0240 - Das Schwert im Jadestein
sich in diesem Moment die Tür.
»Die neuen Wettermeldungen, Señor Commandante!« wurde ihm ein Papier gereicht. Neugierig überflog Gomez Alfardo das Blatt.
»Vielleicht haben wir Glück, Señores!« sagte er dann. »Besondere Bedingungen der Atmosphäre drücken den Hurrican vielleicht zum Atlantik ab, wo er sich austoben kann. Vielleicht kann ich in ungefähr zwei Stunden die Starterlaubnis geben, Señores. So lange haben Sie doch hoffentlich Zeit!«
»Wenn es nicht viel länger dauert… !« nickte Professor Zamorra.
»Betrachten Sie sich bis dahin als meine Gäste!« lud Gomez Alfardo sie ein.
Denn in seinem Gehirn, das durch Amun-Re beherrscht wurde, war ein Plan entstanden, Professor Zamorra unauffällig verschwinden zu lassen. Bis jetzt schienen sie keinen Verdacht geschöpft zu haben, daß hier etwas nicht stimmte.
»Töte sie!« klang der Befehl des Amun-Re in ihm nach. »Aber es muß wie ein Unfall aussehen. Keiner darf Verdacht schöpfen… auch die Polizei nicht!«
Gomez Alfardo grinste diabolisch.
Ein in der Mittagshitze hastig heruntergestürzter, eisgekühlter Trunk konnte jeden Menschen töten. Jedem Arzt hier im Delta des Orinoco war das bekannt. Meist waren die Quacksalber, die das Schicksal in diese wilde Gegend verschlagen hatte, auch zu faul, den wahren Sterbegrund zu erfahren. Oder sie sahen einige Geldscheine als Gegenleistung für den Totenschein.
Ein eisgekühlter Trunk! Gomez Alfardo würde dafür sorgen, daß er Professor Zamorra und die anderen von allen Sorgen des irdischen Daseins befreite. Vor allem, wenn dieser Trunk besonders gewürzt war…
***
»Ob er es ehrlich meint?« fragte Carsten Möbius mißtrauisch.
»Warum nicht?« wollte Michael Ullich wissen. »Gegen Naturgewalten sind wir machtlos. In diesem Teil der Welt entstehen solche Wirbelstürme sehr schnell. Die Wettermeldung, die da hereinkam, hat bestätigt, daß es stimmt. Der Mann tut nur seine Pflicht, wenn er unseren Start zum jetzigen Zeitpunkt verhindert.«
»Aber Amun-Re war hier!« verteidigte der Junge, dem Banditen sein vorher schulterlanges Haar abgeschnitten hatten und dem man auf der Estancia einen Rundschnitt mit Mittelscheitel verpaßt hatte, seine Meinung. »Ich bin ganz sicher, daß er uns eine teuflische Falle gestellt hat.«
»Der hält uns doch für tot!« versuchte Stanton, die Worte zu entkräften. »Oder was meinst du, Zamorra?«
»Ich bin deiner Ansicht. Aber ich habe ein komisches Gefühl!« sagte der Parapsychologe. »Offenes Mißtrauen zu zeigen, würde die ganze Crew des Flugplatzes beleidigen. Und da sind Südamerikaner sehr feinfühlig. Aber Vorsicht war schon immer die Mutter der Porzellankiste!«
»Cora ist ein liebes Vögelchen!« meldete sich R. B. Stantons Graupapagei zu Wort. Sein Herr hatte es nicht übers Herz gebracht, ihn Christiana de Muliardor zu schenken.
»Nimm ihn mit!« hatte Zamorra genickt. »Wie immer die Sache ausgeht. Es mag sein, daß der Papagei noch eine Rolle zu spielen hat!«
Der Meister des Übersinnlichen konnte nicht ahnen, wie tragisch die Rolle des Vogels werden würde.
Denn in diesem Augenblick öffnete sich die Tür…
***
»Eine kleine Erfrischung!« rief Gomez Alfardo und balancierte ein Tablett in das Zimmer, in dem seine Gäste auf die Starterlaubnis warteten.
»Was ist das?« wies Professor Zamorra auf die große Karaffe mit der sonnengelben Flüssigkeit.
»Majacura-Saft! Sehr gesund«, erklärte Alfardo und goß ein. Mit einem ehrlichen »Gracias« nahm jeder der Anwesenden ein gefülltes Glas entgegen.
Ein Glas Fruchtsaft, in dem der Tod wohnte.
»Cora Durst!« krächzte es von Stantons Schulter. »Cora ist ein liebes Vögelchen. Cora Durst!«
»Das fehlte noch, daß mein Glas zur Vogeltränke wird!« knurrte Stanton.
»Cora Durst!« lamentierte der Papagei und flatterte wild mit den kurzen Stummelflügeln.
»Laß ihn trinken, Roger!« sagte Professor Zamorra, von einer plötzlichen Vorahnung erfüllt.
»Wenn du meinst…!« dehnte Stanton und hob das Glas an, daß es der Papagei erreichen konnte. Schon wurde der krumme Schnabel in die Flüssigkeit getaucht. Mit sichtlichem Behagen schlürfte der Papagei den Saft.
Aber dann sträubte sich das Gefieder. Ein heiserer Krächzlaut, ein Flügelschlagen.
»Cora!« rief Stanton entsetzt und ließ das Glas fallen.
»Ich habe es geahnt!« stieß Zamorra hervor. »Aber besser das Tier als ein Mensch.«
Mit einem mächtigen Satz versuchte Gomez Alfardo, sich in Sicherheit zu bringen.
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