0240 - Das Schwert im Jadestein
Waage des Schicksals, die alles regiert!« erklärte Amun-Re leise. »Jedenfalls ist das der Name, den ich für diese Macht kenne. Die Priesterkönige des vergessenen Weridar sagten, daß ohne das Böse das Gute nicht existieren kann. Umgedreht kann das Böse nicht ohne das Gute sein. Denn wäre die ganze Welt böse, hörte der Teufel auf, der Teufel zu sein. Nun kann es schon einmal passieren, daß im kosmischen Raum ganze Planeten oder Sternensysteme unter die Herrschaft unserer Seite gezogen wird. Dann aber, so versichern die alten Schriften, wird an anderer Stelle die andere Kraft den Sieg davontragen. Niemand weiß genau, wie das alles zusammenhängt. Aber es ist gewiß, daß dieser Planet in diesem Kampf zwischen Finsternis und Licht eine zentrale Rolle einnimmt. Daher konzentrierten sich seit den Tagen der Namenlosen Alten hier die stärksten Machtfaktoren der Magie.«
»Und wer ist das Wesen, das über der Schicksalswaage steht?«
»Die Schriften von Weridar nennen ihn den Wächter zweier Gewalten! « sprach Amun-Re. »Und von ihm stammen auch die Regeln denen sich ein Magier beugen muß. Niemand weiß, warum in manchen Umständen gewisse Dinge geschehen müssen oder andere zu unterlassen sind. Aber jeder weiß, daß diese Regeln eingehalten werden müssen. Denn sonst ist der Mensch, der den Pfad der Magie beschreitet, den Kräften, die er rief, ausgeliefert!«
»Und kein Magier hat bis jetzt diese Gesetze gebrochen?« fragte Gonzales Morena erstaunt.
»Die Narren, die das wagten, hätten nicht mehr die Zeit zu einem Sterbegebet!« zischte Amun-Re. »Wer die Regeln bricht, öffnet den Schutz, den ihm die Waage des Schicksals vor der Macht der Dämonen gewährt. Denn Schwarze Magie, ganz gleich welcher Art und Untergruppierung, beruht auf der Beschwörung und dem Kontakt mit Dämonen. Diese Dämonen sind nur an einem interessiert. Sie wollen Seelen in ihre Gewalt bekommen. Und sie glauben, daß sie die Seele dessen, der sie rief, über kurz oder lang bekommen. Solange warten sie. Sie warten, bis der Magier einen Fehler macht. Daher gibt es keine guten oder schlechten Schwarzmagier. Beim ersten Fehler des Zauberers dürfen die Dämonen zuschlagen. Und dann schlagen sie zu!«
»Das würde bedeuten, wenn du, o großer Meister, jetzt die Fahrt mit dem Flußdampfer wagen würdest, könnten die Dämonen deine Seele in ihre Gewalt bekommen?« fragte Morena.
»Wenn sie es wollten, dann ganz bestimmt!« nickte Amun-Re. »Zwar bin ich der Ansicht, daß ich ihnen lebend mehr nütze als töt, denn sonst hätten sie mich nicht wiederholt gerettet, als dieser Zamorra mich schon fast besiegt hatte. Wer kann wissen, was Tsat-hogguah, dieses Urabbild der Schlechtigkeit, plant. Und was Muurgh vorhat…!«
»Muurgh! Ist das nicht Euer persönlicher Schutzgeist?« fragte der ehemalige Waffenschieber.
»Er ist mein Blutsbruder im Reiche Tsat-hogguahs!« nickte Amun-Re nicht ohne Stolz. »Für mich ist er das, was für diesen Doktor Faustus einst der Unterteufel Mephistopheles war. Muurgh und ich haben einen Pakt. Der Umgang mit Dämonen ist vergleichbar mit einem Dompteur, der sich in den Käfig der Raubtiere begibt. Die Bestien fürchten den Stock und die Peitsche. Aber sie sind immer bereit, ihren Herrn zu überrumpeln. Eine kleine Unachtsamkeit, eine geringe Nachlässigkeit des Zauberers genügt schon. Dann sind die Dämonen zur Stelle, um das Unsterbliche des Verwegenen hinwegzutragen. Vielleicht war das Räucherwerk nicht richtig gemischt. Oder eins der vielen Worte einer Beschwörung wurde ungenau ausgesprochen. Oder es mag der Umstand eintreten, daß die magischen Kreise nicht richtig geschlungen sind und die rituellen Opferspeisen nicht in der richtigen Reihenfolge aufgetragen wurden. All das berechtigen den Dämon, von der Seele des Magiers sofort Besitz zu ergreifen. Wie im Raubtierkäfig wird erst ein Tiger den Sprung wagen. Und im Angriff wird er feststellen, daß er stärker ist als die Peitsche und der Stock. Mit seinen feinen Instinkten spürt der Tiger die Angst, die seinen Bändiger befällt, wenn er im Wutrausch seine Kraft zeigt. Dann fallen auch die anderen Dämonen über den Verwegenen her, für den es kein Entkommen gibt. Grausigen Spott treiben sie mit ihm, bevor sie triumphierend die Seele dorthin zerren, wo sie zu Hause sind. Und dort hat das Unsterbliche des Magiers ihr Sklave zu sein. Sie werden die Seele des Narren leertrinken bis zum Ende der Ewigkeit!«
»Daher gibt es also so wenig echte
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