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024 - Beim Volk der 13 Inseln

024 - Beim Volk der 13 Inseln

Titel: 024 - Beim Volk der 13 Inseln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Nachtluft. Das Wasser teilte sich bis zum Grund, wo sein Körper aufschlug. Unter den Vorderpranken spürte er ihn, den weichen Leib eines dieser Nacktfleische. Es war tot, schade. Er zerrte es an Land. Es war nicht in eine dieser Felle gehüllt, mit denen sie sich sonst gegen die Kälte schützten.
    Wieder setzte er ins Wasser, wieder bohrten sich seine Krallen in weiches Fleisch.
    Nacheinander zog er drei Leichen ans Land.
    Nicht besonders groß, mehr Knochen als sonst was, aber er knurrte vor Behagen und Lust.
    Zwei waren unverhüllt, eine in Fell gewickelt, der fehlte der Kopf.
    Er schlug seine dolchartigen Reißzähne in die weichen Flanken des ersten toten Nacktfleischs und riss einen Rachen voll Fleisch aus ihm heraus. Das Blut war kalt, schade, aber das Fleisch stillte seine Gier.
    Er vergaß die Zeit, fraß, schlang, schmatzte.
    Der Mond ging auf, das Schneetreiben setzte wieder ein. Nur das Fell des kopflosen toten Nacktfleischs war übrig.
    Sein Bauch war voll, aber er war nicht zufrieden. Nein, nein, nicht zufrieden. Das bisschen Fleisch hatte seinen Hunger zu einem schmerzhaften Brand angefacht. Mehr wollte er, mehr, mehr…
    Die Eisbestie richtete sich auf, ließ ihren gigantischen Körper hin und her wanken, brüllte angriffslustig und spähte über das nächtliche Meer. Die Umrisse der vorderen lnseln verschwammen längst mit Dunkelheit und Schneetreiben. Nur ein Glimmen des Feuers spiegelte sich undeutlich am Himmel wider. Morgen würde er hinüber schwimmen, gleich morgen früh…
    ***
    Der Regen trommelte aufs Dach.
    Durch die Ritzen der Hüttenwände pfiff der Sturm.
    Eine Männerstimme fluchte vor sich hin. Aruula schlug die Augen auf.
    Sie fuhr hoch und blinzelte ins Halbdunkel.
    Ihre Träume schienen ihr so gegenwärtig zu sein, als wäre sie gerade aus ihnen zurückgekehrt wie von tatsächlichen Ereignissen - Maddrax und die drei Ver- mummten auf dem Schiff, die alte Göttersprecherin und das rote Licht…
    Sie stand auf. Frisch und ausgeruht fühlte sie sich. Als hätte sie drei Tage durchgeschlafen. Am Herd entlang tastete sie sich durch das Halbdunkel. Das Gefluche des Fischers wurde lauter. Sein Körper war nur ein undeutlicher Schatten auf dem Boden neben dem mittleren Balken. Aruula ging zum Fenster. Düster lag der Wald vor ihr. Eine große Pfütze hatte sich auf dem Gelände vor dem Haus gebildet. Regentropfen klatschten hinein. Die Bäume schüttelten sich, als wären sie zornig. Oder als wollten sie sich aus dem Erdreich reißen und fliehen.
    Am Tisch entzündete Aruula die Öllampe. Das Ledersäckchen! Da stand es… Aruulas Mund wurde trocken. Wie kann das sein…?
    Vorsichtig griff sie danach, halb in Erwartung, es könnte sich in Nichts auflösen, wenn sie es berührte.
    Aber es löste sich nicht auf - ein Säckchen aus ehemals rauem Leder. Und es enthielt die Farbmasse, mit der die Alte ihr im Traum den nackten Körper bemalte.
    Aruula blickte an sich herunter - die gestern noch undeutlichen Linien auf Oberarmen, Schenkeln und Schultern sahen frisch aus. Die gestern noch blassen Farben leuchteten in kräftigem Rot und Blau. Sie schluckte. Es war kein Traum…
    »Orguudoo fresse dich… verfluchtes Weib…!« Aruula kümmerte sich nicht um den schimpfenden Kerl. Sie ließ sich auf dem Holzpflock nieder.
    Ein Glücksgefühl durchströmte sie. Die durch so viele Qualen und Erschöpfung verschüttete Zuversicht in ihrem Herzen brach auf.
    »Alles wird gut…«, murmelte sie. Sie presste die gefalteten Hände vor den Mund und legte den Oberkörper auf die Schenkel. »Ich werde dich finden, Maddrax. Vielleicht muss ich bis ans Ende der Welt laufen, vielleicht in Orguudoos finsterste Tiefen hinabsteigen. Aber ich werde dich finden. Ich schwöre es…«
    Ein weiter, weiter Weg liegt vor dir… Die Stimme der Alten - als würde sie hinter ihr stehen, so deutlich klang sie. Der Weg zu Maddrax, wenn es ihn denn gibt, führt über die Dreizehn Inseln… Aruula hob den Kopf. Sie lauschte in sich hinein. Wudans Wort…er braucht dich auf den Dreizehn Inseln… dein Volk braucht dich!
    Sie sprang auf. Sehr eilig hatte sie es plötzlich. Mit der Öllampe in der Hand durchstöberte sie die Habseligkeiten des Fischers im hinteren Bereich der Hütte. Das Fluchen des Mannes ging allmählich in lästiges Gebrüll über.
    Unter Werkzeugen, Netzen und zerbrochenen Ruderstangen fand Aruula zwei Truhen, eine kleine und eine große. Beide waren mit Schnitzereien verziert und wirkten, als wären sie mit

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