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0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

0231 - Wenn es Nacht wird in Soho

Titel: 0231 - Wenn es Nacht wird in Soho Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa und Manfred Weinland
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Schockgrün seiner Augen verschwand wie weggewischt.
    Bei Merlin hatte Nicole hin und wieder beobachten können, daß sich die Farbe seiner Iris sprunghaft veränderte, je nach Grad der Erregung. Bei Kerr sah sie es zum ersten Mal.
    Jettschwarz strahlten seine Augen ihr entgegen.
    »Was meinst du?« fragte er sanft. »Ich verstehe nicht.«
    »Ich verstehe dich auch nicht mehr«, erwiderte Nicole.
    Sprach’s und ließ ihn einfach stehen.
    Sie konnte sein Gesicht nicht mehr sehen; dieses süffisante Lächeln, das sie nie an ihm bemerkt hatte. Den Ton seiner Stimme und die Farbe seiner Augen…
    »Bitte, bringen Sie ihn ins beste Krankenhaus Londons«, wandte sie sich an den Notarzt, der etwas überfüssig in der Gegend stand, nachdem er den unbedenklichen Zustand seines Patienten bekanntgegeben hatte. »Und geben Sie mir die genaue Adresse.«
    Der Arzt nickte. »Selbstverständlich.«
    Nicole notierte sich die Anschrift und verstaute den Zettel in einer Tasche ihres blütenweißen Hosenanzugs. Dann ging sie zu Zamorra und gab ihm einen vorläufigen Abschiedskuß.
    Ohne ein weiteres Wort mit Kerr zu wechseln, verließ sie die Wohnung.
    Den Inspektor berührte es nicht.
    Er starrte ihr nach, ohne sie wirklich zu sehen. Ein Polizist trat zu ihm. Inzwischen waren alle Zimmer der Wohnung durchsucht worden - mit negativem Ergebnis. Alles sah aus wie lange verlassen.
    Der Raum, in dem Zamorra am Boden lag, war absolut kahl. Nirgendwo war eine Spur der ehemals hier befestigten Masken zu erkennen.
    Kerr nahm es mit Befriedigung zur Kenntnis.
    ***
    Das Telefon läutete um halb acht.
    »Ein Gespräch für Sie«, sagte der Hotelportier, »ich stelle durch.« Es klickte in der Leitung, und wenig später war die Stimme von Barbara Crawford zu hören.
    »Babs!« rief Nicole und setzte sich auf den Bettrand. »Sowas nennt man Telepathie. Wenn du mich nicht angerufen hättest, hätte ich es getan. Du bist mir um Sekunden zuvor gekommen.«
    »Ah, so.« Babs klang mitgenommen.
    »Na, hör mal«, sagte Nicole. »Du rufst mich an, aber sehr gesprächig scheinst du nicht zu sein.«
    »Entschuldige. Natürlich rufe ich an, um mit dir zu reden. Nur am Telefon geht das so verflucht schwer, weißt du…«
    »Dann mach einen Vorschlag, wo wir uns treffen können.«
    »Nicht bei mir zu Hause«, dehnte Babs.
    »Ist Kerr bei dir?«
    »Nein, aber ich erwarte ihn jeden Moment.«
    »Dann wirklich lieber nicht bei dir. Wie wär’s mit der Hotelbar, wo ich Unterschlupf gefunden habe?«
    »Mir ist alles recht.«
    »Okay, dann, abgemacht.« Nicole gab ihr die Adresse. »In einer Stunde?«
    »Gut«, stimmte Babs ein. »Bis dann.«
    »See you later«, erwiderte Nicole..
    Sie legte den Hörer auf und erhob sich vom Bett. Gedankenverloren ging sie zum Fenster des Hotelzimmers und schlug die Vorhänge zurück.
    Direkt am Hotel vorbei pulsierte eine Hauptverkehrsstraße. Eine Weile lang sog Nicole die vorüberhuschenden Scheinwerferbahnen in sich auf, ohne etwas anderes wahrzunehmen.
    Draußen war bereits die Abenddämmerung hereingebrochen, was nichts besonderes um diese Uhrzeit in den letzten Frühlingstagen war.
    Nicole war erschöpft. Die letzten Stunden, hatte sie im Krankenhaus neben Zamorra wachend zugebracht. Dessen Zustand wies keine Veränderung auf. Die Ärzte wußten nicht, was mit ihm los war. Er schien zu schlafen. Seine Gehimströme bestätigten das laut angestellter Messungen.
    Die Französin hatte wieder Angst um ihn. Was, wenn er in Koma fiel?
    Gegen den Wunsch des Chefarztes hatte sie darauf bestanden, daß Zamorras Amulett auf seiner Brust liegen blieb. Sie erhoffte sich eine raschere Genesung davon.
    Hoffnung. Was blieb ihr sonst noch?
    Sie stand am Fenster, bis die verabredete Stunde um war. Dann verließ sie das Zimmer und fuhr mit dem Aufzug ins Erdgeschoß.
    Sie ahnte, worüber Babs mit ihr reden wollte.
    Kerr…
    ***
    Der Abend stand sternenklar über dem St. James Park, südlich von Soho. Mike Cavendish schnipste die halbgerauchte Zigarette auf den taunassen Rasen und drückte sich noch dichter gegen den Stamm der alten Eiche, hinter der er Posten bezogen hatte. Mit geschmälten Augen starrte er auf das Leuchtzifferblatt seiner Armbanduhr - er wußte selbst nicht mehr, zum wievielten Mal, seit er hier stand.
    Er war übernervös an diesem Abend und konnte sich diese Unruhe nicht im mindesten erklären, weil er seine Geschäfte sonst immer eiskalt erledigte. Der coole Mike… So nannten sie ihn doch in Kreisen der Halbwelt.
    Und

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