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024 - Lebendig begraben

024 - Lebendig begraben

Titel: 024 - Lebendig begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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herum, dass ich Rat wusste, denn es gab keinen Rechtsanwalt in Forchting.
    Hatte man sich anfangs nur Trost geholt, so begann man allmählich die ganze schmutzige Wäsche von Forchting bei mir zu waschen. Und ich lebte auf in dieser Flut von Schlechtigkeiten, von Neid und Hass und Gier und Unmoral. Ich stachelte sie noch an in ihrer Hetze. Es war mir gleich, ob Verleumdung oder Wahrheit. Ich begann mir Dinge zu notieren. Ich wusste nicht, wofür. Es war wie eine Art Zwang.
    Bald wurde mir klar, dass ich eine gefährliche Position innehatte. Ich war innerhalb kurzer Zeit zum bekanntesten, meist gegrüßten Mann in Forchting geworden. Aber ich wusste, dass dies rasch umschlagen konnte – nur ein kleiner Schritt, und ich wurde zum gefürchtetsten Mann des Ortes, mit all den Dingen, die ich wusste.
    Um meine Stellung zu festigen, versuchte ich ein paar der Streitfälle zu schlichten. Das gelang auch ohne große Mühen zur Befriedigung beider Parteien, so dass mich immer mehr als Richter akzeptierten und sich meinem Spruch auch beugten, wenn er nicht so ausfiel, wie sie erhofft hatten. Es war nicht immer leicht. Die Bewohner Forchtings waren in der Hauptsache Bauern und einfache Arbeiter, stur und nicht einfach zu lenken. Zudem waren sie abergläubisch und religiös. Aber ich rang mich durch, wenn auch nicht immer mit Vernunft, und meine Pflegeeltern waren stolz auf meine Berühmtheit und mein Ansehen, das ich in immer größerem Maße gewann.
    Ich selbst fand keinerlei Befriedigung in meiner Tätigkeit. Ich sah sie nur unter einem Aspekt: die Verbreiterung meines Machtbereiches. Es lag auf der Hand, dass ich Macht besaß, auch wenn niemand davon sprach.
    Eines Tages heuerte ich zwei Männer an, keine allzu vertrauenerweckenden Typen, wie ich mir selbst eingestehen musste, aber für meine Zwecke wie geschaffen. Sie sollten mir jene Informationen verschaffen, die mir fehlten, die manche Parteien für sich behalten wollten. Sie leisteten gute Arbeit. In den Verhandlungen konnte ich dann dieses zusätzliche Wissen mit enormer Wirkung einsetzen.
    Nach einer Weile wurde ich immer geschickter. Ich ließ schon vor der Verhandlung durch meine Mittelsmänner den Parteien meine Informationen zukommen. Das ließ mir mehr Spielraum. Ich konnte mich zurücklehnen und die Auswirkungen meiner strategischen Machenschaften in Ruhe beobachten. Es gefiel mir ausnehmend gut, Schicksal zu spielen. Ich genoss es und erkannte, dass ich die Stadt an unsichtbaren Fäden dirigieren konnte. Es war ein Spiel mit unbegrenzten Möglichkeiten.
    Es waren natürlich nicht immer Informationen, die ich anbot; manchmal waren es nur Gerüchte oder Spekulationen. Aber, ob Gerücht oder Wahrheit – die Wirkung blieb nie aus.
    Dann kam der Fall, der mir die Augen öffnete und zeigte, welche unglaublichen Möglichkeiten in meinem Spiel steckten.
    Der Bauer Wagner, ein finsterer, mürrischer, hagerer Fünfziger, kam eines Tages in mein Büro, das ich mir inzwischen eingerichtet hatte, und klagte die Tochter des Kronacher Wirtes, die täglich die Milch vom Hof holte, an, sie hätte seine Kühe verhext. Wagner hatte einen neuen Preis vorgeschlagen, worauf es einen Streit gegeben hatte. Dabei hätte das Mädchen auf die Kühe gedeutet, und seitdem schmeckte die Milch bitter. Das war nun schon eine Woche her.
    Ich vertröstete den Alten mit der Begründung, dass ich erst in der kommenden Woche einen Termin frei hätte, und beauftragte ihn, mehr Beweismaterial heranzuschaffen. Ich versuchte ihm gar nicht erst klarzumachen, dass er ein alter, abergläubischer Narr war. Vermutlich hatte das Mädchen in ihrer Wut auf die Kühe gedeutet, und die Geschmacksveränderung hing mit dem Futter zusammen. Aber das war nicht der erste Prozess oder besser Streit, in dem der Aberglauben eine starke Rolle spielte, und ich hatte gelernt, dass es nicht gut war, Vernunft ins Spiel zu bringen. Der alte Glauben war fest verwurzelt. Vernunft und Logik fielen dabei auf unfruchtbaren Boden.
    Ich weiß nicht, was über mich kam. Vielleicht wollte ich sehen, was geschehen würde – ohne Rücksicht auf Recht oder Unrecht …
    Ich kannte das Mädchen kaum. Ich hatte sie ein paar Mal gesehen. Sie mochte zwanzig sein oder ein wenig mehr; ein blasses Geschöpf mit dunklen, tiefliegenden Augen. Gäbe es Hexen, dachte ich insgeheim, sähen sie sicher so aus wie sie. Sie hieß Maria. Ich brachte in Erfahrung, dass ihre Mutter bei ihrer Geburt gestorben war – in der Allerseelennacht. Lauter

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