023 - Der grüne Bogenschütze
diese Frau nicht entkommen wäre! Was man mit Geld erreichen konnte, hatte er versucht, um sie wieder in seine Hände zu bekommen. Sie war wie vom Erdboden verschlungen.
Bewegungslos starrte er vor sich hin. Schließlich holte er Lacy, der schon die ganze Zeit in einem abgelegenen Zimmer der Burg gehaust hatte, zu sich in die Bibliothek.
Lacy lümmelte sich Bellamy gegenüber in einen Sessel.
»Wie soll das nun eigentlich weitergehen?« fragte er dreist. »Soll ich vielleicht ewig hier auf der Burg bleiben? Wann ist eigentlich Julius fortgegangen?«
»Heute morgen.«
Lacy zündete sich gemächlich eine Zigarette an. Anscheinend ließ er sich verschiedenes durch den Kopf gehen.
»Glauben Sie nicht, daß Julius Sie anzeigen wird? Wäre doch verdammt unangenehm - übrigens könnte schließlich auch ich Sie hereinlegen -«
»Wegen Julius mache ich mir nicht die geringsten Sorgen und Ihretwegen erst recht nicht.«
Das Telefon klingelte, Bellamy nahm ab. Es war der Pförtner.
»Ein Herr ist am Tor und wünscht Sie zu sprechen«, meldete er.
»Sagen Sie ihm, daß ich niemand empfange. Wer ist es denn?«
»Er sagt, daß er sich erkundigen wolle, ob die Burg verkauft wird.«
»Die ist doch nicht zu verkaufen, Sie Idiot! Wie heißt der Mensch?«
»Mr. John Wood. Er sagt, daß er extra von Belgien hierhergekommen sei, um mit Ihnen zu sprechen.«
Bellamys Gesicht veränderte sich.
»Sagen Sie ihm, er möchte heraufkommen.« Er legte auf und sah sich um. »Sie können verschwinden, Lacy! Ich bekomme gleich Besuch.«
Lacy erhob sich widerwillig.
»Die ganze Sache gefällt mir nicht«, maulte er.
Bellamy gab keine Antwort, er sah ihn nur kalt, abwägend an.
Lacy ging hinaus. Er fühlte sich auf einmal sehr unbehaglich.
Nach wenigen Minuten öffnete Sen die Tür und führte Mr. Wood herein. Bellamy stand an den Kamin gelehnt und musterte ihn.
»Mr. Wood?«
»Ja - ich habe gehört, daß Sie die Burg verlassen und verkaufen wollen.«
»Nehmen Sie doch Platz.«
»Ich ziehe es vor, zu stehen, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Wer hat Ihnen erzählt, daß ich die Burg verkaufen will?« begann Bellamy. »Ich denke gar nicht daran - jetzt nicht und auch in Zukunft nicht. Wozu wollten Sie überhaupt Garre Castle kaufen?«
»Ich habe die Absicht, hier in England ein Kinderheim zu gründen«, erwiderte Wood und sah Bellamy ernst an. »Und ich dachte, daß gerade diese Burg, wenn sie entsprechend eingerichtet wird, ein sehr geeigneter Platz dafür wäre. Die Burganlage ist weitläufig, es sind große Räume vorhanden, und außerdem ...«
»Sie brauchen gar nicht weiterzureden - ich verkaufe auf gar keinen Fall!«
John Wood verbeugte sich achselzuckend und wollte gehen, als Bellamy ihn noch einmal anredete.
»Ihr Name kommt mir so bekannt vor, Mr. Wood - waren Sie nicht mit einem Verwandten von mir befreundet?«
»Wenn Sie Ihren Neffen meinen, ja. Wir waren in der gleichen Fliegerstaffel.«
»Sind Sie sicher, daß er gefallen ist?«
»Sein Name stand in den Gefallenenlisten, und er hat mir sein kleines Vermögen vermacht.«
»Es könnte aber doch möglich sein, daß er noch am Leben ist? Man hört häufig von Leuten, die im Krieg als tot gemeldet wurden und später überraschend zurückkehrten.«
»Die amerikanischen Armeebehörden waren sehr gewissenhaft, und die Todesmeldungen wurden genau überprüft.«
Bellamy dachte nach.
»Hat mein Neffe je etwas über seine Vergangenheit mitgeteilt?«
»Nein, er sprach nie darüber.«
»Hm!« Bellamy schien beruhigt zu sein.
Er begleitete Mr. Wood zur Tür und schaute ihm nach, als er den Fahrweg hinunterging. Als er in die Bibliothek zurückkam, war Sen damit beschäftigt, ein Tablett auf den Tisch zu stellen. Er reichte seinem Herrn einen Zettel.
›Keine Milch‹ stand darauf.
»Ist keine mehr im Vorratsraum?«
Sen schüttelte den Kopf.
»Es muß doch kondensierte Milch dasein«, brummte Bellamy ärgerlich. »Ich werde selbst nachsehen.«
Bei dieser Gelegenheit machte er eine wichtige Entdeckung.
Als es dunkel wurde, schickte er Lacy mit Auto und Chauffeur in die Stadt, um Einkäufe zu machen.
50.
Julius Savini ergab sich mit philosophischer Ruhe in die Lage, in der er sich mit Fay zusammen befand. Seit zwei Tagen saßen sie nun schon in der unterirdischen Kerkerwohnung, und Bellamy hatte sich nicht mehr blicken lassen. Verhungern konnten sie nicht, solange der Vorrat an Lebensmittelkonserven reichte. Die Wasserleitung war intakt, und bis jetzt
Weitere Kostenlose Bücher