024 - Irrfahrt der Skelette
hin und her.
»Nicht so nervös«, brachte Smith über seine Lippen. »Sie brauchen
sich keineswegs zu überanstrengen. Ein kleiner Text genügt. Schreiben Sie: Ich
kann es nicht länger ertragen, ohne Jennifer zu leben. Alles, was ich noch
geplant habe, erscheint mir nun sinnlos. Ich scheide freiwillig aus dem Leben.
Edmund Barris ... «
Von der Seite des Schreibtisches her beobachtete John Smith genau,
ob Barris den diktierten Text schrieb. Der Großwildjäger tat es ohne besondere
Hast, suchte innere Ruhe und wollte Zeit gewinnen. Wortlos ließ Smith ihn
gewähren.
»Den Zettel lassen Sie einfach auf dem Schreibtisch vor sich
liegen, das macht sich immer gut.«
Der Killer gab Anweisungen wie ein Regisseur, der hier einen Film
abdrehte. Während Barris mit dem Schreiben beschäftigt war, hatte Smith sich
umgeschaut und genau die Pistolen und Gewehre studiert, die an der Wand hingen.
Ohne Hast sagte er nun: »Jetzt hätten wir das Schriftliche,
Barris. Würden Sie sich nun eine Pistole aussuchen? Egal welche, Hauptsache,
sie funktioniert... «
Die Tatsache, daß jetzt wirklich sein Leben mit Riesenschritten
dem Ende zuging, erfüllte den Großwildjäger mit Grausen. Der Killer schien erst
hier im Haus systematisch seinen Plan entwickelt zu haben.
»Ich denke nicht daran!« stieß Barris hervor.
Er gewann plötzlich wieder Oberwasser, faßte Mut und wagte den
Widerspruch.
Smith schien die Bemerkung gar nicht gehört zu haben.
»Die Waffen sind doch geladen, nicht wahr?«
»Nicht alle. Einzelne. «
»Und der 45er
Colt?«
»Ist geladen. – Aber denken Sie ja nicht, daß ich ihn mir an die
Schläfe halte!«
Smith kam um
den Tisch herum. St ä ndig drehte
er den Lauf seiner 9mm Walther so, da ß die M ü ndung auf Barris‘ Kopf zeigte. Der
Killer nahm die Waffe mit spitzen Fingern vom Haken. Aus den Augenwinkeln heraus
verfolgte Barris die Bewegungen von Smith. Keine Gelegenheit zu einem Ausfall!
Der Bursche ließ sich nicht hinters Licht führen.
Ohne seine
Walther auch nur einen Millimeter zu senken, überprüfte Smith mit den Fingern
der linken Hand die Trommel. Sie war mit sechs Patronen geladen. Der Killer
entsicherte die Waffe.
»Eigentlich ziemlich gefährliche Spielzeuge, die Sie da an der
Wand hängen haben.«
»Ich nehme
Ihnen die Arbeit nicht ab, Smith«, preßte der Großwildjäger heiser hervor. Er
war kreidebleich.
»Wenn Sie
mich aus dem Weg haben wollen, dann m ü ssen Sie es
schon selbst tun. Und damit wird Ihre Mission schwieriger, nicht wahr? Ich bin kein
Trottel. Es gibt keinen Ausweg aus Ihrem Dilemma. Sie m ü ssen mich erschießen, Smith. Und
dann wird dieser Papierfetzen vor mir zu einer Farce. Niemand nimmt Ihnen mehr
den Selbstmord ab. Und ... «
»Sie reden mir zuviel, Barris.«
Das waren die letzten Worte, die der Großwildjäger in seinem Leben
vernahm.
Smith trat einen Schritt vor. Die Mündung des 45er Colts tauchte
blitzartig vor Barris’ Gesicht auf. Dann sah er die Mündungsflamme ... Edmund
Barris kippte vornüber und schlug mit blutüberströmtem Gesicht auf die
Schreibtischplatte. Blut spritzte über den Bogen, auf dem er seinen
Abschiedsbrief verfaßt hatte.
Zehn Minuten später verließ John Smith das Haus. Er hatte alles so
hinterlassen, daß die Polizei unmöglich auf den Gedanken kam, hier könnte ein
Mord geschehen sein. Smith warf den Brief an das Reisebüro ein. An der nächsten
Straßenecke nahm er ein Taxi, nannte ein Ziel in der Bronx und steckte sich
dann eine Zigarette zwischen die Lippen.
John Smith war mit seiner Arbeit zufrieden. Fünfzig Prozent des vereinbarten
Betrages waren ihm bereits ausgezahlt worden. Die restlichen fünfzig Prozent
sollten ihm unmittelbar nach Erledigung des Auftrages ausgezahlt werden.
Er konnte den Abschluß der Angelegenheit melden. Dreitausend
Dollar hatte ihm dieser Mord gebracht. Morgen schon würde John Smith auf dem
Weg nach San Francisco sein. Ein neuer Auftrag wartete auf ihn.
Es gab immer Menschen, denen ein anderer ein Dorn im Auge war, die
einen Zeugen beseitigt wissen wollten, einen unbequemen Mitwisser... und hier
wurden Typen vom Schlag eines John Smith tätig. Ein Menschenleben zählte nichts
bei ihm! Er setzte das in die Tat um, was andere nur zu denken wagten. Anruf
genügte, und er tauchte auf, beseitigte jeden Nebenbuhler, jeden unbequemen
Partner und jede Dirne, die einem Ehemann auf Abwegen gefährlich werden konnte.
Zwei Straßenecken vor dem eigentlichen Ziel ließ Smith das Taxi
anhalten,
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