.
Der Mann, den Creager ausgepeitscht hatte!
48.
Am Nachmittag erhielt Featherstone einen Anruf von Spike Holland.
»Savini und seine Frau haben die Burg angeblich verlassen, und der Alte will seine ganze übrige Dienerschaft hinauswerfen«, teilte ihm der Reporter mit.
»Moment mal, Holland, eines nach dem andern - wieso seine Frau? Fay? Sie wollen doch nicht sagen, daß sie auch ...«
»Doch, natürlich, letzten Dienstag
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