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0230 - Im Land der Unheils

0230 - Im Land der Unheils

Titel: 0230 - Im Land der Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang E. Hohlbein
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Mein Name spielt keine Rolle. Nicht hier. Namen spielen hier überhaupt keine Rolle, wissen Sie, Held?«
    »Mein Name ist…«
    Der Alte unterbrach ihn mit einer raschen Handbewegung. »Vergessen Sie ihn«, sagte er ruhig. »Er zählt hier nicht. Sie haben ihn im gleichen Moment abgelegt, als Sie durch die Tür traten. Wir sind Fee, Held, Recke und Zauberer, mehr nicht.«
    »Hören Sie mit dem Quatsch auf«, schnappte Zamorra wütend. »Ich weiß nicht, wer sich dieses idiotische Spiel hat einfallen lassen, aber…«
    »Es ist nicht idiotisch, mein lieber Recke«, verbesserte ihn der Zauberer. »Ganz und gar nicht. Aber ich verlange gar nicht, daß Sie mir glauben. Dazu sind Sie noch nicht lange genug hier. Wenn Sie erst einmal so lange hier sind wie ich, werden Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich habe nicht vor, lange hierzubleiben«, antwortete Zamorra.
    Der Zauberer lächelte, aber seine Augen blieben dabei ernst. »Das hat keiner von denen, die hierherkommen«, antwortete er. »Ich hatte es auch nicht vor, damals.«
    »Soll das heißen, daß Sie… schon länger hier sind?« mischte sich Nicole ein.
    Der Alte nickte. Er trat näher, betrachtete Zamorras Waffe einen Moment lang mit gelindem Interesse und schüttelte dann wieder den Kopf. »Ein schönes Schwert«, sagte er. »Aber Sie sollten trotzdem versuchen, sich eine magische Waffe zu besorgen. Weiter unten nutzt ihnen ein normales Schwert nichts mehr. Wenn ich auch zugeben muß, daß Sie verdammt gut damit umzugehen verstehen. Wo haben Sie es gelernt?«
    Zamorra setzte zu einer Antwort an, aber der Alte redete bereits weiter. »Um auf Ihre Frage zurückzukommen, liebe Fee -«
    »Nicole«, unterbrach ihn Nicole scharf. »Mein Name ist Nicole Duval.«
    »Ich bin schon sehr lange hier«, sagte der Magier, als hätte er ihre Worte überhaupt nicht zur Kenntnis genommen. »Viele Jahre, nach Ihrer Zeitrechnung. Zu viele Jahre.«
    »Und wie kommen Sie hierher? Was soll das Ganze hier eigentlich?«
    »Ich stamme aus der gleichen Welt wie Sie«, erklärte der Magier. »Irgendwann bekam ich dieses Spiel geschenkt. Ich nehme an, Sie erhielten es auf die gleiche Weise - mit der Post, ohne Absender.«
    Nicole nickte.
    »Unsere Schicksale gleichen sich. Die Schicksale aller, die in dieses Labyrinth eindringen, gleichen sich, meine Liebe.«
    »Soll das heißen, daß… daß wir nicht die einzigen sind?« fragte Zamorra ungläubig.
    »Natürlich nicht. Vor Ihnen waren viele hier, und nach Ihnen werden noch viele kommen. Auch ich kam nicht allein.«
    »Aber wo… wo sind sie?« fragte Nicole.
    »Tot«, antwortete der Zauberer. »Ausgeschieden, wäre vielleicht der bessere Ausdruck. Aus dem Spiel genommen.«
    Nicole wurde sichtlich bleich. »Die Spinne…«
    »Sie und andere«, nickte der geheimnisvolle Alte. »Sie ist nur die Erste Wächterin. Es gibt andere, schlimmere, glauben Sie mir. Sie alle haben versucht, die Schatzkammer zu erreichen, aber es ist noch keinem gelungen. Auch mir und meinen Freunden nicht.«
    »Sie sagen das so ruhig, als wäre der Tod eines Menschen die alltäglichste Sache der Welt«, sagte Zamorra. »Wer sind Sie, zum Teufel noch mal?«
    »Der Tod wird alltäglich, wenn man ihm immer wieder ins Auge blickt«, gab der Alte ungerührt zurück. »Ich habe zu viele sterben sehen, um noch Mitleid oder Schmerz zu empfinden.«
    »Und Sie?« fragte Zamorra mißtrauisch. »Wieso leben Sie?«
    »Vielleicht weil ich klüger als die anderen war«, gab der Alte zurück. »Zu klug, wie mir scheint. Ich halte mich nur hier oben auf, in Gebieten, in denen ich sicher bin.«
    »Was heißt das?«
    »Sie haben die Regeln nicht sehr aufmerksam gelesen, wie mir scheint«, lächelte der Alte.
    Zamorra wurde langsam wütend. »Hören Sie endlich mit Ihren blöden Regeln auf«, zischte er. »Das hier ist kein Spiel, son -«
    »Doch, das ist es«, unterbrach ihn der Alte scharf. »Aber ein Spiel mit tödlichem Einsatz. Ich wählte den Magier, als wir damit begannen, ich und meine Freunde. Sie starben, aber ich überlebte, weil ich die stärkste Figur genommen habe. So einfach ist das.«
    »Einfach!« keuchte Nicole.
    Der Alte nickte. »Hier oben bin ich sicher«, sagte er. »Keines der Ungeheuer, das hier lebt, kann mir gefährlich werden. Weiter unten, auf der siebten oder gar achten Sohle, wäre auch ich in Lebensgefahr. Deshalb bleibe ich hier. Ich warte, wissen Sie? Ich habe alle Zeit der Welt. Ich warte auf die, die kommen, und begleite sie ein Stückweit, bis ich

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