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024 - Beim Volk der 13 Inseln

024 - Beim Volk der 13 Inseln

Titel: 024 - Beim Volk der 13 Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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zogen sich die Gestalten wieder ins Innere des Schiffes zurück. Ein Traumbild der vergangenen Nacht sprang Aruula an - der Seesturm, das schwankende Schiff, der schwarz vermummte Mann. Sie schüttelte sich und konzentrierte sich auf die Gespräche der Leute, die in ihrer Umgebung standen.
    Von einem Fremden war da die Rede, von einem wundertätigen Arzt, der von weit her kam. Masta nannten die Menschen ihn, und Aruula hatte den Eindruck, dass sie ihn verehrten, ja fürchteten. Viel mehr bekam sie nicht mit.
    Sicher hatte sie in den Monaten mit Maddrax - es war nun fast ein Jahr! - leidlich Englisch gelernt. Doch das Englisch, das die Bürger von Plymeth sprachen, hörte sich für ihre Ohren verwaschen an - sie bekam nicht einmal die Hälfte mit.
    Grübelnd wandte sie sich ab. Ein Mann, der von weit her kommt, einer, der mit Maschinen aus der Zeit vor Kristofluu umgehen kann… vielleicht einer der Menschen, die unter der Erde leben…
    Vor der Rundbogeneinfahrt zu Emrocs Haus stand eine Menschenschlange. Keine Sklaven, keine Sklaventreiber - lauter Seeleute und Bürger aus Plymeth. Dreißig oder vierzig Menschen.
    Aruula legte sich ein paar englische Worte zurecht. »Was steht ihr hier?«, sprach sie eine Frau am Ende der Schlange an.
    »Bist du fremd in der Stadt?« Die Frau musterte sie halb erstaunt, halb belustigt. »Wir wollen zum Masta - er ist ein großer Arzt! Weißt du das nicht?«
    »Aber…« Aruula deutete auf das Gebäude. »Aber dort wohnt doch Emroc, der Sklavenmeister!«
    »Emroc, der schwanzlose Fettsack?«
    Die Frau grinste. »Der ist tot. Einer der verdammten Blutsauger hat ihn abgestochen. Schon vor vier Tagen. Sämtliche Sklaven- händler haben die Stadt verlassen. Der Nosfera und seine Mörderbande sind hinter ihnen her.«
    Navok… Das also hatte er noch in der Stadt zu erledigen gehabt! [3]
    Wortlos drehte Aruula sich um.
    Sie schwankte zwischen Enttäuschung und grimmiger Freude. Emroc ermordet!
    Hoffentlich hat er gelitten, diese seelenlose Wisaau… Navok, du hättest ihn mir überlassen sollen…
    In solche und ähnliche widersprüchlichen Gedankenspiele versunken kam sie wieder zu der Stelle, von der aus die Santanna einen halben Mond zuvor den Hafen verlassen hatte.
    Nur noch eine Aufgabe blieb ihr in Plymeth zu erledigen.
    Sie betrachtete die nasse Fassade des Hauses gegenüber dem Kai. Vielleicht lebt hier jemand, der das Ziel des Schiffes kennt… Das lange Gebäude mit der hellen Fassade, den Bogenfenstern und dem zweiflügligen Hofportal gehörte Colomb, dem Kapitän der Santanna. Doch das wusste Aruula zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
    Sie zögerte nicht - entschlossen stieg sie die Vortreppe zum Eingangsportal hinauf und klopfte. Einmal, zweimal, immer wieder, bis sie Schritte hinter der Tür hörte. Eine Frau öffnete - klein, graues Haar, in edles grünes Tuch gehüllt, vielleicht vierzig Winter alt. Neugierig betrachtete sie Aruula. Der Schwertknauf, der über Aruulas Schulter ragte, fesselte ihren Blick. »Was willst du, Weib?«
    »Es geht um die Santanna…« , begann Aruula - und war erstaunt, dass die Frau sofort nickte. »Kapitaan Colomb ist auf Fahrt«, sagte sie schnell und abweisend. »Es ist ungewiss, wann die Santanna zurückkehrt. Willst du ihm eine Botschaft hinterlassen?« Aruula beglückwünschte sich zu der Redseligkeit der Frau. Schon jetzt wusste sie mehr als erwartet, ohne selbst viel sagen zu müssen. »Ich würde gern mit jemandem sprechen«, antwortete sie.
    »Hat der Kapitaan einen Stellvertreter?«
    Die Frau trat einen Schritt zurück. »Komm rein.« Aruula betrat den halbdunklen Vorraum. Die Frau schloss die Tür hinter ihr und führte sie an einer breiten Treppe vorbei in den hinteren Bereich des Gebäudes. Der Geruch von gebratenen Speisen stieg Aruula in die Nase. Durch eine offene Tür sah sie Männer und Frauen in einer Küche hantieren. Dann ging es einen Gang entlang, in dem sich rechts ein Fenster an das andere reihte. Aruula blickte in einen Innenhof, dessen Boden von weißem Kies bedeckt war.
    Vor einer Tür blieb die Frau stehen und klopfte.
    »Herein«, klang eine tiefe Männerstimme aus dem Inneren des Raumes.
    Die Frau trat ein. »Hier ist eine Fremde. Sie hat eine Botschaft für Colomb.«
    Aus den Augenwinkeln erfasste Aruula den Raum. Geräumig war er. Ein durch einen Vorhang verhängter Durchgang schien zu einem Nebenraum zu führen. Ein hoher Tisch, an dem man stehend arbeiten konnte, stand vor einem der Fenster, darauf ein klobiges

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