0242 - In zehn Sekunden bist du tot
gesehen?«
Phil nickte eifrig.
»O ja, das erkenne ich wieder, wenn ich es im Album finde.«
»Wenigstens ein Trost«, sagte ich.
»Bleib hier stehen, bis die Kommission eintrifft! Ich will mich da hinten mal ein bisschen in dem Zimmer Umsehen.«
»Okay.«
Ich ging den Flur hinunter und betrat das Zimmer, dessen Tür noch immer offen stand. Jetzt brannte hier Licht, denn Phil hatte die Lampe nicht wieder ausgeschaltet. Ich sah mich von der Schwelle her erst einmal oberflächlich um.
Der Raum war etwa sechs mal acht Yards groß. Es gab ein eisernes Bettgestell, das mit einer schmutzigen, grauen Farbe anges'trichen war, die stellenweise schon wieder abbröckelte. Ein Schrank, dem der vordere linke Fuß einfach durch einen Ziegelstein ersetzt worden war, stand ganz links. Außerdem gab es noch ein metallenes Waschgestell, zwei Stühle, einen Tisch, einen zerbrochenen Spiegel und eine Kommode, deren unterste Schublade fehlte. Der Fußboden war übersät mit Zigarettenstummeln.
Ich durchsuchte die Kommode flüchtig. Schmutzige Wäsche lag darin, Wäsche einer sehr rauen, billigen Art - ich kannte sie. Es war die Leibwäsche, die in den Zuchthäusern ausgegeben wurde.
Der Schrank war leer bis auf zwei Stangen Zigaretten, die verloren in der Ecke lehnten. Ich ging zurück zu Phil.
»Was gefunden?«, fragte er.
Ich zuckte die Achseln.
»Wie man’s nimmt. In der Kommode lag schmutzige Wäsche. Wäsche von einer Sorte, die nicht käuflich zu erwerben ist.«
»Wie meinst du das?«
»Dieses hartfaserige Baumwollzeug, das in unseren Zuchthäusern getragen wird.«
Phil stieß einen kurzen, scharfen Pfiff aus.
»Das würde ja bedeuten…«, sagte er.
»Dass Gus Ward da hinten in dem Zimmer gehaust haben könnte«, nickte ich. »Wenn das so ist, dann dürfte er der Mann sein, der vom Dach stürzte. Ich will mir sofort darüber Gewissheit verschaffen. Ich gehe runter in den Hof und sehe nach.«
»Gut. Aber komm wieder rauf! Wir werden der Mordkommission Rede und Antwort stehen müssen.«
»Selbstverständlich.«
Zum wer weiß wievielten Male stieg ich die Treppen dieses Hauses hinab. Im Erdgeschoss wandte ich mich nach hinten und fand die Tür, die in den Hof führte. Ich knipste meine Taschenlampe an und tappte in die Richtung, in der das Hinterhaus schwarz in die Nacht hinaufragte.
»Wer ist da?«, rief eine Männerstimme.
»Ich bin’s, Cotton«, erwiderte ich. »Regen Sie sich nicht auf, Sergeant. Wenn Sie eine Taschenlampe bei sich haben, zeigen Sie mir mal, wo Sie sind.«
»Sofort, Sir!«
Es dauerte ein paar Sekunden, bis sein »Sofort« Wirklichkeit wurde. Ich sah das Aufblitzen seiner Lampe und ging darauf zu. Ein paar Minuten 18 später leuchteten mir die Polizisten mit allen ihren Lampen.
Und dann wusste ich, dass es nicht Gus Ward war, der tot zu meinen Füßen lag.
***
Es war abends gegen elf Uhr, als wir mit Chester Rochalsky, Detective-Lieutenant und Leiter der Mordkommission, in seinem Office zusammensaßen. Rochalsky gehörte zu der Sorte von Detectives, die sich ihre Sporen verdienten, als Al Capone und andere große Figuren der Unterwelt das Zepter schwangen. Er war ein gewichtiger Mann, groß und breitschultrig, und er hatte das zerfurchte Gesicht eines Menschen, dessen Leben ein einziger, harter Kampf gewesen ist. Seine buschigen Augenbrauen verdeckten, wenn er sie nicht gerade hochzog, zur Hälfte seine unwahrscheinlich blauen, tiefen Augen, die meistens ein bisschen schläfrig zu blicken schienen, in Wahrheit aber nur verbergen mussten, wie hellwach Rochalsky alles um sich herum verfolgte. Mit von der Partie war auch Detective-Sergeant Mike Carmichael, ein Unikum in den vierziger Jahren, das im ganzen New York als der frechste Pokerspieler der Erde bekannt war.
»Fassen wir zusammen«, sagte Rochalsky in seiner ruhigen, besonnenen Art: »Der Zustand des Tatortes, soweit er für uns wichtig sein könnte, ist folgender: Die Zimmertür war nicht verschlossen, aber zugeklinkt. Das rechte Fenster von zwei vorhandenen stand sperrangelweit offen, die Flügel waren aber nicht eingehakt, obgleich dafür Vorrichtungen vorhanden sind.«
»Halten Sie das mit dem Fenster für wichtig?«, erkundigte sich Phil.
»Ja. Es gibt gewisse Spuren dafür, dass jemand zum Fenster entweder hinausgeklettert oder auf diesem Weg hereingekommen ist. Diese Spuren lassen sich am Mauersims weiterverfolgen bis zum Fenster des hintersten Zimmers.«
Ich wurde hellhörig.
»Sie meinen das Zimmer, in dem meine Jagd
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