0231 - Der Tod spielt auf im Treppenhaus
Brutalität Rallaros und seiner Bande, aber auch sie weigert sich, vor einem Gericht gegen ihn auszusagen. Ich habe den Eindruck, als weigerte sie sich nicht aus Furcht, sondern als hinderte sie irgendetwas anderes.«
»Ich glaube, wir sollten sie im Auge behalten«, meinte Phil nachdenklich. »Wenn Rallaro ihr ein Haar krümmt, dann vergesse ich die Grenzen, die einem FBI-Mann gesteckt sind.«
Ich verschwieg, dass ich gesehen hatte, wie Juana geschlagen worden war.
***
Als Phil und ich gegen elf Uhr losgingen, stand der Mond fast voll am Himmel und tauchte die Straße in sein bleiches Licht.
In den Puerto Ricaner-Vierteln schläft das Leben nur langsam ein. Die Leute sind es von ihrer Insel her gewöhnt, die Nächte zum Tag zu machen, obwohl New Yorks Klima das nicht immer erlaubt. Damals allerdings stöhnte die Stadt unter einer Hitzewelle, sodass die Temperatur erst nachts erträglich wurde. Die Straßen waren mit Menschen gefüllt. Sie saßen auf den Treppenstufen der Häuser, standen in Gruppen an den Straßenecken, drängelten sich vor den Kneipen.
Lieutenant Clay hatte sein Wort gehalten. Am späten Nachmittag war ein Cop in der Desbrosses Street erschienen und hatte uns zwei Listen gebracht; die eine mit den Namen von Mitgliedern der Rallaro-Bande, die andere mit Kneipen-, Bars- und Nightclub-Adressen.
Als wir uns für diesen Ausflug rüsteten, behauptete Phil, er fühle sich völlig wohl, seitdem er wieder eine Pistole im Halfter trüge.
Ich hatte die Waffe am Abend vom FBI-Hauptquartier geholt, und Phil gleich ein halbes Dutzend Formulare mitgebracht, in denen er der Waffenverwaltung angeben musste, wo, wann, wie und unter welchen Umständen er das ihm anvertraute Schießeisen verloren hatte. Die Bürokratie treibt nun einmal auch bei unserem Verein üppige Blüten.
Wir gingen vorsichtig die Straßen entlang.
Wir wussten, dass Rallaros Nachrichtendienst uns nicht aus den Augen ließ. Ziemlich bald fiel mir dann auch ein Bursche in einem weißen Hemd auf, der sich hartnäckig an unsere Fersen heftete.
»Beachte den Knaben mit dem weißen Hemd«, flüsterte ich Phil zu. »Er verfolgt uns.«
»Habe ihn schon bemerkt«, flüsterte er zurück.
»Am nächsten Schaufenster bleiben wir stehen. Dann ändern wir die Richtung, gehen auf ihn zu und nehmen ihn in die Mitte.«
Es war das absolut uninteressante Schaufenster eines Gemüseladens, aber wir starrten hinein, als gäbe es die interessantesten Dinge der Welt darin zu sehen. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass der Mann im weißen Hemd in dreißig Yards Abstand ebenfalls vor einem Laden stehen blieb.
»Jetzt«, sagte ich. Wir drehten um und gingen den Weg zurück. Unser Verfolger hob verwirrt den Kopf, als er uns auf sich zukommen sah. Einen Augenblick lang wusste er nicht, was er tun sollte, entschloss sich aber dann, stehen zu bleiben, und uns an sich vorübergehen zu lassen.
Wir taten ihm den Gefallen nicht. Ehe er sich versah, standen wir rechts und links neben ihm. Er probierte ein Lächeln, das rasch erlosch, als er unsere ernsten Gesichter sah. Der Junge mochte kaum zwanzig Jahre alt sein.
»Schönen Gruß an Juan Rallaro«, sagte ich. »Er soll sich für unsere Beobachtung Leute aussuchen, die ein wenig davon verstehen.«
»Wovon sprechen Sie, Mister?«, fragte er mit einem Versuch, frech zu werden. Phil erstickte den Versuch im Keim.
»Sieh dir mein Gesicht an«, knurrte er den Boy an. »Wenn wir heute Nacht dein schönes weißes Hemd auch nur in hundert Yards Entfernung auftauchen sehen, dann wirst du mir morgen früh sehr ähneln. — Verschwinde!«
Er zeigte mit dem Daumen über die Schulter. Der Junge wagte kein Wort des Widerstandes. Er verdrückte sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Die nächste Querstraße verschluckte ihn. Phil grinste. »Ein leichter Sieg.«
»Der nächste Sieg wird schwieriger sein. Ealaros Inn heißt die erste Kneipe auf Clays Liste. Sie ist hier in der Nähe.«
»Immer zu«, lachte Phil. »Ich fühle mich in der richtigen Stimmung.«
Falaros Inn entpuppte sich als ein relativ ordentlicher Billardsalon. Genau wie die Spanier sind die Puerto Ricaner leidenschaftliche Billardspieler.
Vier Billardtische nahmen den größten Teil des Lokals ein. Um jeden standen fünf oder sechs Leute herum, die entweder spielten oder zusahen. An die zehn Männer standen an der Theke und schnatterten in ihrem heimatlichen Spanisch aufeinander ein. Keine Frau befand sich im Lokal.
Phil fasste meinen Arm.
»Die zwei
Weitere Kostenlose Bücher