0240 - Totentanz im Dollar-Club
worden war. Seine Augen hatten eine schwer zu bestimmende, dunkle Farbe, es war nicht eigentlich Braun, aber auch nicht Blau oder Grau, sondern etwas, was alle diese Farbtöne in sich zu vereinigen schien.
»Es ist mir eine große Freude, einen Europäer bei mir willkommen heißen zu können«, sagte Calosier, nachdem er sich vorgestellt hatte.
Eine Weile unterhielten wir uns über England. Calosier musste es verdammt gut kennen. Ich war ein paar Mal drüben gewesen, aber viel hatte ich dabei nicht gesehen, denn ich war jedes Mal dienstlich da und mit den Kollegen von Scotland Yard hinter irgendwelchen finsteren Gestalten her, sodass ich mich um Land und Leute nicht sonderlich hatte kümmern können. Deshalb blieb ich ziemlich einsilbig und brachte so oft wie möglich Fragen an, damit Calosier mehr erzählen musste als ich.
Sehr geschickt lenkte er das Gespräch schließlich auf die Gesundheit im Allgemeinen, auf besondere Organe und schließlich auf die Zähne. Wenn man ihm nicht sehr bewusst folgte, sah man sich plötzlich von einem Zahnarzt untersucht, bevor man sich klargemacht hatte, dass dies ja der Zweck des Besuchs war. Ich tippte auf einen plombierten Zahn und behauptete, darin Schmerzen zu haben.
Calosier stellte allen möglichen Zauber mit mir an, bis er mit einem leichten Achselzucken meinte, man sollte vielleicht die Plombe entfernen und nachsehen. Das war es ja, was ich wollte. Er fing an zu arbeiten, wozu er sich einen Kittel überstreifte, der mit bunten Figuren bedruckt war. Langsam wurde mir das Ganze ein bisschen kindisch.
Nach fast einer halben Stunde, in der ich wirklich nicht den leisesten Schmerz gespürt, dafür aber unentwegt gedämpfte Musik gehört hatte, sagte Calosier endlich: »Fertig.«
Ich erkundigte mich nach seinem Honorar, aber er machte eine großzügige Geste und brummte: »Wir wollen uns doch nicht über Geld unterhalten. Das werden wir auf schriftlichem Weg regeln.«
Er unterhielt sich noch eine Weile mit mir, aber ich verabschiedete mich ziemlich schnell, indem ich eine weitere Verabredung vorschützte. Draußen winkte ich mir ein Taxi heran und sagte: »Zum FBI!«
Eine knappe halbe Stunde saß ich unserem FBI-Zahnarzt gegenüber.
»Doc«, sagte ich und zeigte auf den Zahn, den Calosier behandelt hatte, »ich möchte, dass Sie die Füllung in diesem Zahn restlos herauskratzen, sorgfältig verpacken und unserem Labor zur genauen Untersuchung übergeben. Danach machen Sie mir bitte eine richtige Plombe, damit der Zahn wieder in Ordnung kommt.«
»Okay«, erwiderte unser Zahnarzt, »aber was soll der ganze Scherz?«
Ich zuckte die Achseln.
»Das weiß ich selbst noch nicht, Doc. Ich gebe mir nur Mühe, allen Spuren in einer Sache nachzugehen, die reichlich verwickelt und sehr mysteriös ist. Vielleicht ist alles ganz harmlos, vielleicht aber haben wir es auch mit dem raffiniertesten Mörder der letzten Jahre zu tun. Das wird sich hoffentlich bald herausstellen.«
***
Es stellte sich noch am selben Abend heraus. Gegen sieben Uhr meldete mir der Etagenkellner im Waldorf, dass ein gewisser Samuel Smith von der New York Times mich sprechen möchte.
Ich wusste, dass das ein Kollege vom FBI sein musste, denn dieser Zeitungstitel im Zusammenhang mit dem Namen Samuel Smith war für einen solchen Besuch verabredet worden.
Ich seufzte, zögerte einen Augenblick, zuckte dann die Achseln und meinte: »Na gut, schicken Sie den Herrn herauf!«
Ein paar Minuten später trat Bloyd Conners ein, ein Mann aus unserem Labor und dort wiederum ein Giftspezialist. Das überraschte mich ein wenig, denn ich hatte den Besuch eines G-man erwartet, nicht den eines FBI-Wissenschaftlers.
»Bitte, nehmen Sie doch Platz, Mr. Smith«, sagte ich in derselben nüchternen, reservierten Art, in der ich meine Rolle spielte. »Ich stehe Ihnen in einer Minute zur Verfügung.«
»Danke«, sagte Conners und setzte sich.
Ich ging durch mein ganzes Apartment, sah in sämtlichen Schränken nach und schloss alle Türen ab, die hinaus in den Flur führten. Als ich mich auf diese Weise davon überzeugt hatte, dass es keinen Lauscher in der Nähe gab, ging ich in den kleinen Salon zurück, wo Conners saß. Ich schloss auch hier die Tür hinter mir und sagte dann: »Entschuldigen Sie das Theater, Conners, aber man muss vorsichtig sein. Mögen Sie einen Whisky? Man hat eine gute Marke hier im Haus, und wenn ich’s auf meine Rechnung setzen lasse, bezahlt es die Spesenabteilung. Warum sollen FBI-Leute nicht
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