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024 - Irrfahrt der Skelette

024 - Irrfahrt der Skelette

Titel: 024 - Irrfahrt der Skelette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Herbstwind.
    Smith mußte den ganzen Hof überqueren. Dann erreichte er die
beiden flachen Gebäude. In einem ehemaligen Büroraum brannte das Licht einer
Schreibtischlampe.
    Smith klopfte an. Hinter dem Fenster, klein und quadratisch,
direkt neben der Eingangstür, bemerkte er die silhouettengleiche Gestalt. David
Torrance schob den Vorhang zur Seite und warf einen Blick in den Hof. Eine
schwache Lampe über der Eingangstür spendete genügend Licht, um Besucher zu
erkennen.
    Torrance öffnete.
    »Kommen Sie herein«, sagte er völlig überflüssig. Der ehemals
populäre Wissenschaftler sah müde und abgespannt aus. Er wirkte bleich und
wächsern. Wie ein Assistent Frankensteins, schoß es Smith durch den Kopf. In
Filmen dieser Art hätte Torrance bedenkenlos eine Rolle übernehmen können. Die
dünnen, schwarzen Haare lagen auf einem eiförmigen Schädel. Sie glänzten, weil
der Mann Pomade benutzt hatte. Und er trug die Haare weit auf die Seite
gekämmt, um die Glatze ein wenig zu verbergen.
    Torrance führte seinen Besucher stillschweigend in das kleine
Arbeitszimmer, ein ehemaliges Büro. Ein altmodischer Eisenofen spendete
angenehme Wärme. Auf einem einfachen Schreibtisch, offenbar selbstgebeizt,
lagen Papiere und aufgeschlagene Bücher. In Einmachgläsern auf einem
notdürftigen Regal waren zahlreiche Meerestiere und Algen präpariert.
    »Alles okay?« fragte Torrance.
    Seine dunklen Augen lagen so tief in den Höhlen, daß die Augäpfel
kaum wahrzunehmen waren. Über hohen Backenknochen spannte sich eine
pergamentartige, wächserne Haut. Torrance wirkte erholungsbedürftig. Man sah
ihm an, daß er Stubenhocker war, ein Mann, der oft wochen- und monatelang einem
Problem nachhing, darüber Essen, Trinken und sogar das Schlafen vergaß.
    Für einen Moment mußte Smith daran denken, daß Torrances
schlechtes Aussehen wohl mit ein Grund dafür war, weshalb er die Kreuzfahrt
erzwang. Weg aus dem Nebel und der ungesunden Luft der Großstadt, hinaus in die
reine Meeresluft. Tausend Meilen weiter herrschte strahlender Sonnenschein.
    »Hm - dann ist es gut.« Torrance murmelte wie im Selbstgespräch
vor sich hin. »Gesehen hat Sie niemand, ich meine, Ihren Weg hierher?«
    »Nein. Ich pflege eine Sache entweder richtig zu machen oder
überhaupt nicht. Sie können völlig unbesorgt sein. Hier, der Beweis, daß alles geklappt
hat.« Mit diesen Worten zog Smith eine Minox-Kamera aus der Tasche und drückte
sie in Torrances sich bereitwillig öffnende Rechte. Der merkwürdige
Frankenstein-Assistent umschloß das winzige Gerät mit seinen knochigen, weißen
Händen, auf denen sich nicht einmal Adern zeigten. Torrance war nur noch ein
Schatten seiner selbst, ein weltabgeschiedener Sonderling von dem man nicht
genau wußte, was er trieb und wovon er lebte. Wäre er unerwartet mit einem
seiner früheren Freunde und Kollegen zusammengetroffen, mit denen er überhaupt
keine Verbindung mehr unterhielt, dann hätten sie ihn nicht einmal erkannt.
    Smith nahm unaufgefordert neben dem Ofen auf einem klobigen Hocker
Platz. Für die nächsten Minuten mußte sich der Killer noch gedulden.
    Torrance wollte sich mit eigenen Augen vom Tod Edmund Barris’
überzeugen. Mit der Minox hatte Smith ein paar Aufnahmen gemacht, die die Lage
des Toten auf dem Schreibtisch genau zeigen mußten. Sobald Torrance den Film
entwickelt hatte, würde er die zweite Hälfte des Blutgeldes bezahlen.
    »Es dauert höchstens eine Viertelstunde. So lange müssen Sie mich
schon entschuldigen. Ich begebe mich sofort in die Dunkelkammer.« Die Stimme
Torrances war ruhig, angenehm, dunkel. Sie paßte gar nicht zu seinem
skelettdürren Körper, der nur aus Haut und Knochen zu bestehen schien.
    Der komische Sonderling näherte sich der Tür zum angrenzenden
Raum. Torrance drehte John Smith den Rücken zu. So konnte der Killer nicht
sehen, daß Torrances Lippen sich bösartig verzögen, die Mundfalten stärker
hervortraten und in seinen Augen ein eigenwilliges Licht aufglühte.
    Obwohl John Smith ein abgebrühter Bursche war, spätestens in
diesem Augenblick wäre auch er erschauert.
    Torrances Miene drückte aus, daß der Killer die Schwelle des
Hauses nie wieder überschreiten würde.
    John Smith hörte, wie der Professor in der Dunkelkammer hantierte.
Die leisen Geräusche und das Ticken einer altmodischen Uhr waren das einzige,
was das abgelegene, ehemalige Fabrikgebäude mit Leben erfüllte.
    »Sie können sich die Sache mal ansehen«, tönte es plötzlich

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