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0242 - In zehn Sekunden bist du tot

0242 - In zehn Sekunden bist du tot

Titel: 0242 - In zehn Sekunden bist du tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: In zehn Sekunden bist du tot
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abermals die Ruftaste am Sprechfunkgerät. Er stellte eine Verbindung mit der Zentrale her.
    »Liebe Miss Nielsen, es tut mir leid, dass ich Ihnen Arbeit machen muss, aber ich brauche eine dringende Verbindung mit dem Staatszuchthaus!«
    »Aber gern«, kam die Antwort. »Bleiben Sie am Apparat!«
    »So wird’s gemacht«, seufzte Phil erleichtert. Und tatsächlich hatte er keine Minute später den Nachtdienst des Staatszuchthauses an der Strippe. »Sitzt bei euch ein gewisser Gus Ward?«, erkundigte er sich.
    »Hat gesessen«, war die lakonische Antwort. »Er ist vor vier Tagen ausgebrochen und bis jetzt noch nicht wieder geschnappt worden. Wenn Sie wirklich FBI-Beamter sind, müssten Sie die letzten Fahndungsmeldungen gelesen haben. Gute Nacht!«
    Phil stieß einen Ruf aus. Er ließ den Hörer entgeistert sinken und stöhnte: »Jetzt weiß ich auch, warum mir der Name bekannt vorkam. Himmel, ich möchte wissen, was für eine Pechsträhne an mir klebt! He, alter Junge, geh mit der Geschwindigkeit herunter! Die übernächste Querstraße ist es!«
    »Ich weiß, Phil«, sagte ich und nahm den Fuß vom Gaspedal.
    Wir waren inzwischen mitten in Harlem angekommen. Farbige aller Schattierungen flanierten über die Gehsteige. Jazzmusik dröhnte aus unzähligen Radios und geöffneten Fenstern durch die Nacht. An den Ecken standen Gruppen von schwatzenden jungen Leuten. Ein illegaler Losverkäufer schwenkte die Gewinnlisten.
    Phil schaltete die Sirene und das Rotlicht aus. Dreißig Sekunden später stoppte ich den Wagen.
    Wir gingen zwanzig Schritte zu Fuß und hatten das Haus erreicht. Davor parkten zwei Wagen: ein uralter Chevrolet und dahinter ein Dodge Lancer.
    Zur Haustür führten ein paar Stufen hinauf. In der ersten Etage ragte ein schrägstehender Fahnenmast hervor. Die Stars and Stripes baumelten daran. Wahrscheinlich hingen sie noch von gestern, denn da war Thanksgiving gewesen, einer unserer wichtigsten Feiertage.
    Wir stiegen die Stufen hinauf und betraten das Haus. Mit der Taschenlampe suchten wir den Namen Ward, obgleich wir nicht damit rechneten, ihn an einer Tür zu finden. Aber manchmal übersteigt die Frechheit gesuchter Gangster alles, was man gerade noch für möglich halten würde.
    Wir kletterten von Etage zu Etage. Als wir drei Stufen vor dem Flur des dritten Stockwerks waren, geschah es. Links von der Treppe krachte ein Schuss. Er hallte durch das stille Haus wie ein Donnerschlag.
    ***
    »Du bleibst auf dem Treppenabsatz stehen!«, rief ich Phil zu. »Der Mörder wird versuchen, herauszukommen! Ich sehe mich nach einem Telefon um und lass vom nächsten Revier erst einmal ein paar Mann Verstärkung schicken, bis wir wissen, was überhaupt los ist!«
    Ich spurtete die letzten Stufen nach oben und wandte mich in den Flur, der von der Treppe aus nach links führte. Als ich um den Treppenabsatz bog, rannte ich gegen einen Korbsessel, der vor einem runden Tischchen aus dem gleichen Material stand. Sessel und Tisch kippten knarrend um, wobei eine Vase auf dem Fußboden zerschellte. Gelbe Papierblüten verstreuten sich über den abgetretenen Läufer. Ich hatte keine Zeit, die Ordnung wiederherzustellen, sondern sah mich nur suchend um. Es gab vier Türen auf jeder Seite des Korridors, und hinter jeder konnte der Schuss gefallen sein.
    Bevor ich zu einem Entschluss gekommen war, ging die Völkerwanderung wieder los. Sechs von acht Türen flogen schlagartig auf. Aus jeder quoll eine Gruppe neugieriger Hausbewohner. Einige hatten es sich schon bequem gemacht und erschienen in Nachthemden, Schlafanzügen oder hastig übergestreiften Morgenmänteln. Ein unglaublich dicker Mann trug nichts weiter als eine Hose. Er hatte eine Fünfundzwanzigcentzigarre im rechten Mundwinkel und paffte daran vor Aufregung wie eine Lokomotive.
    Die Erwachsenen hatten die längeren Beine und waren deshalb schneller an der Tür gewesen. Aber mit dem zweiten Schub drängten die Kinder nach. Sie krochen zwischen den Hosenbeinen ihrer Väter oder unter den Röcken ihrer Mütter durch und spähten mit gespannt geweiteten Augen in die Runde.
    Wenn der Mann, der geschossen hatte, jetzt in den Flur herauskäme, konnte es eine Panik geben. Ich würde mich ihm entgegenstellen müssen, er würde vielleicht ein zweites Mal schießen - und bei der versammelten Menschenmenge war es nahezu unmöglich, nicht jemanden zu treffen.
    »Herrschaften, es besteht kein Grund zur Aufregung!«, rief ich über ihre Köpfe hinweg. »Gehen Sie zurück in Ihre

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