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024 - Lebendig begraben

024 - Lebendig begraben

Titel: 024 - Lebendig begraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Wasser; Alpträume; Qualen.
    Und immer wieder diese grüne Hölle des Wassers.
     

     

Ich wachte auf und begriff erst nach einem Augenblick, dass ich erwacht war. Geräusche waren um mich. Nicht diese lautlose Hölle. Meine ganze Erinnerung beschränkte sich auf sie. Aber die
    Geräusche waren mir vertraut: Wind fauchte um die Mauern des Hauses, singend und wimmernd. Regen trommelte an die Fensterscheiben. Donner grollte, und es blitzte da draußen – außerhalb dieser Geborgenheit.
    Ich lag in einem dunklen Raum. Meine Finger bewegten sich
    mühsam, tasteten einen Fußboden aus groben Holzbalken un
    ter mir ab. Meine Lungen holten mit aller Gewalt Luft, pumpten sie mit ungewohntem Röcheln durch die Kehle. Ich stöhnte.
    Das Gewitter schien ziemlich stark zu sein. Der Donner rollte fast ununterbrochen, und Blitze erhellten die kahle Decke über
    mir alle paar Sekunden. Mühsam drehte ich den Kopf zur Seite und gewahrte die Beine von einem Tisch und zwei Stühlen. Dahinter kauerte etwas Dunkles, Langes; ein paar Blitze später erkannte ich es als Bett.
    Ich lebte also. Was war geschehen? Irgendwie musste ich das Bewusstsein verloren haben. Hatte das Gewitter da draußen etwas damit zu tun? Schon möglich. Ich war jedenfalls nass wie eine
    ersäufte Ratte.
    Jemand hatte mich hierher gebracht. Was war nur geschehen?
    Ich erinnerte mich an nichts – nur an diese schreckliche grünlich schimmernde Wand, die mich hatte ersticken wollen.
    Fische, ja Fische mit hervorquellenden, kalten Augen und den
    ewig pessimistischen Mäulern. Wasser!
    Jemand musste mich vor dem Ertrinken gerettet haben. Warum erinnerte ich mich an nicht davor? Der Schock war vielleicht daran schuld.
    Ich fühlte plötzlich, dass mir kalt war. Meine Zähne klapperten wie ein lockeres Gebiss. Ich stemmte mich hoch und kämpfte gegen die Erschöpfung an. Stimmen näherten sich, eine weibliche und eine männliche. Die weibliche klang ein wenig schrill -ängstlich; die männliche klang beruhigend.
    „Keine Sorge, Kathie! Der Doktor wird gleich hier sein, und
     
     

     
    Bert Moser …“
    „Aber er ist doch tot, Winnie!“
    „Natürlich. Aber der Doktor muss das bestätigen. Das ist so üblich. Und Bert muss einen Bericht schreiben. Es könnte ja sein, dass der arme Teufel ermordet worden ist.“
    „Ermordet?“ Erschrecken war in der Stimme der Frau – und Mitleid. „Er ist so jung!“
    „Er kann noch nicht lang da unten am Grund des Sees gelegen haben.“
    Die Tür ging auf, und zwei ältere Leute standen erstarrt vor mir – einem Toten, der sich auf die Ellenbogen stützte und aufzurichten versuchte.
    „Jessas, Maria!“ entfuhr es der Frau.
    Sie bekreuzigte sich hastig.
    Ich versuchte, die Hand auszustrecken, kippte dabei aber zur Seite.
    „Bitte!“ keuchte ich. „Helft mir!“
    Dann hatte ich den Mund voll Wasser, das mir aus dem Magen aufstieg. Ich musste brechen und kämpfte die wahnsinnige Angst vor dem Ersticken nieder. Gleich darauf spürte ich die helfenden Hände der beiden. Sie drehten mich zur Seite und stützten meinen Kopf. Schon allein das Bewusstsein, dass mir geholfen wurde, wirkte Wunder.
    Eine Viertelstunde später hatte ich trockene Kleider am Leib und ein dampfendes Glas Grog in der Rechten und fühlte, wie die Wärme in mich hineinfloss und sich bis in die Finger- und Zehenspitzen ausbreitete. Ich war so mit diesem einzigartigen Gefühl beschäftigt, dass ich nur einsilbige Antworten gab, aber viel mehr hätte ich auch nicht sagen können. Die meisten der Fragen, die sie mir stellten, konnte ich nicht beantworten, so sehr ich mich auch bemühte. Es war einfach keine Erinnerung an frühere Ereignisse da. Wäre ich eben geboren worden, es hätte nicht anders sein können. Nur dass ich rascher zu Kräften kam. Schwäche und Müdigkeit verschwanden. Im Augenblick gab es nichts Behaglicheres, als dazusitzen, diese Flüssigkeit zu schlürfen und den Stimmen zu lauschen, die aufgeregt auf mich einredeten.
    Vier Männer und eine Frau waren es, die kopfschüttelnd um mich herumsaßen und nicht recht wussten, ob sie sich vor mir fürchten oder mich beglückwünschen sollten. Natürlich beglückwünschten sie mich, aber insgeheim fürchteten sie sich; und nach und nach wurde mir aus ihren Fragen und Bemerkungen auch klar, warum.
    Der Alte, der mich gefunden hatte, hieß Winnie. Winfried Rainfelder. Die Frau war seine Frau Katarina. Ihnen gehörte das Anwesen, der Rainfelderhof, und ein beträchtlicher Teil des Seeufers. Dann

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