023 - Im Zeichen des Boesen
Widerstand; der Fensterriegel drückte in seinen Nacken. Er konnte nicht mehr weiter zurückweichen. Das war sein Ende. Oder doch nicht?
Er zerrte an dem Riegel, bekam das Fenster schließlich auf, schwang sich hoch und trat auf den Sims und in die sturmgepeitschte Nacht hinaus. Ein höhnisches Gelächter, das aus dem tiefsten Schlund der Hölle zu kommen schien, begleitete ihn. Erst da erkannte er, daß er nicht aus freien Stücken aus dem Fenster geklettert war.
Das Fenster schlug hinter ihm krachend zu. Dorian stand auf dem schmalen Sims, mit dem Rücken zur Wand. Der Sturm zerrte an ihm. In der Tiefe blickte er auf nackten Fels. Wenn er ausrutschte, würde das sein sicherer Tod sein. Und die Äste der Tanne waren noch gut fünf Meter von ihm entfernt. Er konnte den Sprung nicht wagen, die Distanz war zu groß. Außerdem konnte er sich von dem Sims nicht richtig abstoßen; er würde nie den Nadelbaum erreichen, sondern wie ein Stein in die Tiefe fallen.
Es blieb ihm also nichts anderes übrig, als den Sims entlangzutasten, um ein Fenster zu erreichen, das zu einem leeren Raum gehörte. Aber wer sagte, daß ihn nicht schon überall Dämonen erwarteten?
Dorian machte einen ersten vorsichtigen Schritt. Er wagte nicht, den Fuß zu heben, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren; er schob ihn langsam über den Untergrund, dann zog er das andere Bein nach.
Er schwitzte, obwohl ihn ein eisiger Wind durchschüttelte. Nach einer kurzen Atempause machte er den nächsten Schritt. Als er das Bein zum dritten Mal ausstreckte, stieß er mit dem Rücken gegen einen Widerstand. Sein Körper neigte sich nach vorn, und er mußte heftig mit den Armen herumrudern, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren. Sobald er einigermaßen sicher stand, machte er den Rücken hohl, um nicht wieder gegen den Mauervorsprung zu stoßen. Diesmal kam er daran vorbei. Doch schon beim nächsten Schritt ereilte ihn neuer Schrecken.
Er spürte plötzlich keinen Boden unter seinem rechten Fuß. Augenblicklich verlagerte er sein Gewicht auf das andere Bein – gerade noch rechtzeitig. Neben ihm bröckelten etwa zwanzig Zentimeter des Simses ab.
Dorian blieb nichts anderes übrig, als über das fehlende Stück hinwegzubalancieren. Er durfte auch auf keiner Seite die Bruchstellen zu sehr belasten. Das bedeutete, daß er eine Distanz von annähernd vierzig Zentimetern zu überbrücken hatte.
Er setzte das rechte Bein behutsam auf der anderen Seite auf. Als er so dastand, fiel plötzlich ein Schatten auf ihn. Er hob in instinktiver Abwehr die Arme, dann spürte er den Flügelschlag und wie sich scharfe Krallen in sein Fleisch eingruben.
Kaum hatte er den ersten Angreifer abgeschüttelt, da fiel ein ganzer Schwarm dieser grauen, unheimlichen Ungeheuer über ihn her.
Fledermäuse!
Sie verkrallten sich in seinem Haar, rissen es ihm in Büscheln aus und saugten sich an seinem Körper fest. Er hörte, wie der Stoff seiner Kleider zerriß, und spürte einen stechenden Schmerz in der Brust. Wie wild schlug er mit beiden Händen um sich und traf das Untier, das ihn in die Brust gebissen hatte, tödlich. Doch sein Triumph war nur von kurzer Dauer. Während er seine Arme senkte, stürzte sich einer der fliegenden Blutsauger auf seine Kehle. Dorian bekam die Hände noch rechtzeitig hoch. Er packte das Tier am Genick und zermalmte es an der Wand.
Als der Angriff der Fledermäuse einen Moment lang ins Stocken kam, zog er das linke Bein über die Bruchstelle hinweg. In der Dunkelheit sah er nicht, daß er seinen Fuß genau auf eine der fliegenden Bestien setzte. Das wurde ihm zum Verhängnis. Er rutschte auf dem weichen, nachgiebigen Körper aus und verlor das Gleichgewicht. Sofort war ihm klar, daß er es nicht wiederfinden konnte. Er hatte nur noch die Möglichkeit, seinen Sturz in die Tiefe so zu lenken, daß er wenigstens in einem der Sträucher landete. Oder er versuchte, sich seitlich abzustoßen und das Fenster zu erreichen, das einen halben Meter von ihm entfernt lag.
Diese Überlegungen rasten innerhalb von Sekundenbruchteilen durch Dorians Kopf – und ebenso schnell entschloß er sich. Er wollte den Sprung zum Fenster riskieren.
Es klirrte, als seine Faust das Glas durchstieß. Er spreizte die Finger und krümmte sie gleichzeitig, als er den Fensterrahmen zu fassen bekam.
Die Blutsauger bearbeiteten ihn immer noch, aber er empfand sie nun nicht mehr als Gefahr, sondern höchstens als Belästigung.
Er zog sich am Fensterrahmen hoch, senkte den Kopf
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