023 - Der Satan schickt die Höllenbrut
schönsten Träumen gerissen.«
Sean Howard
lachte leise. »Aus den schönsten Träumen gerade nicht, Ferguson, aber aus dem
schönsten Schlaf! Ich bin erst vor zwei Stunden ins Bett gekommen, denn ich
hatte noch eine anstrengende Konferenz zu leiten. Wenn Sie jedoch um diese
späte Stunde – oder soll ich sagen: frühe Stunde? – hier anrufen, dann wird das
bestimmt seine Bedeutung haben.«
»Ich muß Sie
unbedingt sprechen!« Patrick Fergusons Stimme klang geheimnisvoll. »Es ist mir
zu riskant, hier am Telefon über gewisse Dinge zu sprechen. Ich muß mit Ihnen
unter vier Augen reden. Ich fürchte, wir kommen nicht umhin, eine Meldung an
die Regierung in Washington weiterzureichen.« Sean Howards Gesichtsausdruck
wurde ernst. »Neue Scherereien, Ferguson? Das paßt mir gar nicht. Wir haben
hier in Hongkong während der letzten Wochen genügend Unannehmlichkeiten gehabt.
Die Briten mußten verstärkt Polizei und sogar Militäreinheiten einsetzen, um
die Ruhe wiederherzustellen.«
»Wenn es nur
um Dinge rein politischer Natur ginge, könnten wir zufrieden sein. Es steht
etwas anderes auf dem Spiel.« Fergusons Stimme klang dumpf und müde. »Wir
müssen darüber sprechen, ein Aufschub ist unmöglich. Ich erwarte Sie in meinem
Haus. Noch etwas: Ich möchte verhindern, daß jemand etwas über Ihren
nächtlichen Besuch bei mir erfährt.
Kommen Sie
durch den Hintereingang der Garage! Parken Sie Ihren Wagen direkt neben der
Ausfahrt. Den Weg zur Terrasse kennen Sie ja. Ich lasse die Terrassentür offen,
Sie können von dort aus direkt in mein Arbeitszimmer gelangen. Ich werde das
Licht löschen, treten Sie dennoch ein! Die Dienstbotenzimmer liegen auf der
anderen Seite der Villa, es ist praktisch ausgeschlossen, daß man Sie sieht.«
»Ich komme,
Ferguson.«
●
Er war bis
zum Ende der Allee gefahren. Das zweitletzte Haus bewohnte Patrick Ferguson,
der Botschaftssekretär. Sean Howard ließ seinen Wagen langsam ausrollen. Die
Einfahrt zur Garage war geöffnet. Der Weg fiel leicht nach unten ab. Fast
lautlos hielt das Auto neben der Garage. Sean Howard stieg aus und drückte
leise die Tür zu. Der Morgen dämmerte, aber noch waren die Straßen
menschenleer. Die Luft war warm und windstill. Der Himmel wolkenlos. Alles
kündete einen sehr heißen Tag an.
Die weiße
Villa, die Ferguson bewohnte, stand etwas von der Straße zurückgebaut. Hohe,
schattige Bäume verbargen das große Haus zum Teil. Hinter der Villa schloß sich
ein ausgedehnter, parkähnlicher Garten an. Zwischen Hecken und dichten Büschen
lag ein Swimmingpool. Das Grundstück war von einer mit Marmorplatten
gekachelten Mauer umgeben.
Sean Howard
ging in die offenstehende Garage. Eine schmale Seitentür ermöglichte es ihm,
das Anwesen des Botschaftssekretärs zu betreten. Gepflegte Wege führten
zwischen Rasen und Baumreihen hindurch.
Die Villa
hatte hohe, schmale Fenster, zahlreiche Balkone und mehrere Wintergärten. Vier
flache Stufen führten zu einer geräumigen Terrasse. Vögel zwitscherten im Park,
es war das einzige Geräusch weit und breit.
Sean Howard
wandte sich zur Seite. Die Terrassentür stand weit offen, und die Vorhänge
waren zurückgezogen. Im Halbdunkel, das im Zimmer herrschte, waren die Umrisse
eines schweren, eichenen Aktenschrankes zu erkennen.
Sean Howard
kniff die Augen zusammen. Er erblickte den Vorhang, und ein unangenehmes Gefühl
machte sich in ihm breit. Der Vorhang war zerrissen und hing über der linken
Terrassentür. Stoffreste lagen am Boden.
Sean Howard
erstarrte in der Bewegung und griff nach dem handlichen Revolver, den er immer
bei sich trug. Er näherte sich der Terrassentür und ging in das halbdunkle
Zimmer. Sah den Schreibtisch, erblickte Aktenbündel und Bücher auf dem Boden,
und mehrere Papierfetzen, die über dem dicken Teppich verstreut waren.
Und
Blutflecken an der Wand, auf dem Boden, auf dem Papier.
»Ferguson?«
Sean Howards
Stimme war nur ein Hauch. Er drehte sich langsam um die eigene Achse.
Ein eisiger
Schrecken ließ ihn erstarren.
Er erblickte
Patrick Ferguson in dem schwarzen, hochlehnigen Ledersessel neben der
Bücherwand.
Der
Botschaftssekretär war auf den ersten Blick überhaupt nicht zu erkennen. Ein
grauenhaftes Bild bot sich Sean Howard.
Es war ein
Anblick, den er niemals in seinem Leben wieder vergaß. Ferguson, oder das was
von ihm übriggeblieben war, sah aus, als hätte ihn eine Raubkatze angefallen!
Drei Menschen
waren in dieser Nacht gestorben. Betsy, die
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